Wintertraum und Weihnachtskuss: Eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln (German Edition)
mein letztes Wort!«
Als Otto und ich den Farbeimer und die Pinsel nach oben trugen, beruhigte er mich. »Glaub mir, Holly, wir sind auf einem guten Weg. Spätestens an Heiligabend wird sich Biene mit den Pittis versöhnen.«
»Wollen die denn das?«
»Hundertpro«, versicherte er mir. »Ich arbeite noch daran, aber der Ausgang ist sicher: Weihnachten wird das Fest der Liebe und Versöhnung.«
Gegen halb fünf gingen wir zur Schule. In der großen Eingangshalle stand ein riesiger Weihnachtsbaum. Die Fünfer hatten ihn geschmückt, die Sechser hatten viele Stühle aufgestellt, die Eltern unterhielten sich und machten feierliche Mienen. Matteo winkte mir nur verstohlen zu, weil Biene in der Nähe stand und wir Pauli nicht misstrauisch machen wollten. Als Nell uns sah, schoss sie sofort auf uns zu. »Drückt ihr die Daumen?«
Otto und Biene hielten die Hände hoch.
»Gut!« Sie zog mich zur Seite. »Er ist noch nicht gekommen«, flüsterte sie mir zu. Wir stellten uns links und rechts der großen Eingangstür auf. »Glaubst du, er kneift?«, fragte Nell.
»Ich weiß es nicht. Zuzutrauen wäre es ihm.«
Pauli kniff nicht; er kam mit seinen Eltern und trug eine schwarze Jacke, die ihm Meilen zu groß war und furchtbar an ihm aussah. Ich führte seine Eltern zu zwei freien Stühlen und Nell kümmerte sich wie ausgemacht um Pauli.
Dann begann die Weihnachtsfeier. Der Rektor begrüßte die Eltern, ein Mädchen aus der Zehnten las eine schöne Geschichte vor, die mit dem Satz endete: Weihnachten ist das Fest der Liebe. Ich stieß Biene in die Seite. »Hörst du das?«
Biene schaute grimmig nach vorn. »Pst!«
Das Orchester spielte, der Chor sang. Dann spielte wieder das Orchester, darauf folgte Nells Solo »Morgen kommt der Weihnachtsmann«. Sie war sehr aufgeregt; ich sah, wie ihre Beine zitterten, aber trotzdem patzte sie nicht. Wir klatschten wie verrückt und riefen »Zu-ga-be, Zu-ga-be!«. Die Pittis, die in unserer Nähe saßen, schrien »Da capo!«.
Zum Schluss sangen alle »O du fröhliche« und damit endete das Weihnachtsfest unserer Schule.
»Du warst super«, sagte ich zu Nell. »Einsame Spitze, ehrlich!«
19. Dezember
A uf dem Heimweg hatte ich an Romeo und Julia gedacht. Sie waren zwar reich gewesen und hatten in Palästen gewohnt, aber es ist die Hölle, wenn einen die Eltern lieber tot als glücklich sehen. Nicht dass Biene mich tot sehen wollte, aber so viel war klar: Mein Glück lag ihr nicht am Herzen. Ob Otto ein Fest der Liebe gelingen würde?
Nell war sofort misstrauisch geworden, als sie die Farbe roch, aber als sie an der Tür das mit Tesa angeklebte Papier sah, auf dem »Zutritt verboten! Weihnachtszimmer!« stand, hatte sie sich wieder beruhigt.
Am Morgen des 4. Advents blinzelte Otto mir zu und schob einen 10-Euroschein über den Tisch. »Biene und ich haben zu tun. Vor vier Uhr möchten wir euch hier nicht sehen. Alles klar?«
Wir holten unsere Schlittschuhe und klingelten bei den Pittis. Opa Cosimo freute sich, als er uns sah, Antonella drückte uns je eine Orange von der guten Sorte in die Hand, und Sandro rief: »Matteo, was machst du mit zwei Mädchen? Übernimm dich nicht, mein Sohn!«
Dann holten wir Ben ab und danach, obwohl mir das tierisch gegen den Strich ging, Irene. »Es muss sein, Holly!«, hatten mir Nell und Ben ein Dutzend Mal versichert. »Denk dran, dein Opfer dient einem guten Zweck!«
Ich biss die Zähne zusammen, aber so richtig freundlich konnte ich zu Irene nicht sein. Mit großer Genugtuung stellte ich fest, dass sich Matteo angewidert wegdrehte, als sie ihm einen Marsriegel schenken wollte. Marsriegel! Früher hatte ich Marsriegel geliebt, jetzt gingen sie mir auf den Geist.
»Gehen wir gleich auf die Eisbahn?«, erkundigte sich Irene.
»Zuerst holen wir Pauli ab«, sagte Nell. »Du hast doch nichts dagegen, wenn Hollys Freund dabei ist?«
Natürlich hatte Irene überhaupt nichts gegen die Anwesenheit meines Freundes Pauli, aber wie auch Pauli wusste sie nichts von unserem Plan. Er schaute ziemlich verwundert aus der Wäsche, als wir fünf auf der Matte standen, aber als er Irene sah, freute er sich. »Zieh mir nur noch die Jacke über!«, rief er.
Das war das Stichwort.
Als er im jägergrünen Parka rauskam, legte ich ihm zuerst liebevoll die Arme um den Hals, aber dann rümpfte ich die Nase, rückte von ihm ab, schnüffelte und deutete auf den großen dunklen Fleck. »Es tut mir leid, Pauli, aber du stinkst.«
Jetzt schnüffelte auch Nell an
Weitere Kostenlose Bücher