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Wintermord

Wintermord

Titel: Wintermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Ceder
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Gelegenheit.«
    My nickte. Sie fühlte sich besiegt, als sie ihr Fahrrad allein durch das Tor schob. Als eine anzügliche Männerstimme sie aufforderte, doch wieder umzukehren, hörte sie gar nicht hin.
    In der Kälte begannen ihre Zähne zu klappern, und sie biss den Kiefer zusammen, bis es wehtat. Sie war ungefähr auf halber Strecke zwischen Club und Landstraße, als mit einem Knall der Fahrradschlauch platzte. Erst jetzt ließ sie den Tränen, die sich längst angestaut hatten, freien Lauf. Schluchzend versuchte sie weiterzufahren, doch der Schlauch lag hoffnungslos platt auf der Felge.
    Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich zu Fuß in die totenstille Finsternis aufzumachen. Es war so kalt, dass ihre Tränen auf den Wangen gefroren.

32
    Wie immer bereute er es, sich bereit erklärt zu haben, seine Freunde nach Hause zu fahren. Nachdem er lange genug gewartet hatte, verlor er langsam die Geduld. »Verdammte Hacke, jetzt schwing deinen Arsch und komm endlich!«
    Der Wolf hatte sich gerade noch ein Bier geholt, das er in aller Seelenruhe in sich hineinnuckelte. Er hing halb auf dem Tisch, während er Pilen lallend die Hucke volllog. Die beiden ließen ihren Kumpel einfach draußen im Schneetreiben warten. Drecksäcke .
    »Wenn ihr mitfahren wollt, dann kommt jetzt, sonst könnt ihr verdammt noch mal sehen, wie ihr nach Hause kommt.«
    Målle hatte allen Grund, wütend zu sein. Über eine halbe Stunde hatte er sich gegen das Lenkrad seines rostigen Pickups gelehnt und gewartet. Weil sie dem Wolf den Führerschein entzogen hatten, musste Målle den Chauffeur spielen, seinen Freund irgendwann hoffnungslos betrunken ins Auto schleifen und ihn zu Hause auch noch ins Bett bringen.
    Verdammt noch mal. Immer wieder kam ihm der verführerische Gedanke, einfach die Autotür aufzumachen und den Wolf hinauszustoßen. Um ihm eine Lehre zu erteilen. Allerdings würde sein Kumpel dann sehr wahrscheinlich erfrieren, und das war vielleicht doch ein bisschen zu hart. Aber wie seine Alte es mit ihm aushielt, das war Målle ein Rätsel.
    Der Wolf war der Einzige der drei Freunde, der eine Alte hatte. Was nur wieder bewies, dass Frauen eher auf Schweine abfahren, solange sie nur ein hübsches Gesicht haben, als auf den netten Kerl, der aussieht wie der letzte Heuler. Nicht dass er in dieser Hinsicht so benachteiligt gewesen wäre, aber er war eben auch nie der Schönste gewesen.
    Was das dritte Mitglied der Bruderschaft anging, Pilen, war die Theorie mit dem letzten Heuler sicher nicht übertrieben. Bei den meisten Menschen vergeht die Akne nach der Pubertät. Da hatte Pilen in der genetischen Lotterie jedoch die absolute Niete gezogen. Phasenweise sah sein Gesicht aus wie ein Tatarbeefsteak. Das kommt vom Stress, behauptete er immer. Verdammt, der Junge musste ja ganz schön gestresst sein.
    Im Grunde war es vielleicht gar nicht schlecht, dass Pilen seinen Pickeln die Schuld geben konnte. Wahrscheinlich wäre er viel schwerer mit der Erkenntnis klargekommen, dass er zu daneben war, um jemals einen Treffer zu landen. Sobald er den Mund aufmachte, suchten die Damen das Weite. Und wenn man so an seine Kumpels dachte, den Wolf zum Beispiel, wurde einem klar, wie himmelschreiend dämlich Pilen sein musste, um mit dieser Eigenschaft wirklich aufzufallen.
    Zwar riss sich die Damenwelt für Målle auch nicht gerade die Beine aus, aber die eine oder andere Tusse hatte durchaus mal Interesse angemeldet – vergeblich allerdings. Er war einfach lieber allein, als sich eine nörgelnde Alte ins Haus zu holen, die er dann versorgen durfte. So war es nämlich den meisten seiner Freunde ergangen, ganz zu schweigen von Kindern. Da musste man wirklich völlig bescheuert sein.
    Die Freundin vom Wolf war vielleicht ein bisschen anders, die war immer noch hübsch und schien auch nicht ganz so doof zu sein. Umso unglaublicher, dass sie sich so einen Vollidioten von Mann angelacht hatte.
    Er fuhr das Auto vor, und Pilen half ihm, den Wolf mit Gewalt hineinzuverfrachten, denn der wollte unbedingt noch auf ein Bierchen bleiben.
    Mittlerweile war Målle aber auch genervt von Pilen, der immer nur hinter ihnen herdackelte. Ohne einen direkten Befehl hätte er sich wahrscheinlich noch die ganze Nacht das Gelaber vom Wolf angehört. Obwohl er wusste, dass sie verabredet hatten, spätestens um Mitternacht nach Hause zu fahren.
    Als Målle das Auto durchs Tor lenkte, stellte er mit leichtem Unbehagen fest, dass er nicht mehr so nüchtern war, wie er gedacht

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