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Wintzenried: Roman (German Edition)

Wintzenried: Roman (German Edition)

Titel: Wintzenried: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Ott
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Angst, nie wieder Ruhe finden zu können, als hätte er alles zerstört, vor allem sich selbst, auch wenn das, was passiert ist, mit ihm eigentlich gar nichts zu tun hat, wie er sich sagt, doch trotzdem stattgefunden hat, wie unter Trance, aber ohne jede Gier oder nur mit einer gespielten, um kein Spielverderber zu sein, als hätte er nur eine Art Pflicht erfüllt, gegen die zu wehren ihm in diesem Augenblick unmöglich war, weshalb er im Grunde sogar das Gefühl haben darf, rein geblieben zu sein, auch wenn es ganz anders aussieht, vor allem für die anderen, die ihn jetzt im Griff haben, obwohl er Grimm am Ende angefleht hat, niemandem etwas zu sagen, auch keinerlei Anspielungen zu machen, am allerwenigsten Thérèse gegenüber, die jetzt zu Hause im Bett liegt und vielleicht sogar auf ihn wartet, auf einen Mann, der sich am liebsten umbringen möchte, so elend wie ihm ist, der nicht mehr weiß, wohin mit sich, und alles am liebsten ungeschehen machen möchte, weil er sonst keinen Frieden mehr finden und Thérèse nie mehr in die Augen schauen kann, so viel Schuld, wie er auf sich geladen hat, eine Schuld, die sich im Leben nie wieder abtragen lässt.
    Als er im Morgengrauen so leise wie nur möglich die Wohnungstür aufschließt und bei jedem Schritt über den knarrenden Fußboden noch krampfhafter die Luft anhält, liegt Thérèse mit offenem Mund im Bett und schläft seelenruhig. So lautlos wie möglich versucht er unter die Decke zu schlüpfen, voller Angst, das kleinste Knistern könnte sie aufschrecken lassen. Als er endlich liegt und wieder zu schnaufen wagt, schlägt sie im Schlaf ihren Arm um ihn. Mit offenen Augen liegt er da, ein Gefangener ihrer Umarmung, und wagt sich nicht zu regen. An Schlaf ist nicht zu denken, Ruhe kann er sowieso nie mehr finden. Er muss wieder aufstehen, es ist eine Qual, neben ihr zu liegen, neben einer Frau, die noch gar nicht weiß, dass alles längst zu Ende ist. Es tobt in ihm, er kann es nicht mehr aushalten, will bestraft werden, und zwar sofort. Er muss sie aufwecken, sie wachrütteln, ihr sofort alles beichten.
    Thérèse aber will nur schlafen, sagt, er könne ihr alles später erzählen, nicht jetzt, so früh am Morgen. Jean-Jacques jedoch kann nicht warten, sie muss ihm zuhören, er muss es loswerden.
    Wie sie dann halb wach im Bett sitzt und immer noch sagt: Lass mich schlafen, ballt er die Fäuste gegen sich und wimmert: Ich bin vernichtet. Dann stammelt er etwas von langen Gesprächen und viel zu viel Wein, auch von Klüpfel ist die Rede, dem Papst. Worum es geht, weiß Thérèse immer noch nicht, als Jean-Jacques sie plötzlich anfleht: Vergib mir!
    Thérèse aber will nur, dass er sich endlich beruhigt, Jean-Jacques jedoch schreit: Ich will nicht mehr leben! Es sei nur der Wein gewesen, ihm sei nichts anderes übriggeblieben, er habe überhaupt keine Lust dabei empfunden, eigentlich könne er sich an gar nichts erinnern, vielleicht sei auch überhaupt nichts gewesen, außer dass er sie angefasst habe.
    Thérèse will nach wie vor, dass er sich endlich beruhigt, doch Jean-Jacques will beschimpft, geschlagen, ausgepeitscht werden. So lange, bis es ihm wieder gutgeht. Sie soll ihm drohen, soll ihn verlassen, soll ihn zum Teufel jagen, er soll noch tausendmal um Vergebung bitten müssen. Alles andere nützt ihm nichts. Doch anstatt durchzudrehen, will Thérèse nur schlafen.
    Als Jean-Jacques am offenen Fenster steht und auf die Straße hinausplärrt, er werde sich umbringen, ruft ein Mann von nebenan, er solle endlich sein Maul halten. Thérèse sagt nur: Vom dritten Stock aus kann das auch schiefgehen.
    Ein paar Stunden später fängt Jean-Jacques gleich beim Aufwachen wieder an, sich selbst zu beschimpfen. Was Thérèse allmählich auf die Nerven geht. Mehr als vergeben kann man nicht, sagt sie schon zum hundertsten Mal, was Jean-Jacques aber nicht im Geringsten zu beruhigen vermag.
    Gleichzeitig will ihn, seit er wieder wach ist, die Fantasie nicht mehr loslassen, es mit dieser kleinen Hure sofort nochmals machen zu müssen, und zwar noch heute, wie um sich beim zweiten Mal reinzuwaschen. Wieder rennt er auf die Straße und irrt durch die Gassen, in der Hoffnung, ihr plötzlich zu begegnen. Voller Gier nach ihr und voller Ekel vor sich selbst, steht er schließlich bei Klüpfel vor der Tür, rennt dann aber wieder weg, aus Angst, sich im Café zum Gespött zu machen, würde er Klüpfel wie nicht ganz bei Sinnen fragen, wo die Kleine zu finden ist.
    Als er abends

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