Wintermond (German Edition)
skeptisch, doch Alex ignorierte diesen Blick. Er war dem Dunkelhaarigen keinerlei Rechenschaft schuldig.
„Ist dir nicht kalt?“, fragte Ben dann.
„Ich war schwimmen“, erwiderte Alex knapp und hielt nun mit seiner noch freien Hand das offene Hemd zu. Ihm war wirklich kalt, aber das interessierte ihn in diesem Moment gar nicht. Es war noch viel zu viel Adrenalin in seinen Adern, das seinen Körper von innen heraus aufheizte.
„Ah, okay, das erklärt natürlich einiges“, sagte Ben und grinste noch immer.
Wäre der Schreck in seinen Gliedern nicht nach wie vor größer als seine Erleichterung, würde er sich vermutlich mehr Gedanken über die aktuelle Situation machen. Darüber, wie er halbnackt und nass an einem Winterabend im Garten stand und sich mit seinem absoluten Feind, Ben, unterhielt - und das sogar in einer völlig harmlosen Art und Weise.
„Warum hast du eigentlich Feuer?“, lenkte Alex dab. „Du rauchst doch gar nicht.“
Ben lachte kurz leise auf und antwortete dann: „Nein, aber jemandem Feuer zu geben, kann schon manches Mal ein Date nach sich ziehen. Man weiß ja nie, von wem man alles so um Feuer gebeten wird.“
Alex’ Augen weiteten sich ungläubig. Er konnte einen leicht angewiderten Blick nicht vermeiden.
„Und was machst du hier überhaupt?“, fragte er Ben.
„Ich hab’ vorhin noch ein bisschen mit Sam getobt. Hier im Garten. In meinem Zimmer hab’ ich dann gemerkt, dass mein Handy weg ist. Na ja ... ich dachte, dass ich es womöglich hier verloren habe“, erklärte Ben.
„Gib mir doch mal deine Nummer!“, forderte Alex ihn daraufhin trocken auf und fischte in der Zeit sein Handy aus der nassen Hosentasche.
„Was?“, fragte Ben sichtlich irritiert.
„Na, dann ruf’ ich dich an und wenn dein Handy hier ist, wirst du’s dann ja wohl merken.“
Ben zögerte noch einen Moment, bevor er Alex seine Nummer nannte. Dieser tippte sie zeitgleich in sein Telefon und drückte daraufhin auf den grünen Hörer der Tastatur.
„Und?“, fragte Ben gespannt.
„Freizeichen“, erwiderte Alex knapp.
In seinem Augenwinkel konnte er jedoch etwas aufleuchten sehen. Er wandte sich um und entdeckte Bens Handy vibrierend auf einem an der Fensterfront stehenden Tisch im Wintergarten. Er legte auf und deutete Ben an, durch die Fenster zu schauen.
„Ah“, machte dieser daraufhin. „Danke.“
Alex erwiderte nichts. Stattdessen wandte er sich zum Gehen um. Jetzt, wo er wieder alle Sinne beisammen hatte, wurde ihm mit einem Mal furchtbar kalt. Sein ausgekühlter Körper pochte bereits vor Schmerz.
„Das ...“, begann er noch, doch wurde er augenblicklich von Ben unterbrochen.
„... behalte ich für mich. Schon klar“, vollendete dieser Alex’ Worte.
Alex blickte Ben an. Dabei durchzogen sehr merkwürdige Gedanken seinen Kopf. Die braunen Augen Bens blickten intensiv zurück.
„Ich mein’s ernst“, sagte Alex streng und wandte den Blick ab. „Ein Wort und ich mach’ dich fertig.“
Alex merkte selbst, dass er nicht unbedingt überzeugend wirkte, ignorierte diese Erkenntnis jedoch.
„Schon verstanden ...“, erwiderte Ben. Aus dem Klang seiner Stimme konnte Alex hören, dass Ben vermutlich grinste.
Alex griff noch schnell nach der Pistole, bevor er den Garten in schnellen Schritten wieder verließ. Seine Füße waren taub vor Kälte, weshalb er sich auf jeden Schritt konzentrieren musste, um nicht zu taumeln. Er umrundete die Villa und zog sein Hemd dabei fest zusammen. An der Haustür angekommen, schloss er auf, trat ein und drückte die Tür hinter sich zu. Dann lehnte er sich mit dem Rücken an das schwarz lackierte Holz. Er war erschöpft und fühlte sich seltsam. Die Gefühle und Gedanken in ihm waren derart durcheinander geraten, dass er jetzt erst einmal Zeit brauchte, um diese in Ruhe zu ordnen.
Kapitel 11
Am nächsten Morgen wachte Ben bereits sehr früh auf. Er fuhr sich noch einmal mit der Hand übers Gesicht, bevor er sich aufrichtete und die Bettdecke von seinen warmen Beinen streifte. Während sein Körper bereits übermütig in den Tag starten wollte, hinkte sein Verstand mit dem Aufwachen noch etwas hinterher. Somit dauerte es noch einen ganzen Moment, bis Ben begriff, dass er Geburtstag hatte. Für den heutigen Tag hatte Jo ihm freigegeben, weil Nick, sein Exfreund, ihn besuchen kommen wollte. Ben war gespannt, ob dieser tatsächlich in Hamburg Nienstedten auftauchen würde, aber bezweifelte es fast. Er erhob sich aus dem Bett und öffnete
Weitere Kostenlose Bücher