Winterträume
verkehren und auf all diese Bälle gehen, wo man mit Goldstücken um sich wirft?«
Sie sah ihn an und nickte lächelnd. Dann schaffte sie es auf irgendeine Art, aus der Hängematte zu kommen, und sie gingen Seite an Seite zur Straße.
»Ich halte die Augen für Sie offen und gebe Ihnen Bescheid«, insistierte er. »Ein hübsches Mädchen wie Sie sollte in guten Kreisen verkehren. Womöglich sind wir blutsverwandt, nicht wahr, und wir Powells müssen zusammenhalten.«
»Was werden Sie in New York tun?«
Sie waren jetzt fast beim Tor angelangt, und der Tourist zeigte auf die zwei beklagenswerten Teile seines Automobils.
»Taxi fahren. Hiermit. Nur dass es inzwischen andauernd entzweibricht.«
»Sie werden mit diesem Ding in New York herumfahren?«
Jim schaute sie zweifelnd an. Ein hübsches Mädchen wie sie sollte unter allen Umständen die Angewohnheit ablegen, sich beim allergeringsten Anlass vor Lachen zu schütteln.
»Ja, Ma’m«, sagte er würdevoll.
Amanthis schaute zu, wie sie die obere Hälfte des Wagens auf die untere setzten und sie gründlich festnagelten. Dann übernahm Mr. Powell das Steuer, und sein Leibdiener stieg neben ihm ein.
»Ich bin Ihnen für Ihre Gastfreundschaft wirklich sehr zu Dank verpflichtet. Richten Sie Ihrem Vater verbindliche Grüße aus.«
»Gerne«, versicherte sie ihm. »Kommen Sie mal wieder zu Besuch, wenn es Ihnen nichts ausmacht, mit Barbieren im selben Raum zu sein.«
Er wischte diese unangenehme Vorstellung mit einer knappen Handbewegung beiseite. »Ihre Gesellschaft wäre mir stets eine Freude.« Er ließ den Wagen an, wie um die Verwegenheit seiner Abschiedsrede zu übertönen. »Sie sind das hübscheste Mädchen, das ich hier oben im Norden gesehen habe – mit Abstand.«
Und unter Ächzen und Klappern setzte Mr. Powell aus Georgia mit seinem Wagen, seinem Leibdiener, seinen Plänen und seiner ganz persönlichen Staubwolke den Weg nach Norden, wo er den Sommer über bleiben wollte, fort.
II
Sie dachte, sie würde ihn nie wieder zu Gesicht bekommen. Sie lag in ihrer Hängematte, schlank und wunderhübsch, öffnete das linke Auge einen Spalt, um den Juni kommen zu sehen, schloss es wieder und zog sich zufrieden in ihre Träume zurück.
Doch eines Tages, als die Hochsommerreben sich an den wackligen Seiten der roten Schaukel auf dem Rasen emporgerankt hatten, kam Mr. Jim Powell aus Tarleton, Georgia, wieder in ihr Leben hereinvibriert. Sie saßen wie damals zusammen auf der breiten Veranda.
»Ich habe einen famosen Plan«, sagte er.
»Sind Sie denn mit Ihrem Taxi gefahren, wie Sie gesagt hatten?«
»Ja, Ma’m, aber das Geschäft lief doch arg schlecht. Ich habe vor all den Hotels und Theatern gestanden und gewartet, aber niemand ist auch nur eingestiegen.«
»Niemand?«
»Na ja, an einem Abend sind ein paar betrunkene Kerle bei mir eingestiegen, bloß als ich gerade losfahren wollte, brach mein Automobil entzwei. Und an einem anderen Abend regnete es, und es waren keine anderen Taxis da, also ist eine Dame eingestiegen, weil sie einen langen Weg hatte, wie sie sagte. Doch dann hat sie mich anhalten lassen, bevor wir angekommen waren, und ist ausgestiegen. Sie wirkte irgendwie verärgert und ist im Regen davonmarschiert. Mächtig stolze Leute gibt’s da oben in New York.«
»Und nun fahren Sie nach Hause?«, fragte Amantha mitfühlend.
»Nein, Ma’m. Ich habe eine Idee.« Seine blauen Augen verengten sich. »Ist dieser Barbier hier gewesen – mit Haaren an den Ärmeln?«
»Nein. Er ist – fort.«
»Gut, dann würde ich gern meinen Wagen eine Zeitlang hier bei Ihnen lassen, wenn das in Ordnung ist. Er hat nicht die richtige Farbe für ein Taxi. Dafür, dass Sie drauf aufpassen, können Sie gerne so viel damit spazieren fahren, wie Sie möchten. Solange Sie einen Hammer und Nägel dabeihaben, kann Ihnen nicht viel passieren…«
»Ich kümmere mich um den Wagen«, unterbrach Amanthis ihn, »aber wohin fahren Sie ?«
»Nach Southampton. Das ist so ungefähr der vornehmste Ort, den es hier in der Gegend gibt, und da fahre ich hin.«
Sie richtete sich voller Erstaunen auf. »Was wollen Sie denn da machen?«
»Passen Sie auf.« Er beugte sich verschwörerisch zu ihr vor. »War’s Ihnen ernst, als Sie sagten, Sie würden gerne in der New Yorker Gesellschaft verkehren?«
»Todernst.«
»Mehr brauche ich nicht zu wissen«, sagte er geheimnisvoll. »Warten Sie einfach ein paar Wochen hier auf der Veranda – und schlafen Sie. Und wenn
Weitere Kostenlose Bücher