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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
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Junge half ihm beim Aufsetzen und schob ihm ein Kissen in den Rücken. Der Greis war leicht, als habe das Leben bereits begonnen, ihn von seinem Gewicht zu befreien.
    »Winterwende«, murmelte er. »Heute und morgen wird sich also alles entscheiden. Das Schicksal schenkt seine Gunst uns oder unseren Feinden.«
    Durch die gewundenen Korridore und Treppenschächte drang fröhliches Gelächter aus einem fernen Festsaal.
    »Bring mir etwas zu trinken, Junge«, bat der Alte. »Heute Nacht muss ich auf die Kraft meines Sohns und meiner Tochter anstoßen, die unsere Träume auf den Schwarzen Pfad hinaustragen. Für sie gibt es keine Wärme in dieser Nacht der Winterwende. Nur Krieg und Tod.«
    Der Junge stellte die Laterne auf einem Tisch ab und eilte hinaus. Dem Mann fielen die Augen zu, und der Kopf sank ihm auf die Brust. Geduldig und still saß der Hund neben ihm und beobachtete ihn. Than Angain oc Horin-Gyre, der in seiner weitläufigen, windumtosten Festung Hakkan dem Tod entgegendämmerte, war wieder eingeschlafen, als der Junge mit einem randvoll gefüllten Becher zurückkehrte.
    V
    In der Großen Halle von Burg Kolglas hatte lange nicht mehr so viel Lärm und Leben geherrscht wie an diesem Abend. Zahlreiche Fackeln brannten hoch droben auf den Mauersimsen. Dazwischen hatte man Girlanden aus Stechpalmen-, Efeu- und Tannenzweigen aufgehängt, die flackernde Schatten warfen. Im Hauptkamin loderte ein mächtiges Feuer, während in den Ecken des Saals Kohlenbecken glommen. Mehrere Reihen Tische und Bänke waren in Längsrichtung des Saals angeordnet. Quer dazu und dem Feuer am nächsten stand die Hohe Tafel, an der Kennet nan Lannis-Haig mit Orisian, Anyara und Inurian Platz genommen hatte. Zwei Plätze – die beiden Stühle unmittelbar zur Rechten und Linken von Kennet – waren leer geblieben. Man hatte Teller und mit Wein gefüllte Kelche bereitgestellt, als kämen die Gäste nur etwas verspätet. In Wahrheit nähmen diejenigen, denen die Plätze zugedacht waren, sie nie wieder in Anspruch. Zum Winteranfang aber wurden die Toten in ihrem ewigen Schlaf unruhig, und in manchen Häusern behielt man den alten Brauch bei, beim Festmahl auch für die Verstorbenen den Tisch zu decken. Auf Burg Kolglas allerdings wurde die Tafel an jedem Abend des Jahrs in dieser Weise gerichtet. Kennet befand sich wie immer zwischen Erinnerung und Trauer.
    An den übrigen Tischen drängten sich die Geladenen aus Burg und Stadt. In dieser Nacht saßen hochgestellte und einfache Leute Seite an Seite. Das Festmahl hatte bei Sonnenuntergang begonnen und sollte die ganze Nacht bis zum Heraufdämmern des ersten Wintermorgens dauern. Bereits jetzt, da nicht mehr als eine Stunde vergangen war, sorgten reichlich Bier und Wein für eine laute, ausgelassene Stimmung. Dienstboten schleppten gefüllte Krüge und Platten mit Brot und Fleisch hin und her. Die Gäste, die den geistigen Getränken am ausgiebigsten zugesprochen hatten, donnerten mit den Krügen auf die Tische, um den Eifer der Schankmädchen anzustacheln. Eine der jüngsten Küchenmägde stolperte über einen Jagdhund, der sich winselnd in eine Ecke verzog. Hurrarufe ertönten und gleich darauf ein Wehgeschrei, als der volle Bierkrug, den sie getragen hatte, am Boden zerschellte. Der Lärm scheuchte Idrin von ihrem Schlafplatz im Dachgebälk auf, und sie flatterte zornig krächzend in einen stilleren Winkel.
    Kennet lachte mit den anderen, als sich das Mädchen verlegen aufrappelte. Er hatte sich in seinen weiten Pelzumhang gewickelt und sah aus wie ein ergrauter alter Fallensteller, der in einen Schneesturm geraten war. Er fror, seit er die Halle betreten hatte, schien sich aber sonst recht wohl zu fühlen.
    »Ihr solltet Eure Ansprache halten, Kennet«, riet ihm Inurian, »ehe der Lärm so ausartet, dass Ihr Eure eigenen Worte nicht mehr versteht.«
    Kennet erhob sich und schlug mit geballter Faust auf den Tisch. Die Gäste verstummten, und alle Blicke wandten sich dem Herrn von Burg Kolglas zu. Er räusperte sich und feuchtete die Kehle mit einem Schluck Bier an.
    »Ich will euch nur ganz kurz von Speis und Trank abhalten«, begann er und erntete damit das erste Beifallsgemurmel. »Aber es gibt einige Punkte, die an diesem Abend zur Sprache kommen müssen.«
    Seine Stimme nahm einen neuen, langsameren Rhythmus an, und vollkommene Stille legte sich über den Saal.
    »Heute ist die Nacht der Winterwende«, fuhr Kennet fort, »und in dieser besonderen Nacht soll nirgends Finsternis

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