Wintermond (German Edition)
maßt du dir eigentlich an?“, fragte er dann scharfzüngig.
Ben erwiderte nichts. Er hatte alles gesagt.
„Ich will den Schmuck und das Geld spätestens morgen wieder haben“, fügte Jo bestimmt hinzu. „Ansonsten werde ich deinen Vater benachrichtigen und die Polizei einschalten.“
Ben lachte selbstquälerisch auf und schüttelte noch immer ungläubig seinen Kopf.
„Das ist nicht dein Ernst, oder?“, fragte er entsetzt.
„Ich habe dich wirklich anders eingeschätzt, Ben“, erwiderte Jo und ging damit nicht weiter auf Bens letzte Frage ein. Dann wandte er sich ab, um zum Esstisch zurückzukehren.
Ben machte seinen Mund auf, um etwas zu erwidern, schloss ihn aber gleich darauf wieder. Er wusste, dass es sowieso keinen Sinn mehr machte. In genau diesem Moment trat plötzlich Alex durch die Zimmertür, drängelte sich an Ben vorbei und schritt zu seinem Platz. Dabei schaute er abwechselnd zwischen Ben und Jo hin und her und schien zu merken, dass etwas nicht stimmte.
„Ist irgendwas passiert?“, fragte er laut und tat dabei derart unwissend, dass sogar Ben ihn für unschuldig erklären würde, wenn er es nicht besser wüsste.
Jo setzte sich zurück auf seinen Stuhl und nahm die Zeitung wieder in seine Hände.
„Halt du dich da raus!“, forderte er Alex unterdessen auf.
Doch Ben wollte das Auftauchen des Blonden nutzen, um seine Unschuld zu beweisen. Er hatte vor, Alex so lange verbal in die Enge zu treiben, bis dieser irgendwann einen unbewussten Fehler machte.
„Alex, sag ihm die Wahrheit!“, wandte er sich schließlich an den Blonden. „Sag ihm, dass du das warst!“
Doch der Blonde verzog lediglich irritiert sein Gesicht und entgegnete ahnungslos spielend: „Dass ich was war?“
Jo nahm seine Zeitung daraufhin wieder nach unten und begann das beginnende Gespräch der beiden aufmerksam zu beobachten.
„Du weißt genau, wovon ich spreche!“, schrie Ben aufgebracht. „Wieso verdammt nochmal hast du das gemacht? Wenn du es für nötig hältst, deinen eigenen Vater zu bestehlen, bitte! Aber mich da mit reinzuziehen ... das ist echt krass!“
Allmählich verschwand die Wut aus seinem Inneren und wurde dafür durch ein Gefühl absoluter Hilflosigkeit ersetzt.
„Drehst du jetzt völlig ab, oder was?“, gab Alex trocken zurück, während er sein Gesicht angewidert verzog. Gerade so, als ob Bens Verhalten ansteckend sein könnte.
Ben hob daraufhin seine Arme und fasste sich in einer Geste völliger Verzweiflung mit beiden Händen an den Kopf, krallte sich dabei sogar so fest in die Haare, dass es wehtat.
„Ich dreh’ hier noch durch ...“, nuschelte er völlig apathisch.
Er wusste, dass Alex hinter alledem steckte, befand sich allerdings in einem absoluten Zwiespalt. Die einzige Lösung erschien ihm, Jo die ganze Wahrheit zu erzählen und damit all das, was zwischen ihm und Alex geschehen war und jedes ihm bekannte Detail von Alex’ Problemen und dessen Schulden. Doch damit würde er Alex verraten und das konnte er nicht. Es war absurd, doch trotz des aktuellen Vorfalls schaffte er es nicht, Alex richtig böse sein zu können. Er war lediglich enttäuscht und hoffte inständig, dass der Blonde selbstständig erkannte, dass er einen Fehler gemacht hatte. Einen ziemlich dummen Fehler. Denn wenn es hart auf hart kommen und Jo tatsächlich die Polizei informieren würde, käme die Wahrheit letztendlich sowieso ans Licht. Natürlich würden die Beamten in erster Linie Ben verdächtigen, da die gespeicherte Kombination in seinem Handy einen erstklassigen Beweis darstellte. Im Endeffekt würde Ben jedoch keine Rücksicht mehr auf seine Gefühle für den Blonden nehmen und es deshalb nie so weit kommen lassen, für dessen Tat zu büßen. Spätestens dann würde er all sein Wissen über Alex ausplaudern und dabei vermutlich recht glaubwürdig klingen. Das einzige Manko war, dass laut Jo niemand außer Ben die Safekombination kannte, was wiederum Alex als möglichen Täter ausschließen würde.
Diesen Gedankenzug wollte er eigentlich noch weiter ausführen, doch da zerrte Jo ihn bereits zurück in die Gegenwart.
„In 24 Stunden, Ben!“, betonte er seine Drohung noch einmal ausdrücklich.
Das war letztendlich zu viel für Ben. Er konnte sich nicht mehr länger beherrschen und begann auszurasten.
„VERDAMMT!“, schrie er verzweifelt. „ICH WAR DAS NICHT!“
Jo und Alex blickten erschrocken zu ihm auf.
„Frag doch mal deinen Sohn! Wollte der nicht schon zu Beginn meines Praktikums
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