Wintermond (German Edition)
das nur so vor ... oder drehen wir uns im Kreis?“
Alex hatte seine Augen zu schmalen Schlitzen verformt. Er schwieg noch immer.
Ben fasste sich ein weiteres Mal an die Stirn, fuhr sich mit seinem Zeigefinger durch das frische Blut und betrachtete es vor Alex’ Augen in einer schauspielerischen Art und Weise.
„Noch ein Grund mehr, zur Polizei zu gehen“, sagte er trocken dazu.
„Du raffst es echt nicht, oder?“, fuhr Alex ihn daraufhin an und packte ihn erneut an seinem T-Shirt. „Wenn du zu den Bullen gehst, bist du genau so dran!“
„Wie meinst du das?“, fragte Ben irritiert.
„Du hast mich an dem einen Abend bis zur Wohnung der Kerle verfolgt. Du hast dich unaufgefordert eingemischt und hängst schon lange mit in der ganzen Scheiße! Wenn du zu den Bullen gehst, machst du die Typen erst so richtig sauer und wenn die sauer sind, machen die dich genauso fertig“, erklärte Alex aufgebracht.
Ben traute seinen Ohren nicht. Er versuchte nachzudenken, doch das Denken bereitete ihm nur noch größere Kopfschmerzen. Er war wütend und kam sich gleichzeitig vollkommen hilflos vor. Die vielen Eindrücke und Emotionen vermischten sich zu einem Gefühl von absoluter Verzweiflung. Er fühlte sich vollkommen neben sich stehend und verlor mit einem Mal jegliche Kontrolle über sein Handeln. Wie im Rausch ging er plötzlich auf Alex zu, packte ihn an Arm und Schulter und versuchte ihn nach hinten zu schubsen. Doch er war zu schwach und wurde stattdessen in einer ruckartigen Bewegung von Alex weggerissen und brutal zur Seite gestoßen. Ben wusste nicht, wie ihm geschah, als er plötzlich am Beckenrand taumelte, dann vorn überkippte und schließlich samt seiner Klamotten im kühlen Nass des Pools landete. Der Stoff seiner Kleidung sog sich augenblicklich mit Wasser voll, wurde dadurch wesentlich massiger und erschwerte ihm das Wiederauftauchen. Ben vernahm kaum etwas, lediglich das rauschende Geräusch des aufgewirbelten Wassers. Dann wurde es still. Mit seinen Händen stieß er sich vom Boden des Beckens ab und verschaffte sich so genug Schwung, um wieder auftauchen zu können. Nur einen Augenblick später erreichte er so die Wasseroberfläche. Das vom Auftauchen entstandene Plätschern des Wassers kam ihm dabei übertrieben laut vor. Er streckte seinen Kopf nach oben und japste nach Luft. Dann versuchte er seine Augen zu öffnen, doch waren seine Wimpern noch so durchnässt, dass er alles um sich herum sehr verschwommen wahrnahm. Erschöpft schwamm er zurück zum Beckenrand und hielt sich daraufhin an den äußeren Fliesen fest. Mit seiner freien Hand fuhr er sich über die brennende Wunde an seinem Kopf und musste seine Augen dabei vor Schmerz etwas zusammenkneifen. Das Blut vermischte sich mit dem Wasser und wirkte dadurch erschreckend viel.
Ben verharrte noch einen Moment, bevor er sich etwas Wasser aus der Nase schnaubte und sich dann mit beiden Händen am Beckenrand abstützte. Er konnte Alex’ nackte Füße vor sich stehen sehen und war erschüttert, dass der Blonde ihm seine Hilfe nicht einmal anbot. Dann stemmte er sich hoch und begann etwas mühselig aus dem Wasser zu klettern. Seine nassen Klamotten erschwerten die ganze Angelegenheit. Es fühlte sich fast so an, als ob das Poolwasser sie magnetisch anziehen würde. Doch Ben schaffte es trotzdem und kroch dabei fast wie ein Reptil aus dem kühlen Nass. Daraufhin kniete er am Beckenrand und versuchte sich erst einmal von dem Schreck zu erholen. In seiner kauernden Haltung kam er sich dabei nahezu erbärmlich und gedemütigt vor. Sein Kopf schmerzte und sein Körper begann durch die nassen Klamotten recht schnell auszukühlen. Also stützte er sich ab und begann sich langsam aufzurichten. Alex mied er dabei vollkommen. Der Blonde hatte ihn wie den letzten Dreck behandelt und diese Erkenntnis schmerzte noch mehr als das Pochen in seiner blutenden Wunde. Er war so wütend und enttäuscht, dass er zu keinem Wort mehr fähig war. Zwar hatte er Alex’ Sinneswandel von Vornherein nicht verstehen und nachvollziehen können, sich aber dennoch recht viel von dem Treffen am Pool versprochen. Doch dieses hatte sich letztendlich in eine vollkommen feindselige Richtung entwickelt. Weiter konnte er momentan nicht darüber nachdenken, denn es strengte ihn zu sehr an. Jegliche Kraft war aus seinem Körper gewichen.
Er schritt bis zu den Stühlen und blieb kurz davor stehen, wandte Alex dabei den Rücken zu. Dann befreite er sich aus seinem triefenden T-Shirt,
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