Wintertraum und Weihnachtskuss: Eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln (German Edition)
steckte die Tiere vorsichtig in meine Tasche.
Kurz darauf blieb ich an einem Stand mit ausgefallenen Seifen stehen; es gab weiße mit blauen Lavendelblüten, grüne mit Kräutern, hellgelbe mit gelben Blütenblättern. Ob Nell so was gefallen würde? Keine Ahnung – aber da! Da war ein Tiegelchen, auf dem »Bartwichse für den eleganten Herrn« stand – das war doch was für Otto!
Ein Geschenk für Nell zu finden, erwies sich als sehr schwierig. Ich könnte ihr ein Buch kaufen oder einen Lipgloss oder ein Paar Socken oder einen langen Schal, an den ich bunte Fransen knüpfen könnte, überlegte ich und ging an einem Stand vorbei, der ovale Namensschilder aus Ton in der Auslage hatte, stutzte plötzlich – drehte um und ging zurück. Die Namensschilder waren blau. Am Rand entlang verlief eine Bordüre aus weißen Tupfen, und auch die Schrift war weiß: Eva , las ich, Marlene, Rosmarie, Felix, Martin, Matthias . Eine Nell gab es nicht.
»Ich hätte gerne die Christine und den Hans «, sagte eine Frau, die plötzlich neben mir stand. »Haben Sie auch eine Susi ?«
»Die ist ausverkauft, aber wenn Sie in drei Tagen wiederkommen, habe ich eine Susi für Sie«, sagte die dicke Verkäuferin. Sie hatte eine rote Nase, schniefte und zog ein großes kariertes Taschentuch aus ihrem Ärmel.
»Machen Sie Schilder auf Bestellung?«, erkundigte sich die Kundin.
»Ich nicht, aber mein Mann – Hatschi!«
»Gesundheit! Dann könnten Sie mir also eine Susi verkaufen?«
»Kein Problem!«
Ein Schild für Nell? Eines auf Bestellung, extra für sie … und … und … Ich hatte eine geniale Idee, presste meine Tasche an die Brust, rannte zwischen den Leuten durch und zum Kaufhaus, in dem Biene arbeitete. »Ma!«
»Hallo Holly! Wo brennt’s?«
In Windeseile schilderte ich ihr die Idee. Zuerst wiegte sie unschlüssig den Kopf, aber schließlich und endlich gab sie sich einen Ruck. »Okay. Wenn Otto dabei hilft.«
»Bin schon weg!«
Zehn Minuten später lehnte ich an Ottos Kiosk und wartete, bis er einen Stapel Zeitschriften ausgepackt und in die Auslage gelegt hatte. Eine blonde Frau vom Typ Busenwunder prangte auf dem Titelblatt. »Holly, was für eine Überraschung! Appetit auf ’ne Currywurst? Oder gibt’s Krach mit Nell?«
»Nee, das Gegenteil! Otto, ich hab ein tolles Weihnachtsgeschenk für Nell! Biene hat nichts dagegen, wenn du dabei hilfst. Machst du mit?«
»Wie viel Euro brauchst du? Zehn, zwanzig? Oder noch mehr?«
»Es geht nicht um Geld, es geht um aktive Mithilfe!«
»Das klingt gefährlich.«
»Im Gegenteil«, widersprach ich. »Es dient dem Frieden.«
»So?«
»Schau, Otto, Weihnachten ist doch das Fest der Liebe, stimmt’s?«
»Das sollte es zumindest sein.«
»Ja. Also … Wenn man harmlose friedliebende Mäuse in einen zu engen Käfig steckt, werden sie wild und fallen sich gegenseitig an. So geht es Nell und mir. Auch wir stecken in einem zu engen Käfig. Aber zum Glück gibt es dafür eine Lösung.«
»Die wäre?«
»Zuerst mistet Biene den Abstellraum im Keller aus, um Platz für ihre Tüten, Schachteln und deinen PC zu bekommen. Dann zieht Nell in das Zimmer neben meinem, muss zum Flöten nicht mehr in den Keller, und …«
»… jedes Mäuschen hat seinen eigenen Käfig«, sagte Otto lachend. »Wessen Idee war das?«
»Meine natürlich«, antwortete ich stolz. »Von mir be kommt sie zu Weihnachten ein handgetöpfertes Schild, auf dem steht: Nells Zimmer . Na, was sagst du dazu?«
»Biene hat wirklich nichts dagegen?«
»Sie hat absolut nichts dagegen, vorausgesetzt du …«
»… packst mit an. Klar helfe ich. Das Dumme ist nur: Es wird keine Überraschung sein.«
»Doch!«, rief ich triumphierend. »Daran hab ich natürlich auch gedacht! Erstens muss Nell Mittwoch und Freitag von vier bis sechs ins Schulorchester. Zweitens habt ihr uns die Eisbahnkarten geschenkt. Das bedeutet, dass wir Samstag und Sonntag Schlittschuh laufen. Da kommt ’ne Menge Arbeitszeit für euch zusammen!«
»Wer steht im Kiosk und verkauft Zeitungen?«
»Sag einfach einem Kumpel, dass du Hilfe brauchst, weil du uns liebst und Weihnachten doch das Fest der Liebe ist.«
Plötzlich lachte er wie verrückt. »Holly! Weihnachten – das Fest der Liebe! Mädchen, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen!«
»Welchen Nagel meinst du?« Ich wartete, bis Otto sich ausgelacht hatte. »Dann ist’s also abgemacht?«, vergewisserte ich mich. »Ihr kümmert euch um Nells Zimmer? Gut, dann bestelle ich das
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