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Wintersturm

Titel: Wintersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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zu kalt für sie. Aber ich dachte, nur eine halbe Stunde. Und es war deswegen. Und ich habe ihre roten Fausthandschuhe geholt, die mit den Lachgesichtern drauf, und ich habe ihr gesagt, sie müsse gut aufpassen, daß sie sie immer anbehielt, weil es so kalt war. Ich weiß noch, wie ich gedacht habe, daß sie zur Abwechslung mal ein Paar anhätte, das zusammenpaßte. Aber schon an der Schaukel hat sie einen verloren. O Gott, Dorothy, wenn ich sie doch bloß nicht nach draußen gelassen hätte. Wenn ich sie doch bloß im Haus behalten hätte, sie fing schon an zu kränkeln… Aber ich wollte nicht daran denken… Dorothy.«
    Nancy fuhr herum, als Dorothy einen erstickten Schrei ausstieß. In Dorothy’s Gesicht arbeitete und zuckte es krampfhaft. »Was haben Sie gesagt?« wollte sie wissen. »Was haben Sie gesagt… über die Handschuhe?«
    »Ich verstehe nicht. Meinen Sie – daß sie einen verloren hat
    – oder daß sie zueinander paßten? Dorothy, was meinen Sie damit?… Was wissen Sie?«
    Dorothy schluchzte laut auf und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. »Ich weiß, wo sie sind. O Gott! Ich weiß… und ich war so dumm. O Nancy, was hab’ ich da getan? Oh, was hab’ ich da getan?« Sie faßte in ihre Tasche und zog den Handschuh heraus. »Er lag da… heute nachmittag auf dem Boden der Garage… und ich dachte, ich hätte ihn mit dem Fuß hinausgestoßen. Und dieser schreckliche Mann… Ich wußte, daß mit ihm etwas nicht stimmte; wie er so säuerlich roch… so böse… und der Kinderpuder. Oh, mein Gott!«
    Nancy riß den Handschuh an sich. »Dorothy, bitte helfen Sie mir. Wo haben Sie diesen Handschuh gefunden?«
    Dorothy sank kraftlos in sich zusammen. »Beim ›Ausguck‹, als ich heute jemanden durch das Haus führte.«
    »›Ausguck‹… wo dieser Parrish wohnt. Ich kann mich nicht erinnern, daß ich ihn jemals gesehen hätte, außer von weitem.
    O nein!« In diesem Augenblick absoluter Klarheit sah Nancy die Wahrheit und erkannte gleichzeitig, daß es vielleicht schon zu spät sein könnte. »Dorothy, ich fahre zum ›Ausguck‹.
    Jetzt… die Kinder sind da. Vielleicht. Vielleicht komme ich noch rechtzeitig. Holen Sie Ray und die Polizei. Sagen Sie ihnen, daß sie sofort kommen sollen. Kann ich ins Haus hinein?«
    Dorothy zitterte nicht mehr. Ihre Stimme wurde genauso ruhig wie Nancys. Später – später, bis an ihr Lebensende –
    konnte sie sich in Selbstvorwürfen ergehen… aber nicht in diesem Augenblick. »Die Küchentür hat einen Riegel. Wenn er ihn vorgeschoben hat, kann man nicht hinein. Aber den Haupteingang auf der Seite zur Bucht – den benutzt er nie. Ich habe ihm dafür nie einen Schlüssel gegeben. Mit diesem hier kann man beide Schlösser öffnen.« Sie wühlte in ihrer Tasche und holte einen Schlüsselbund heraus. »Dieser hier.«
    Sie erhob keine Einwände gegen Nancys Entschluß, allein zu fahren. Gemeinsam rannten die beiden Frauen zum Hinterausgang hinaus zu ihren Autos. Dorothy ließ Nancy die Vorfahrt. Sie hielt den Atem an, als Nancys Wagen schleuderte, rutschte – und sich dann wieder fing.
    Es war fast unmöglich, etwas zu sehen. Der Graupel hatte auf der Windschutzscheibe eine dicke Eisschicht gebildet.
    Nancy drehte das Seitenfenster herunter und steckte den Kopf hinaus, um etwas zu sehen. Sie kniff die Augen gegen den prasselnden Graupel zusammen und raste mit ihrem Wagen die Straße hinab, über die Fernstraße 6 A hinweg und in die Straße hinein, die die Zufahrt zum ›Ausguck‹ verkürzte.
    Als sie ansetzte, die gewundene Straße hinaufzufahren, kam der Wagen ins Schleudern. Sie drückte das Gaspedal bis auf den Boden durch. Die Vorderräder rutschten seitwärts, drehten den Wagen auf der vereisten Straße. Nancy trat heftig auf die Bremse, der Wagen drehte sich um seine Achse. Zu spät. Sie versuchte ihn abzufangen. Vorn tauchte drohend ein Baum auf.
    Sie riß das Steuer herum. Der Vorderteil des Wagens zog nach rechts herüber und prallte mit einem knirschenden Krachen gegen den Baum. Nancy wurde nach vorn geworfen und dann zurückgerissen. Die Räder drehten sich noch, als sie auf der Fahrerseite die Tür aufstieß und in den niederprasselnden Graupel hinauskletterte. Sie hatte keinen Mantel angezogen, doch sie spürte kaum, daß ihr der Graupel durch den Pullover und die Hose drang, als sie den gefährlichen Hang hinauf rannte.
    An der Auffahrt zum Haus rutschte sie aus und fiel hin.
    Ohne den heftigen Schmerz in ihrem Knie zu beachten, lief sie auf das

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