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Winterträume

Winterträume

Titel: Winterträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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Gretchen an zwei kalten Dezembersonntagen mit zum Reiten genommen hatte und ein anderes Mal mit ihr in seinem Auto zum Country Club hinausgefahren war, um dort einen Nachmittag lang auf dem Hügel Ski zu fahren. Eines Morgens hing plötzlich ein Bild von Tompkins, kostbar gerahmt, an der Wand ihres gemeinsamen Schlafzimmers. Und eines Abends sah er sich zu einem erschrockenen Protest genötigt, als Gretchen mit Tompkins in der Stadt ins Theater ging.
    Aber mit seiner Arbeit war er nahezu fertig. Täglich kamen jetzt seine Layouts von den Druckern, und schon sieben lagen gestapelt und etikettiert im Safe seines Büros. Er wusste, wie gut sie waren. Mit Geld allein war solche Arbeit nicht aufzuwiegen; es war – mehr als er sich klarmachte – eine Arbeit aus Passion.
    Der Dezember flatterte wie ein welkes Blatt vom Kalender. Eine Woche lang quälte er sich sehr, als er das Kaffeetrinken aufgeben musste, weil es seinem Herzen nicht bekam. Wenn er nur noch vier Tage aushielt … drei Tage …
    Am Donnerstagnachmittag sollte H. G. Garrod in New York eintreffen. Am Mittwochabend kam Roger um sieben nach Hause und traf Gretchen dabei an, wie sie mit sonderbarem Gesichtsausdruck über den Dezemberrechnungen brütete.
    »Was gibt’s?«
    Sie wies mit einem Kopfnicken auf die Rechnungen. Er sah sie flüchtig durch, stirnrunzelnd.
    »Donnerwetter!«
    »Ich kann nichts dafür«, brach es aus ihr heraus. »Sie sind erschreckend hoch.«
    »Na ja, ich habe dich auch nicht geheiratet, weil du eine fabelhafte Haushälterin wärest. Ich werde das mit den Rechnungen irgendwie in Ordnung bringen. Zerbrich dir darüber nicht dein kleines Köpfchen.«
    Sie sah ihn kühl an.
    »Du redest mit mir, als wäre ich ein Kind.«
    »Das muss ich auch«, sagte er mit plötzlicher Erbitterung.
    »Nun, wenigstens bin ich keine Nippfigur, die du irgendwo hinstellen und vergessen kannst.«
    Er kniete rasch vor ihr nieder und nahm ihre Arme in seine Hände.
    »Gretchen, hör zu!«, sagte er atemlos. »Um Gottes willen, verlier jetzt nicht die Nerven! Wir haben beide Groll und Vorwürfe angestaut bis obenhin, und wenn wir in Streit gerieten, wäre das fürchterlich. Ich liebe dich, Gretchen. Sag, dass du mich liebst – schnell!«
    »Du weißt, dass ich dich liebe.«
    Der Streit war abgewendet, aber es herrschte eine unnatürliche Gespanntheit während des ganzen Abendessens. Sie erreichte ihren Höhepunkt, als er sein Arbeitsmaterial auf dem Tisch auszubreiten begann.
    »Oh, Roger«, protestierte sie, »ich dachte, du brauchtest heute Abend nicht mehr zu arbeiten.«
    »Das dachte ich auch, aber es hat sich noch etwas ergeben.«
    »Ich habe George Tompkins eingeladen.«
    »Oh, verdammt!«, rief er aus. »Tut mir leid, Liebling, aber du wirst ihn anrufen müssen, dass er nicht kommen kann.«
    »Er ist schon unterwegs«, sagte sie. »Er kommt direkt aus der Stadt. Er kann jede Minute hier sein.«
    Roger stöhnte. Er kam auf den Gedanken, sie beide ins Kino zu schicken, aber irgendwie brachte er den Vorschlag nicht über die Lippen. Er wollte Gretchen nicht im Kino haben; er wollte sie hier haben, wo er aufblicken konnte und sie an seiner Seite wusste.
    Um acht Uhr erschien George Tompkins, frisch und munter. »Aha!«, rief er tadelnd, als er ins Zimmer trat. »Immer noch zugange.«
    Roger bestätigte kühl, dass er noch am Arbeiten war.
    »Du solltest besser aufhören – es ist besser aufzuhören, ehe man aufhören muss.« Er setzte sich mit einem langen Seufzer körperlichen Wohlbehagens hin und zündete sich eine Zigarette an. »Lass es dir von einem sagen, der sich wissenschaftlich mit der Frage beschäftigt hat. Wir können so viel aushalten, und dann auf einmal – peng! «
    »Wenn du mich freundlichst entschuldigen willst« – Roger sagte es so höflich, wie er nur irgend konnte –, »dann gehe ich nach oben, um diese Arbeit fertigzumachen.«
    »Ganz wie du willst, Roger.« George machte eine lässige Handbewegung. »Nicht, dass ich etwas dagegen hätte. Ich bin Freund der Familie, und ich kann ebenso gut die Dame des Hauses wie den Hausherrn besuchen.« Er lächelte scherzhaft. »Aber wenn ich du wäre, alter Junge, würde ich meine Arbeit wegschieben und mal eine ganze Nacht durchschlafen.«
    Als Roger oben sein Material auf dem Bett ausgebreitet hatte, merkte er, dass er immer noch durch den dünnen Fußboden hindurch das Rauschen und Murmeln ihrer Stimmen hören konnte. Er fragte sich, worüber sie wohl so viel miteinander zu reden

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