Wintertraum und Weihnachtskuss: Eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln (German Edition)
haben?«
»Klar«, hatte Biene gesagt. »Bei Pittis gibt’s zu Weihnachten immer Hasenbraten. Warum fragst du?«
»Och, nur so«, hatte ich geantwortet und war nach oben gegangen. Es hatte mich tierisch gefreut, dass Nell schon lange vor mir zurückgekommen war und längst im Bett lag …
Heute nun war Nikolaustag. Vor unserer Zimmertür standen je ein Stiefel von Nell und von mir. Beide waren mit Lebkuchen und neuen Socken vollgestopft, und an jedem hing noch eine Zehnerkarte für die Eisbahn, die jedes Jahr am Rand des Weihnachtsmarkts steht. »Kannst du überhaupt Schlittschuh laufen?«, erkundigte ich mich.
»Ich bin sozusagen auf Kufen geboren«, entgegnete Nell hochnäsig. »Wenn du so fährst wie ich, bist du gut.«
Ich schnaubte verächtlich durch die Nase. Meine Zwangsschwester war nicht nur ’ne Schlange, sie war auch ein mieser Angeber. Und Biene verlangte von mir, dieser Person etwas zu Weihnachten zu schenken? Never ever!
Ich beeilte mich, schneller als sie aus dem Haus zu kommen, doch ich konnte sie nicht abwimmeln. Zuerst war ich sauer, aber dann sah ich schon von Weitem, wie Pauli die Straße herauf- und mir entgegenrannte. »Hi, Holly! Heute ist Nikolaustag!«, rief er und wedelte mit der hocherhobenen Hand, in der er ein Päckchen hielt. »Hier«, sagte er dann und schnappte nach Luft. »Ich wollte dir den Nikolaus eigentlich vor die Tür stellen, aber du warst schneller!« Er umarmte mich und drückte mir einen fetten Kuss auf die Wange.
Nell war platt und sagte nichts. Das war ein gutes Zeichen, fand ich, aber als wir um die Ecke bogen, warteten Ben und Matteo auf sie, was meinen Triumph ein kleines bisschen minderte.
Pauli und ich ließen die drei vorausgehen und auch vor der Schule hatten wir es nicht eilig. So kam es, dass wir gerade noch vor unserem Mathelehrer ins Klassenzimmer und zu unseren Plätzen sausen konnten – wo mich fast der Schlag traf: An meinem Stuhl baumelte ein kleiner roter Nikolaus-pantoffel, der, ganz klar, wieder ein Wichtelpäckchen mit Perlen enthielt. An diesem Tag waren es zwei winzige Nikoläuse mit Ösen an den roten Mützen.
Obwohl unser Mathelehrer messerscharfe Augen hatte und bekannt dafür war, keinen Spaß zu verstehen, schickte Pauli mir ein Briefchen. »Holly, von wem ist das Geschenk? Hast du einen Freund? Sag es mir!«
Mist aber auch!
Ich schrieb gerade die Antwort, da durchbohrten mich die messerscharfen Augen. Das Zettelchen wanderte in den Papierkorb und ich bekam eine Strafarbeit. Mann, wie ungerecht kann das Leben sein!
In der großen Pause (vorher war es nicht möglich) versuchte ich mein Bestes, Pauli davon zu überzeugen, dass mir seit dem 1. Dezember eine unbekannte Person täglich zwei Perlen wichtelte.
»D-das gibt’s doch nicht«, stammelte er ungläubig. »Du weißt nicht, wer es ist? Holly … Holly, ich hab mich in dich verliebt. Aber wenn schon jemand anders in dich verliebt ist …«
»Bei dem Wichtel könnte es sich auch um ein Mädchen handeln«, versuchte ich, ihn zu beruhigen.
»Ich finde das ziemlich unwahrscheinlich«, entgegnete er und sah dabei so traurig aus, dass ich auch ganz niedergeschlagen wurde. »Mensch, Pauli, eigentlich hab ich angenommen, du seiest der Wichtel«, versicherte ich ihm. »Gestern wollte ich dich schon fragen, aber deine Jäger-Story war so spannend, dass ich alles andere vergaß. Glaub mir, das stimmt!«
»Ehrlich?«
»Klar. Bist du nun mein Wichtel oder bist du’s nicht?«, fragte ich, obwohl der kleine Pantoffel ja schon an meinem Stuhl hing, als wir ins Klassenzimmer kamen. »Sag es mir. Ich weiß ja, dass der Name bis zuletzt geheim gehalten werden muss, aber in unserem Fall …«
Er seufzte. »Holly, ich wollte, ich wäre dein Wichtel.«
In diesem Augenblick spazierten zuerst Nell und Ben Hand in Hand an uns vorbei. Dann näherte sich Matteo. Ich lehnte an der Wand und hatte den kleinen roten Pantoffel in der Hand, Pauli stützte die linke Hand an die Wand und hatte die rechte auf meiner Schulter, und jeder, der uns so sah, musste den Eindruck bekommen, wir wollten nicht gestört werden.
Und was machte mein FEIND ?
»Aber Hallo!«, sagte er ganz laut. »Hast’s auf meine Nachbarin abgesehen? Wie kommt’s, dass du ausgerechnet Holly anbaggerst, Pauli?«
Obwohl Pauli seine todschicke dunkelrote Steppjacke trug, fiel er richtig in sich zusammen. »Du hättest mir sagen müssen, dass Matteo dein Freund ist«, stammelte er und ließ mich einfach stehen, obwohl ich ihm
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