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Wintermond (German Edition)

Wintermond (German Edition)

Titel: Wintermond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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großen Schwall auf einmal spüren zu müssen.
    „Du hockst wahrscheinlich irgendwo da oben und machst dich über mich lustig. Das ist doch so, oder?“, fragte er seinen Freund auf dem Foto.
    Verzweifelt saß er da und schien beinahe auf eine Antwort aus dem Nichts oder auf irgendein Zeichen zu warten, doch es kam nichts.
    „Erst meine Mutter ...und dann auch noch du ...“, fuhr er fort. „Mein Leben hat mich echt gefickt.“
    Er presste das Fotopapier fest zwischen seinen Fingern und musste sich zusammenreißen, es nicht zu zerknüllen, bevor er es schließlich an seine Ursprungsposition zurückklebte. Zurück im Album haftend betrachtete er es ein letztes Mal und legte seinen Kopf dabei schief, als ob er überprüfen wollte, ob das Bild wieder am rechten Platz saß. Dann klappte er das Fotoalbum mit einem dumpfen Geräusch zu, stand hastig auf und schob es zurück zwischen die anderen Bücher im Regal.
    Als er sich schließlich über sein eigenes, hysterisches Verhalten bewusst wurde, murmelte er ein selbstironisches „Scheiße ...“
    Er war ungewollt in Tiefen innerhalb seines eigenen Ichs vorgedrungen, die er eigentlich längst vergessen hatte. Vor Monaten hatte er sich fest vorgenommen, sich nicht mehr weiter selbst zu bemitleiden. Sein selbstquälerisches Verhalten machte ihn nur schwach und energielos und genau das wollte er nicht sein. Erneut schossen Gedanken an Ben in seinen Kopf. Mit einem Mal wurde ihm bewusst, dass Ben Schuld an seinem Gefühlsausbruch war. Der Dunkelhaarige hatte sich in sein Leben gedrängt und die Kluft zwischen ihm und seinem Vater noch größer werden lassen. Ben hatte sich offensichtlich in ihn verschossen und dabei immer wieder versucht, hinter Alex’ Fassade zu blicken. Der Dunkelhaarige war es, der sich Alex gegenüber so offen und freundschaftlich verhielt, wie dieser es längst nicht mehr gewohnt war. Genau das war es wiederum, was Alex so durcheinander brachte und dabei Gefühle und Emotionen in ihm wachrief, die er nicht mehr zu kennen geglaubt hatte und mit denen er sich eigentlich nicht mehr auseinander setzen wollte. Nicht umsonst hatte er sich mühselig eine schützende Mauer aufgebaut, hinter der er sich versteckte und mit welcher er sich vor jenen schützte, die es zwar gut mit ihm meinten, ihn aber letztendlich sowieso wieder verletzen würden. Alex hasste Ben und er hasste ihn nur umso mehr, weil er ihn nicht hassen konnte.

    * * *

    Am folgenden Tag wurde Alex vom schrillen Klingelton seines Handys geweckt. Er schaffte es kaum, seine Augen zu öffnen und tastete deshalb blind mit seiner Hand über den Nachtisch nach seinem Telefon. Als er dies endlich an seinen Fingerspitzen spürte, verstummte der Rufton. Genervt stöhnte Alex auf, zog das Handy zu sich und versuchte wach zu bleiben. Das Display des Handys verschwamm vor seinen Augen. So dauerte es noch einen ganzen Moment, bis er die sich darauf befindende Anzeige lesen konnte, die ihn über mehrere unbekannte Anrufe informierte. Alex musste so tief geschlafen haben, dass er erst von dem letzten Klingeln wach geworden war.
    Irritiert zog er seine Augenbrauen zusammen und las sich die Anrufzeiten durch. Alle davon lagen dicht beieinander. Als Alex das Handy erst einmal wieder weglegen wollte, um in aller Ruhe aufwachen zu können, begann es erneut in seiner Hand zu klingeln - wieder eine unbekannte Nummer. Alex atmete tief aus, bevor er auf die grüne Hörertaste drückte und das Handy in seiner liegenden Position an sein Ohr drückte.
    „Ja?“, meldete er sich gereizt und fuhr sich dabei mit der freien Hand über seine brennenden Augen.
    „Endlich gehst du ran, Mann. Ich bin’s, Diego“, erwiderte die ihm bekannte Stimme.
    Alex nahm sein Handy noch einmal nach vorn und entnahm der digitalen Uhranzeige, dass es kurz nach acht war.
    „Was willst du um diese Uhrzeit von mir und wo steckst du überhaupt?“, fragte Alex und merkte dabei selbst, wie undeutlich er klang. Physisch war er noch überhaupt nicht wach und brachte deshalb noch keine klaren Worte hervor.
    „Mann, Alter!“, erwiderte Diego aufgeregt. „Die haben das Auto meiner Eltern abgefackelt.“
    Alex’ Miene verzog sich. Schlagartig richtete er sich in seinem Bett auf und atmete schwer.
    „Die haben was?“, fragte er ungläubig.
    „Porca vacca!“, entgegnete Diego wütend. „Die Scheißkerle haben das Auto meiner Eltern abgefackelt“, wiederholte er sich dann.
    Alex horchte den Worten seines Kumpels aufmerksam, während sein noch

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