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Winterträume

Winterträume

Titel: Winterträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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und schlenderte langsam die Einfahrt hinunter. Der Wagenschlag hatte sich geöffnet, und Mrs. Rogers war mit Scott Kimberlys Hilfe sicher auf den Gehweg gelangt; doch zu Yancis Erstaunen kehrte Scott Kimberly, nachdem er Mrs. Rogers bis an die Stufen vor ihrer Haustür begleitet hatte, zum Wagen zurück. Yanci konnte erkennen, dass er sich ans Steuer setzte. Als er vor dem Haus der Bowmans vorfuhr, sah sie ihren Vater in der äußersten Ecke des Wagens sitzen und mit grotesker Würde gegen den Schlaf ankämpfen, der ihn zu übermannen drohte. Sie stöhnte. Die unheilvolle letzte Stunde hatte das Ihre getan – Tom Bowman war einmal mehr hors de combat.
    »Hallo«, rief Yanci, als sie den Bordstein erreichte.
    »Yanci«, nuschelte ihr Vater in dem vergeblichen Bemühen, eine forsche Begrüßung zustande zu bringen. Seine Lippen verbogen sich zu einem einschmeichelnden Grinsen.
    »Ihr Vater fühlte sich nicht ganz fit, deshalb hat er mich fahren lassen«, erklärte Scott fröhlich, während er ausstieg und zu ihr kam. »Schöner kleiner Wagen. Haben Sie den schon lange?«
    Yanci lachte, aber ohne Humor.
    »Kann er sich nicht mehr bewegen?«
    »Kann wer sich nich’ mehr beweg’n«, fragte die Gestalt auf der Rückbank mit einem beleidigten Seufzer.
    Scott stand neben ihm.
    »Darf ich Ihnen aus dem Wagen helfen, Sir?«
    »Is schon gut, is schon gut«, sagte Mr. Bowman. »Geh’n Sie nur ma ’n bisschen aus’m Weg. Irgendwer muss mir furch’bar schlech’n Whiskey gegeben haben.«
    »Du meinst, eine Menge Leute müssen dir welchen gegeben haben«, entgegnete Yanci kalt und mitleidlos.
    Mr. Bowman stieg erstaunlich behende aus, doch die Leichtigkeit täuschte, denn fast im nächsten Moment versuchte er sich an einen nur für ihn sichtbaren Haltegriff in der Luft zu klammern, wurde aber von Scott, der ihm rasch seinen Arm anbot, gerettet. Von den beiden Männern gefolgt, ging Yanci zum Haus, innerlich brodelnd vor Beschämung. Würde der junge Mann jetzt denken, dass sich solche Szenen allabendlich bei ihnen abspielten? Es war hauptsächlich ihre eigene Gegenwart, die die Situation für Yanci demütigend machte. Wäre ihr Vater jede Nacht von zwei Butlern ins Bett getragen worden, wäre sie vielleicht sogar stolz gewesen, weil er sich solche Ausschweifungen leisten konnte; aber dass der Eindruck entstand, sie müsse ihm helfen, ja es sei ihr aufgebürdet, sich um ihn zu kümmern und zu sorgen! Und schließlich ärgerte sie sich auch über Scott Kimberly, weil er zur Stelle war und so dienstfertig mithalf, ihren Vater ins Haus zu bringen.
    Als sie die niedrige Backsteinveranda erreichten, suchte Yanci in Tom Bowmans Jacke nach dem Schlüssel und sperrte die Haustür auf. Eine Minute später wurde der Herr des Hauses in einen Sessel verfrachtet.
    »Danke vie’mals«, sagte er, während er sich einen Moment erholte. »Setzen Sie sich. Woll’n Sie was trinken? Yanci, Liebes, hol doch ’n paar Cracker und Käse, wenn wir so was dahaben, ja?«
    Das kam mit so selbstvergessener Unbekümmertheit, dass Scott und Yanci lachen mussten.
    In dem Bemühen, trotz ihrer Wut diplomatisch zu bleiben, sagte sie: »Es ist Schlafenszeit, Vater.«
    »Gib mir meine Gitarre«, schlug er vor, »dann spiel ich euch was.«
    Außer in Situationen wie dieser hatte er seine Gitarre seit zwanzig Jahren nicht angerührt. Yanci wandte sich Scott zu.
    »Es ist schon gut, vielen Dank. Er wird gleich einschlafen, und wenn ich ihn dann aufwecke, geht er lammfromm ins Bett.«
    »Na schön…«
    Sie schlenderten gemeinsam zur Tür.
    »Müde?«, fragte er.
    »Nein, kein bisschen.«
    »Dann lassen Sie mich doch lieber noch ein paar Minuten bleiben, bis Sie sicher sind, dass alles in Ordnung ist. Mrs. Rogers hat mir einen Schlüssel gegeben, so dass ich ins Haus gelange, ohne sie zu stören.«
    »Aber es ist alles in Ordnung«, protestierte Yanci. »Es macht mir überhaupt nichts aus, und er wird mir keinen Ärger bereiten. Er muss wohl ein Glas zu viel getrunken haben, und dieser Whiskey, den wir hier draußen haben – Sie wissen schon! So etwas ist schon einmal passiert, letztes Jahr«, fügte sie hinzu.
    Damit war sie zufrieden; als Erklärung schien es ihr überzeugend zu klingen.
    »Darf ich Ihnen trotzdem noch einen Moment Gesellschaft leisten?« Sie setzten sich nebeneinander auf ein Korbsofa.
    »Ich überlege, ein paar Tage hierzubleiben«, sagte Scott.
    »Wie schön!« Ihre Stimme hatte jetzt wieder ihren schmachtenden Tonfall

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