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Winterlicht

Winterlicht

Titel: Winterlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melina Marchetta
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Schluss, dass es nur Evanjalin war, die sich im Schlaf unruhig auf ihrem Lager hin und her warf. Er schloss die Augen wieder und überließ sich jenem tiefen Kummer, der ihn auch schon in den vergangenen vier Nächten gepeinigt hatte. Da ertönte plötzlich ein heiserer Schrei, so als würde das Mädchen nach Luft ringen. Er kämpfte sich unter seiner Decke hervor, und im Halbdunkel sah er den Dieb von Sarnak rittlings auf der Novizin, die sich heftig gegen ihn wehrte. Er stolperte auf die beiden zu, hörte, wie jemand einen Schlag ins Gesicht bekam, doch ehe diesem Hieb ein zweiter folgen konnte, hatte er den Dieb am Kragen gepackt und schleuderte ihn durch die Dachkammer.
    „Gütige Göttin!“, murmelte er, als er das Gesicht des Mädchens sah.
    Die Novizin raffte das zerrissene Gewand zusammen und rang nach Atem. Sir Topher legte ihr eine Decke um die Schultern, aber als er Anstalten machte, sie in den Arm zu nehmen und festzuhalten, kroch sie fort und kauerte sich zitternd an die Holzbalken der Hütte.
    Da hörte er hinter sich ein Geräusch und drehte sich um. Der Dieb stand da, zog seine Hose hoch, sein Blick war hasserfüllt.
    „Was fällt dir ein?“
    „Ich wollte es ihr nur besorgen“, stieß der Dieb hervor.
    Sir Topher versetzte ihm einen so harten Stoß, dass er zurücktaumelte. Er hatte angeordnet, dass der Dieb schon seit der vergangenen Nacht keine Fesseln mehr tragen musste, ein Fehler, den er sich niemals verzeihen würde.
    Er packte den Kerl, band ihn mit Seilen an einem Holzbalken fest und schlug ihn so fest gegen die Schläfen, dass er beinahe torkelte.
    Dann ging er zu dem Mädchen zurück, kniete sich neben es und hob behutsam sein Kinn. Evanjalin zuckte zusammen, rutschte von ihm weg an die Wand und legte ihre zitternden Hände schützend über den Kopf. Sir Tophers Blick glitt zu der anderen Ecke des Dachbodens, wo der Dieb wutentbrannt vor sich hin fluchte und an seinen Fesseln zerrte. Das ist die Zukunft von Lumatere, dachte er niedergeschlagen. Zwei wilde Tiere, die nichts als Wut und Hass kannten.
    „Hat e r …“ Er brachte es nicht über sich, die Worte laut auszusprechen.
    Das Mädchen schüttelte den Kopf und sah ihn mit tränenverschmiertem Gesicht an.
    „Mein Gewand ist zerrissen“, flüsterte sie. „Ich brauche etwas zum Anziehen.“
    Auf ihrer Wange war ein dunkelroter Striemen, wo der Dieb sie geschlagen hatte, ihre Lippen waren geschwollen und bluteten.
    „Er kennt nichts anderes als Niedertracht“, sagte Sir Topher ruhig. „Er hat nur die Sprache der Gewalt gelernt. Seine Lehrer waren Abschaum und machten ihre eigenen feigen Regeln. Niemand hat ihm je etwas anderes beigebracht.“
    „Heißt das, ich soll ihm vergeben?“, sagte sie zornerfüllt.
    „Nein“, sagte Sir Topher traurig. „Hab Mitleid mit ihm. Gib ihm neue Regeln, nach denen er sich richten kann. Oder bring ihn zur Strecke wie ein wildes Tier, bevor ein Ungeheuer aus ihm wird.“
    Als er aufstehen wollte, hielt sie ihn zurück. „Ich glaube, sie sind alle tot.“
    Ein Schauder überlief ihn. „Sprichst du von Finnikin?“
    „Nein. Von all den jungen Mädchen“, sagte sie. „Den Mädchen in Lumatere.“
    „Was redest du da, Evanjalin?“
    „Heute Nacht habe ich den Schlaf eines Menschen belauscht, der den Tod der Nachbarstochter betrauert. Er verfluchte eine Krankheit, der seit fünf Jahren junge Mädchen zum Opfer fallen. Ich erinnere mich an einen anderen Traum vor etwa sechs Monaten, als ein junger Gerber um ein Mädchen trauerte, in das er sehr verliebt gewesen war.“
    „Du bist im Augenblick nicht du selbst, und du wurdest gewaltsam aus dem Schlaf gerissen, daran wird es liegen.“
    Sie schüttelte entschieden den Kopf. „Nein, Sir Topher. Wir müssen nach Lumatere. Unsere Lebensader versiegt. Wir müssen sie befreien.“
    Am darauffolgenden Tag gingen sie zu Fuß in das nächstgelegene Dorf, um ein zweites Pferd aufzutreiben. Sie nahmen den Dieb von Sarnak mit. Sir Topher hatte ihm die Hände gefesselt und das Seil an seinem Gürtel festgemacht.
    Kaum hatten sie den überfüllten Marktplatz betreten, hörte Sir Topher, wie Evanjalin verärgert nach Luft schnappte und dorthin deutete, wo ihr Pferd neben vier anderen festgebunden war.
    „Bist du sicher?“, fragte er.
    „Natürlich bin ich das. Sie haben es offenbar in der Schlucht entdeckt, wo ich es für Finnikin und den Hauptmann zurückgelassen habe.“
    „Evanjalin, das sind Sklavenhändler“, warnte Sir Topher sie, als sie auf

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