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Winterträume

Winterträume

Titel: Winterträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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Mrs. Whitney zynisch.
    »Oh, Kelly, wenn Sie gesehen hätten, wie das Mädchen mich angeschaut hat, kurz bevor sie vor diesem Porträt in Ohnmacht fiel. Gott, ich glaube, sie liebt mich! Oh, wenn Sie das gesehen hätten!«
    Myra wurde puterrot. Sie lehnte sich dichter an die Tür und biss sich auf die Lippen, bis sie das leicht bittere Aroma von Blut schmeckte.
    »Wenn ich irgendetwas tun könnte«, fuhr Knowleton fort, »egal was, womit ich die Sache wiedergutmachen könnte, ich glaube, ich würd’s tun.«
    Kelly, mit seinem kahl schimmernden Schädel in absurdem Kontrast zu dem betont weiblichen Negligé, ging gewichtig zu Knowleton hinüber und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Wissen Sie was, mein Junge – Sie haben einfach keine Nerven, das ist Ihr Problem. Betrachten Sie das Ganze doch mal so: Sie haben was unternommen, um aus Ihrem Schlamassel wieder rauszukommen. Das Mädchen war todsicher nur hinter Ihrem Geld her – jetzt haben Sie sie mit ihren eigenen Waffen geschlagen, sind um eine unglückliche Ehe herumgekommen und haben Ihrer Familie viel Kummer erspart. Stimmt’s, Appleton?«
    »Absolut!«, stimmte Appleton mit Nachdruck zu. »Bringen Sie’s zu Ende.«
    »Na ja«, sagte Knowleton in einem traurigen Versuch, sich selbst zu überzeugen, »wenn sie mich wirklich lieben würde, hätte sie sich von alldem nicht so beeindrucken lassen. Sie heiratet schließlich nicht meine Familie.«
    Appleton lachte.
    »Ich dachte, wir hätten versucht, ihr deutlich klarzumachen, dass sie genau das tun muss.«
    »Oh, seien Sie ruhig!«, rief Knowleton gequält.
    Myra sah, wie Appleton Kelly zuzwinkerte.
    »Richtig«, sagte er, »sie hat gezeigt, dass sie hinter Ihrem Geld her ist. Also gibt’s überhaupt keinen Grund, die Sache nicht durchzuziehen. Überlegen Sie doch mal: Die Angelegenheit kann nur auf zwei Arten ausgehen. Erste Möglichkeit: Sie haben bewiesen, dass sie Sie nicht liebt, Sie sind sie los und frei wie ein Vogel. Sie wird sich wegschleichen und nie auch nur ein Wort darüber verlieren – und Ihre Eltern erfahren nichts davon. Zweite Möglichkeit: Zweitausendfünfhundert zum Fenster rausgeschmissen, unglückliche Ehe, das Mädchen wird Sie bestimmt hassen, sobald sie alles erfahren hat, Ihre Eltern werden außer sich sein und Sie wahrscheinlich wegen dieser Heirat enterben, mit einem Wort: eine einzige Katastrophe.«
    »Sie haben recht«, gab Knowleton düster zu. »Sie haben recht, nehme ich an – aber, Gott, der Ausdruck auf ihrem Gesicht vorhin! Wahrscheinlich liegt sie jetzt wach im Bett und lauscht nach dem Chinesenbaby…«
    Appleton stand auf und gähnte.
    »Also…«, fing er an.
    Aber Myra hatte genug gehört. Sie zog ihren Seidenkimono fester um sich, rannte wie der Blitz über den weichen Flur und stürzte völlig aufgelöst und außer Atem in ihr Zimmer.
    »Allmächtiger Gott!«, rief sie, die Hände im Dunkeln ineinander verkrampft. »Allmächtiger Gott!«
    V
     
    Erst kurz vor Anbruch der Morgendämmerung fiel Myra in einen chaotischen Traum, der endlose Stunden fortzudauern schien. Sie wachte gegen sieben auf und lag wie erschlagen da, ein blaugeäderter Arm hing seitlich aus dem Bett. Sie, die unzählige Nächte durchtanzt hatte, war todmüde.
    Das Schlagen einer Uhr außerhalb ihres Zimmers ließ sie nervös zusammenfahren, und durch diese Bewegung schien etwas in ihr zu zerbrechen – sie warf sich herum und begann, hemmungslos in ihr Kissen zu weinen, ihr Kopf umgeben von einem dunklen Nimbus aus zerzaustem Haar. Ausgerechnet ihr, Myra Harper, wurde dieser billige, vulgäre Streich gespielt, und dazu noch von einem Mann, den sie für schüchtern und freundlich gehalten hatte.
    Weil er nicht die Courage gehabt hatte, zu ihr zu kommen und ihr die Wahrheit zu sagen, hatte er von der Straße weg Männer angeheuert, um sie zu vergraulen.
    Zwischen ihren fiebrigen, krampfartigen Schluchzern versuchte sie sich vergeblich vorzustellen, wie es in einem Gehirn aussah, das sich einen solchen Plan mit dieser Raffinesse hatte ausdenken können. Ihr Stolz machte es ihr unmöglich, in dem Ganzen einen wohlüberlegten Schachzug Knowletons zu sehen. Wahrscheinlich stammte die Idee von diesem kleinen Schauspieler Appleton oder vom fetten Kelly mit seinen grässlichen Pudeln. In jedem Fall war das alles unerhört – unfassbar. Sie fühlte sich dadurch tief in ihrer Selbstachtung getroffen.
    Doch als sie um acht Uhr ihr Zimmer verließ und – das Frühstück hatte sie verschmäht – in den

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