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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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warum ich mir die Mühe dieses kleinen Überfalls ausgerechnet heute gemacht habe?«
    »Behalt es für dich«, forderte David ihn leise auf.
    Es war die Verachtung, die in den Worten mitschwang, die Tillmann ausholen ließ. Er traf David knapp unter dem Rippenbogen.
    Im Hintergrund schrie Meta heiser auf.
    Mit einem Schlag entwich David die Luft aus der Lunge, und es dauerte einen Moment, bis er sich wieder aufrichten konnte. Der Schmerz rief erneut den Wolf auf den Plan, der sein Temperament angesichts dieser Herausforderung kaum zügeln konnte. Ein brennendes Verlangen breitete sich in David aus, den Mann vor sich auf seinen Platz zu verweisen. Auch wenn Tillmann einen starken Wolf in sich barg, so zweifelten weder David noch sein Dämon daran, ihm überlegen zu sein. Doch im Gegensatz zu seinem Wolf war David nicht im Geringsten daran interessiert, das Leben an Metas Seite seinem verletzten Stolz zu opfern.
    »Maggie hat mir erlaubt, mich in ihremViertel aufzuhalten. Hat sich irgendetwas daran geändert?«, fragte David in der Hoffnung, dass Meta möglichst wenig von dieser Unterhaltung mitbekam, obwohl er ahnte, dass sie dafür viel zu nahe bei ihnen stand.
    »Du meinst wohl ihr Revier, du Arsch«, erwiderte Tillmann auch sogleich laut und deutlich. »Aber leider ist es nicht mehr lange Maggies Revier, denn in weniger als zwölf Stunden werden wir unter Hagens Herrschaft fallen. Meine Mutter hielt es für besser, dem Teufel ihre Seele zu verkaufen, als von ihm gefressen zu werden. Denn genau das hätte Hagen mit ihr gemacht, auch wenn dieser aalglatte Parlas das natürlich in eine diplomatische Umschreibung gepackt hat. Hagen wird also nicht unser neuer Herr und Meister, sondern unser Beschützer. Zumindest so lange, bis er unser Revier kennt und es wagen kann, den ersten Schlag gegen Sascha auszuführen.«
    Die Nachricht schockierte David, und zum ersten Mal warf er Tillmann einen aufmerksamen Blick zu. Hinter seiner Wut versteckte der Mann eine tiefe Verletztheit, die durch die Entscheidung seiner Mutter und Rudelführerin ausgelöst worden war. Dabei ging es um mehr als um gekränkten Stolz; es war der Glaube, verraten worden zu sein. Im Gegensatz zu Tillmann begriff David jedoch, dass Maggie keine andere Möglichkeit gehabt hatte. Für einen Moment überkam ihn eine Welle von Mitleid, und er vergaß, dass Meta sich in Hörweite befand. »Wenn Maggie abgelehnt hätte, hätte Hagen nicht nur sie getötet, sondern euer halbes Rudel ausgemerzt, jeden, der seinen Anspruch gefährden könnte.«
    Tillmann lachte bitter. »Kein Wunder, dass Maggie einen solchen Narren an dir gefressen hat - du könntest wirklich ihr Sohn sein. Zumindest bist du ihr ähnlicher, als ich es bin. Und im Gegensatz zu deiner Anwesenheit kann sie auf meine sogar  verzichten. Ich darf mich nämlich bis zur Übergabe absetzen. Ich gehe zu einem der kleineren Rudel außerhalb der Stadt. Zumindest hat meine Mutter das so verhandelt. Bevor ich aber mein Revier verlasse, wollte ich mich noch von dir verabschieden. Soll ich dir sagen, warum mir das so besonders wichtig ist?«
    Mittlerweile war jedes andere Gefühl in Tillmann anscheinend wieder seinem gleißenden Zorn gewichen. Es sah fast so aus, als verlöre er gleich die Selbstbeherrschung und fiele David an. Mühsam sog Tillmann Luft durch die Zähne ein, dann sagte er mit vor Zorn brüchiger Stimme: »Es ist deine verdammte Schuld, dass Maggie sich so lange zurückgehalten hat, bis nichts mehr ging. Du hattest ihr versprochen, dass sich das Problem mit Hagen lösen würde, bevor er uns überrennt. Sie hat dir geglaubt, weil du stark genug bist, dieses verrückte Schwein zur Strecke zu bringen. Aber es war eine Lüge. In Wirklichkeit bist du nur daran interessiert, das Schoßhündchen von dieser Frau da zu spielen. Dein eigenes Rudel ist dir scheißegal, wie kann man da erwarten, dass dir unseres etwas bedeutet?«
    Die Worte trafen David ungeahnt hart. Aus dieser Perspektive hatte er die Situation noch nie betrachtet. Zu fremd war er unter seinesgleichen gewesen. Erst an Metas Seite hatte er sich das erste Mal in seinem Leben vollständig gefühlt. Mit einem Mal haftete den letzten Wochen, die seine glücklichsten gewesen waren, ein schaler Beigeschmack an. Und obwohl David es besser wusste, fühlte er sich wie ein elender Verräter.
    »Weiß deine Freundin eigentlich, was du bist? Nein? Hat sie nicht einmal eine Ahnung, wer ihr da das Bett warm hält?« Tillmann hielt inne, dann senkte er

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