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Winterträume

Winterträume

Titel: Winterträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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fünfstelliges Angebot über vier Monate bei einem Vaudeville-Theater, zum anderen die Chance, nach Princeton zurückzugehen und Cheftrainer der dortigen Turnerriege zu werden. Komisch! Früher hatte Horace den Plan gehabt, irgendwann einmal dorthin zurückzukehren und Chef der Philosophischen Fakultät zu werden, und heute interessierte es ihn nicht die Bohne, dass Anton Laurier, sein einstiges Idol, in New York eingetroffen war.
    Heiser knirschte unter seinem Absatz der Kies. Er sah Licht im Wohnzimmer, und auf der Auffahrt parkte ein dicker Schlitten. Sicher wieder Mr. Jordan, der Marcia überreden wollte, sich endlich an die Arbeit zu machen.
    Sie hatte ihn kommen hören; ihre Silhouette hob sich von der erhellten Haustür ab, als sie heraustrat, um ihn zu begrüßen.
    »Du, da drinne, da sitzt so ’n Franzose«, flüsterte sie aufgeregt. »Den Namen kann ich nich aussprechen, klingt aber schrecklich tiefsinnig. Wirst wohl ’n bisschen mit ihm quatschen müssen.«
    »Was denn für ein Franzose?«
    »Was weiß ich? Er is vor ’ner Stunde hier vorgefahren, zusamm’ mit Mr. Jordan, und hat gesagt, er möchte Sandra Pepys kennenlernen und so weiter und so fort.«
    Als sie eintraten, erhoben sich zwei Männer aus ihren Sesseln.
    »Hallo, Tarbox«, sagte Jordan. »Grade hab ich zwei berühmte Leute miteinander bekannt gemacht. Ich hab M’sieur Laurier mitgebracht. Darf ich vorstellen, M’sieur Laurier – Mr. Tarbox, der Mann von Mrs. Tarbox.«
    »Doch nicht Anton Laurier!«, rief Horace aus.
    »Aber ja. Isch ’abe gemüsst kommen. Isch ’abe kein andere Wahl. Isch las die Buch von Madame und bin ganz bezaubert« – er kramte in seiner Jacketttasche –, »ah, isch auch gelesen über Sie. In diese Zeitüng von ’eute, da steht auch Ihre Name, Monsieur.«
    Er holte einen ausgerissenen Zeitungsartikel hervor.
    »Lesen Sie!«, sagte er eifrig. »Da steht auch etwas über Sie.«
    Horace überflog die Seite.
    »Ein herausragender Beitrag zur amerikanischen Jargonliteratur«, stand da. »Gerade der Verzicht auf einen hohen literarischen Ton macht die Qualität dieses Buches aus, ähnlich wie seinerzeit bei Huckleberry Finn. «
    Horace’ Blick blieb an einer Passage etwas weiter unten hängen. Völlig entgeistert las er hastig weiter:
    »Dem Theater ist Marcia Tarbox nicht allein als Zuschauerin verbunden, sondern auch als Gattin eines Darstellers. Letztes Jahr heiratete sie Horace Tarbox, der mit seinen wunderbaren Kunststücken an den Ringen Abend für Abend im Hippodrom die Kinder mitreißt. Wie zu hören ist, bezeichnen sich die beiden gern als ›Kopf & Schultern‹, was sich zweifellos darauf bezieht, dass Mrs. Tarbox die literarischen und geistigen Fähigkeiten einbringt, während ihr geschmeidiger, beweglicher Gatte vornehmlich mit der Kraft seiner Schultern seinen Teil zum Einkommen der Familie beisteuert.
    Es spricht alles dafür, dass die Bezeichnung ›Wunderkind‹, mit der so häufig Schindluder getrieben wird, auf Mrs. Tarbox wirklich zutrifft. Gerade einmal zwanzig –«
    Horace hörte auf zu lesen, er sah Anton Laurier unverwandt an, und sein Blick war äußerst sonderbar.
    »Ich will Ihnen einen guten Rat geben –«, begann er heiser.
    »Was?«
    »Wenn es klopft. Sagen Sie nicht herein! Lassen Sie es ruhig klopfen – schaffen Sie sich eine gepolsterte Tür an.«

Myra lernt seine Eltern kennen
     
    I
     
    Wahrscheinlich ist jeder junge Mann, der innerhalb der letzten zehn Jahre ein College an der Ostküste besucht hat, Myra ein halbes Dutzend Mal begegnet, denn eine Myra lebt von den Colleges an der Ostküste wie eine junge Katze von warmer Milch. Wenn Myra jung ist, so um die siebzehn, nennt man sie eine »prächtige Göre«; in der Blüte ihrer Jugend – sagen wir, so mit neunzehn – kommt sie in den Genuss des zarten Kompliments, dass ihr Name ohne schmückendes Beiwerk genannt wird; und danach ist sie ein »Studentenschwarm« oder »die berühmte transamerikanische Myra«.
    Man kann sie praktisch an jedem Winternachmittag sehen, wenn man durch die Lobby des Biltmore Hotels schlendert. Sie steht dann in einer Gruppe von gerade aus Princeton oder New Haven angekommenen Drittsemestlern und versucht sich zu entscheiden, ob sie die frühen Abendstunden lieber im Club de Vingt oder im Plaza Rose Room vertanzen soll. Danach wird einer der Studenten sie ins Theater begleiten, sie zum Abschlussball einladen – und dann in ein Taxi springen, um den letzten Zug zurück zum College noch zu

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