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Winterträume

Winterträume

Titel: Winterträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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und Tratsch.«
    »Heirate bloß kein’ Yankee, Sally Carrol. Du wirst hier noch gebraucht.«
    Sally Carrol schwieg einen Augenblick.
    Dann fragte sie auf einmal: »Und wen zum Teufel soll ich sonst heiraten, Clark?«
    »Stehe zu Diensten.«
    »Ach, Schätzchen, wovon willst denn du ’ne Frau ernähren?«, fragte sie belustigt. »Und außerdem, dich kenn ich viel zu gut, als dass ich mich in dich verlieben könnte.«
    »Na und, darum musste aba noch lange kein’ Yankee heiraten«, beharrte er.
    »Und wenn ich ’n nu aba liebe?«
    Er schüttelte den Kopf .
    »Kannste gaanüsch. Dazu sind die doch viel zu viel anders als wie wir, in alle Sachen.«
    Und damit schwieg er wieder und hielt vor einem windschiefen, ziemlich runtergewirtschafteten Haus. In der geöffneten Tür erschienen Marylyn Wade und Joe Ewing.
    »He, Sally Carrol.«
    »He ihr zwei!«
    »Na, wie geht’s, wie steht’s?«
    »Du, Sally Carrol«, fragte Marylyn, sobald der Wagen wieder angefahren war, »bist du würklich verlobt?«
    »O Mann, wer hat denn diesen Quatsch bloß aufgebracht? Kann ich nichma ’n Mann ankucken, ohne dass gleich die ganze Stadt erzählt, ich wär mit ihm verlobt?«
    Clark sah starr geradeaus, den Blick auf eine Schraube an der klappernden Windschutzscheibe geheftet.
    »Wir sind dir wohl nich gut genug, was, Sally Carrol?«, fragte er in eigenartig bohrendem Ton.
    »Wie bitte?«
    »Wir hier unten?«
    »Aber natürlich, Clark, das weißt du doch. Ich bete euch doch förmlich an, euch Jungs.«
    »Und wieso verlobste dich denn mit ’m Yankee?«
    »Clark, ich weiß es nicht. Ich bin mir noch nicht sicher, was ich machen werde, aber – na ja, ich will was sehen von der Welt, will Leute kennenlernen. Ich will mich geistig weiterentwickeln. Ich will irgendwo leben, wo was los ist.«
    »Wie meinste denn das?«
    »Ach, Clark, ich liebe dich, und ich liebe Joe hier und Ben Arrot und euch alle, aber ihr – ihr –«
    »Wir sind allesamt Versager, stümmt’s?«
    »Ja. Ich meine nicht nur mit dem Geld, sondern irgendwie – na ja, ihr bringt’s doch zu nix, ihr seid halt traurige Gestalten und – ach Mann, wie soll ich euch das bloß erklären?«
    »Du meinst, weil wir hier in Tarleton bleiben?«
    »Ja, Clark; und weil’s euch hier gefällt und ihr nie was verändern oder euch was überlegen oder vorwärtskommen wollt.«
    Er nickte, und sie langte rüber und drückte seine Hand.
    »Clark«, sagte sie sanft, »um nichts in der Welt würde ich dich verändern wollen. Du bist ein lieber Kerl, so, wie du bist. Genau die Dinge, die dich zum Versager machen, werd ich immer lieben – dass du in der Vergangenheit lebst, wie du deine Tage und Nächte verbummelst, deine ganze Unbekümmertheit und Großzügigkeit.«
    »Und trotzdem willst du weg?«
    »Ja – weil ich dich nie und nimmer heiraten könnte. Du hast in meinem Herzen einen Platz, wie ihn kein andrer jemals haben wird, aber wenn ich hier unten angebunden bin, dann werd ich unruhig. Ich hätte das Gefühl, ich würde – ich würde mich verplempern. Verstehst du, ich hab zwei Seiten in mir. Das eine ist die alte verschlafene Seite, die du liebst, und dann ist da so eine Kraft – so ein Gefühl, das mich dazu treibt, irgendwelche verrückten Sachen zu machen. Und genau das ist der Teil von mir, der mir eines Tages noch mal nützlich sein könnte, der mir auch dann noch bleibt, wenn’s mit der Schönheit mal vorbei ist.«
    Sie brach jäh ab – was mal wieder typisch war –, und dann schlug ihre Stimmung um, sie seufzte: »Ach Mensch, Süßerchen!«
    Sie machte die Augen halb zu, legte den Kopf an die Rückenlehne und ließ sich vom würzigen Fahrtwind die Lider kühlen und den luftig gewellten Bubikopf zerstrubbeln. Die Stadt lag mittlerweile hinter ihnen, sie sausten dahin zwischen Dornengestrüpp und knallgrünen Büschen, Gras und hohen Bäumen, deren dichtbelaubte Zweige sich als schattiges Willkommen über die Straße neigten. Hin und wieder kamen sie an einer halbverfallenen Negerhütte vorbei, deren ältester Bewohner weißhaarig draußen vor der Tür saß und an seiner Maiskolbenpfeife nuckelte, während vorn auf dem ungemähten Rasen ein halbes Dutzend spärlich bekleideter kleiner Niggerkinder mit ihren arg zerlumpten Puppen auf und ab marschierten. Noch weiter draußen dösten Baumwollfelder vor sich hin, und selbst die Arbeiter darauf sahen aus wie körperlose Schatten, welche die Sonne an die Erde ausgeliehen hatte, doch nicht zum Schuften, nein, sondern damit sie

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