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Wintersturm

Titel: Wintersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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war in Kalifornien geboren und in Ohio auf gewachsen. Na gut, damit war die Möglichkeit, daß sie eine nahe Verwandte von Nancy Eldredge war, völlig ausgeschlossen. Die Familie von Rays Frau hatte in der Nachbarschaft von Dorothy Prentiss in Virginia gewohnt.
    Dorothy Prentiss. Er spürte, wie ihn bei dem Gedanken an die hübsche Frau, die bei Ray arbeitete, ein Freudenstrahl durchzuckte. So um fünf Uhr herum, wenn er den Boston Globe, seine Abendzeitung, holte, hielt Jonathan oft vor ihrem Büro an. Ray hatte ihm ein paar interessante Tips für Kapitalanlagen in Grundbesitz gegeben und sie hatten sich alle als sehr gut erwiesen. Er hatte Jonathan auch dazu überredet, in der Stadt aktiv zu werden, und darüber waren sie schließlich gute Freunde geworden.
    Dennoch war sich Jonathan durchaus bewußt, daß er Rays Büro öfter als notwendig aufsuchte. Ray sagte immer: »Sie kommen gerade im richtigen Augenblick für einen Schluck zum Büroschluß.« Und dann rief er Dorothy und forderte sie auf, sich zu ihnen zu gesellen.
    Emily hatte gerne Daiquiris getrunken. Dorothy gab Jonathans Lieblingsgetränk – einem Rob Roy mit Schuß – den Vorzug. Zu dritt saßen sie dann immer noch ungefähr eine halbe Stunde in Rays Büro.
    Dorothy hatte einen hintergründigen Humor, der ihm sehr gefiel. Ihre Familie war im Showgeschäft tätig gewesen, und sie konnte unzählige herrliche Geschichten über die Reisen erzählen, die sie mit ihrer Familie gemacht hatte. Sie hatte auch an eine eigene Karriere gedacht, aber nach drei kleinen Rollen in der Provinz hatte sie geheiratet und sich in Virginia niedergelassen. Nach dem Tode ihres Mannes war sie zum Kap heraufgekommen, zunächst in der Absicht, sich als Innenarchitektin niederzulassen, dann aber hatte sie angefangen, für Ray zu arbeiten. Ray war der Meinung, daß sie eine fantastisch gute Immobilienmaklerin war. Sie verstand es wie kein anderer, den Leuten eine Vorstellung davon zu geben, welche Möglichkeiten in einem Bau steckten, ganz gleich, wie heruntergekommen er auf den ersten Blick aussehen mochte.
    Immer öfter hatte Jonathan in der letzten Zeit mit dem Gedanken gespielt, Dorothy einzuladen, mit ihr essen zu gehen. Die Sonntage waren lang, und in letzter Zeit hatte er sonntags nachmittags schon ein paarmal angefangen, ihre Nummer zu wählen, dann aber wieder aufgelegt. Er wollte mit jemandem, mit dem er ständig zu tun hatte, nicht zu schnell intim werden. Und er war sich einfach auch nicht sicher.
    Vielleicht war sie ihm auch ein wenig zu bestimmt. Emily war so ungeheuer weiblich gewesen, und nach all den vielen Jahren des Zusammenlebens mit ihr, war er irgendwie nicht darauf vorbereitet, sich im persönlichen Bereich auf eine so überaus unabhängige Frau einzustellen.
    Du lieber Himmel, was war heute morgen bloß los mit ihm?
    Immer wieder geriet er ins Träumen. Warum ließ er sich bloß dauernd von diesem Harmon-Prozeß ablenken?
    Entschlossen zündete er sich die Pfeife an, holte die Akte hervor und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Bedächtig nahm er den ersten Stoß Zeitungen heraus.
    Eineinviertel Stunden vergingen. Außer durch das Ticken der Uhr, die wachsende Heftigkeit, mit der draußen vor seinem Fenster der Wind durch die Fichten fuhr, und ein gelegentliches ungläubiges Schnauben Jonathans wurde die Stille nicht unterbrochen. Er las sehr konzentriert, und seine Stirn hatte sich in tiefe Falten gelegt. Schließlich legte er die Zeitungen beiseite. Langsam ging er zur Küche hinüber, um sich Kaffee zu kochen. Irgend etwas an dem ganzen Harmon-Prozeß war faul. Obwohl er bis jetzt erst einen Teil des Protokolls durchgelesen hatte, war es ganz offensichtlich, daß da etwas faul war… unter der Oberfläche war da etwas, das es ihm nicht erlaubte, die Tatumstände in einer vernünftigen und schlüssigen Weise miteinander zu verknüpfen.
    Er betrat die makellos saubere Küche und ließ geistesabwesend den Kessel halbvoll laufen. Während er darauf wartete, daß das Wasser heiß wurde, ging er zur Haustür. Der Lokalanzeiger von Cape Cod lag schon auf der Veranda. Er steckte ihn unter den Arm, ging in die Küche zurück, tat einen gehäuften Teelöffel Taster’s Choice in eine Tasse, gab kochendes Wasser zu, während er mit der anderen Hand die Seiten der Zeitung umblätterte und den Inhalt überflog.
    Er hatte den Kaffee schon fast ausgetrunken, als er zum zweiten Teil kam. Seine Hand mit der Tasse verharrte mitten in der Luft, während seine Augen wie

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