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Wintermaerchen

Wintermaerchen

Titel: Wintermaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Helprin
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gestohlenen Möbeln würden sitzen oder liegen können, sondern sie wochen- oder monatelang auf dem Rücken mit sich herumschleppen mussten.
    Plünderer anderer Art vereinigten sich zu trunkenen Banden, die inmitten der Trümmer nach ganz anderen Ausschweifungen suchten. So wurden die Möbel, die jene zurückgelassen hatten, denen sie zu schwer geworden waren, zu Stätten ungezügelten Beischlafs zwischen Menschen jeden Geschlechts und jeden Alters. Doch diese Vereinigungen von ganzen Gruppen oder Einzelnen, zwischen Willigen und Unwilligen, waren grauenhaft und traurig.
    Die Polizei wusste nicht, wen sie erschießen oder was sie verteidigen sollte, da alles mit allem im Krieg zu sein schien. Donner und Feuer waren überall, Kriminelle verschwanden einfach im düsteren Aschenwind, und in den Straßen wimmelte es von Verrückten, die Bündel auf dem Rücken schleppten.
    Die Reporter der Sun konnten ebenso über Familien berichten, die zusammenhielten und sich gegen das Chaos wehrten, über Akte selbstloser Nächstenliebe wie über Mutige und Irre, die versuchten, der allgemeinen Auflösung Einhalt zu gebieten. Solche Handlungen waren jedoch die Ausnahme. Sie konnten die Flut nicht zurückdrängen. Ihre Schuld war das nicht; nur Zeit und Ort sprachen dagegen.
    Jene von Harry Penns Berichterstattern, die nicht – wie zahlreiche ihrer Kollegen – umkamen, kehrten zur Sun zurück, um über ihre Erlebnisse zu schreiben. Sie fühlten, dass dies das Richtige war, auch wenn alles andere zum Teufel ging. Denn sie wussten genug, um die Gewissheit zu haben, dass der Welt nach jedem Untergang ein Neubeginn gelingt, und da wollten sie nicht fehlen.
    Während die Stadt unter einem Himmel brannte, über den dichte, elektrisch geladene Unwetter krochen, funktionierten Peter Lakes Maschinen, die die Sun mit Strom und Licht versorgten, tadellos. Er selbst schlief.
    *
    Praeger de Pinto hatte sich kaum umgedreht, um Harry Penn zu begrüßen. Er stand in der Mitte des Vorderdecks und schaute durch ein auf einen Dreifuß montiertes Nachtglas durch das Fenster. Als Bürgermeister hatte er alle Hände voll zu tun. »Wer beobachtet Insel sechs?«, fragte er über den Lautsprecher, fast wie ein Gott.
    »Ich!«, ertönte eine ganz normale menschliche Stimme aus einer Reihe links von ihm. Es waren Polizeioffiziere mit ihren Assistenten und ein oder zwei Streifenbeamte, die man hierhergebracht hatte, damit sie, ein jeder wie der Bürgermeister mit Nachtgläsern ausgerüstet, die restlichen Lücken im Auge behielten.
    »Sehen Sie die Schneise im Südwesten?«, fragte Praeger.
    »Im Augenblick sehe ich sie nicht, Sir«, war die Antwort. »Der Aschenregen ist zu dicht. Aber ich habe sie vorhin gesehen und Meldung erstattet.«
    »Ist sie bestätigt worden?«
    »Nein.«
    »Die Verbindung mit Insel sechs ist gerissen«, meldete sich einer der Techniker.
    »Seit wann?«, fragte Praeger.
    »Seit fünf Minuten.«
    »Versuchen Sie, sie wiederherzustellen. Eustis, schicken Sie einen Mann zu Fuß zum dortigen Kommandoposten, damit er den Leuten dort Bescheid sagt. Und geben Sie ihm ein Funkgerät mit. Insel sechs ist in Chelsea. Wenn er sich beeilt, könnte er in zwanzig Minuten dort sein.«
    Dialoge wie dieser wurden, während unten die Stadt brannte, mit äußerster Ruhe und Sachlichkeit abgewickelt, denn Praeger und die anderen bemühten sich, die Stellung zu halten und so viel zu retten, wie noch zu retten war. Nach mehreren Stunden hatten sie sich schon daran gewöhnt, dass die Stadt in Rauch und Flammen gehüllt war. Praeger de Pinto und andere Menschen seiner Generation hatten sich eigentlich schon fast von Geburt an mit dem Gedanken vertraut gemacht, dass sie irgendwann in der Zukunft auf ruhigen Kommandoposten inmitten apokalyptischer Schlachten stehen würden. Die meisten der Männer auf dem Oberdeck waren kühl und gefasst. Sie erfüllten eine Aufgabe, auf die sie sich innerlich seit langem vorbereitet hatten. Die Logik der vorausgegangenen Jahrzehnte, die Kriege gegen Träume und Illusionen sowie die Erwartungen, die sie ein Leben lang in sich selbst gesetzt hatten, waren für diesen Stand der Dinge verantwortlich, und das war nicht weiter überraschend. Während sie sich darauf vorbereiteten, der Herausforderung des Unvermeidlichen gerecht zu werden, hatten sie das, was jetzt geschah, manchmal sogar herbeigewünscht.
    Harry Penn allerdings war ein alter Mann, der andere Erwartungen gehegt hatte. Und es stimmte ihn zutiefst traurig, dass er

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