Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi)
und den Vater. Nein, alles zu einfach, wischte sie das Gedachte fort. Man reist nicht extra aus Neuseeland an, um jemanden umzubringen. Da bleibt man einfach dort und überlässt hier alles seinem Lauf. Jedenfalls klang das für sie logischer, außerdem, Johannes war angeblich zur Tatzeit noch in London gewesen. Die Polizei würde diese Aussage überprüfen. Aber wenn er nicht der Mörder war, konnte er trotzdem der Vater sein. Irgendetwas in seiner Reaktion heute Nachmittag hatte sie aufhorchen lassen. Wie auch immer. Mittlerweile hatte sie erfahren, dass es auch genug andere Gründe gab, den alten Rosskamp um die Ecke zu bringen. Er war einer der erfolgreichsten Winzer der Ahr, seine Weine gab es in den besten Restaurants und in den großen Supermärkten. Aber auch das erschien ihr nicht plausibel genug, um einen Menschen zu töten. Sie spürte mit einem Male, dass die Sache wesentlich komplexer sein könnte, als sie annahm und als jetzt sichtbar war. Verflixt noch mal?
„ Ich höre es in deinen Gehirnwindungen scheuern“, kommentierte Wolf in scherzhaftem Tonfall ihr langes Schweigen. „Irgendetwas scheint dich so in Beschlag zu nehmen, dass du für nichts anderes mehr Aufmerksamkeit hast.“ Er griff nach ihrer Hand. „Mich eingeschlossen.“
„ Entschuldige.“ Anke setzte an, ihn nachträglich an ihren Gedanken teilhaben zu lassen, danach schwenkte sie um. „Wo wir schon mal hier sind, hab ich eine Idee.“
Kurze Zeit später fuhren sie von Bad Neuenahr nach Walporzheim. Der Himmel hatte sich wieder zugezogen. Es begann zu nieseln. „Wir müssen irgendwie an die Ahr kommen.“
Wolf nickte und bog ohne Kommentar links in eine schmale Straße.
„ Das Gässchen hier“, meinte Anke, „heißt Josefstraße.“ Langsam kroch der Wagen vorwärts.„Ob das hier richtig ist“, zweifelte Anke. „Und übrigens weißt du, was der Name ›Ahr‹bedeutet?“
„ Nämlich?“
„ Wasser.“
„ Das passt doch“, grinste Wolf.
„› Ah‹ oder ›ahe‹stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutet schlicht und einfach Wasser.“ Sie deutete mit dem Finger nach vorne. „Doch, Bingo, wir sind richtig!“, rief sie. „Eine Brücke, und die führt mit Sicherheit über die Ahr.“ Vor der Brücke hielt Wolf an. Schnell erkannten sie, dass es für Autos nur nach rechts weiter ging und genau in die gesuchte Ahruferstraße.
„ Und nun weiter bis zum Spielplatz. Ein altes Backsteinhaus hat Lisabeth gesagt.“
„ Woher willst du wissen, ob sie nicht noch arbeiten ist?“
„ Dann fällt mir was Neues ein«, entgegnete Anke. „Stopp, hier ist es.“
Lisabeth Küster schien erst verdutzt, als sie Anke vor der Tür stehen sah, aber kaum hatte sie ihre Überraschung überwunden, streckte sie ihr erfreut die Hand entgegen und bat sie hinein. Aber ihre Freude verschwand sofort wieder. „Mein Gott, der Rosskamp, kommen Sie deswegen? Sie haben’s doch mit den Rosskamps, soweit ich mich erinnere.“
„ Woher wissen Sie von der Ermordung?“ Anke gab sich in Gedanken eine Kopfnuss. Sie hatte vergessen, dass Lisabeth ja im Hohenzollern arbeitet e, und da war heute Morgen sicherlich einiges los gewesen. Lisabeth Küster holte Luft, ehe sie aufgeregt fortfuhr. „Alle sprechen nur noch davon. Ich bin eben von der Arbeit heimgekommen. Die arme Leonie. Das Schicksal meint es nicht gut mit ihr.“
„ Ja, das ist furchtbar“, äußerte Anke und fragte sich, wie und wo sie ansetzen sollte, ohne preiszugeben, dass sie Leonies wahren Vater suchte als auch Rosskamps Mörder. „Ich werde Sie nur kurz stören“, erklärte Anke unvermittelt, „mein Mann wartet draußen.“
Lisabeth zog sie trotzdem ins Haus. „Einen Kaffee? Oder möchten Sie lieber einen Tee, ist ja schon etwas spät für Kaffee.“ Anke lehnte ab.
„Können Sie mir sagen, Frau Küster, wo ich Ihre Tochter finden kann? Sie war doch mit Elene Rosskamp befreundet.“
Lisabeth Küster sah sie verständnislos an. „Elene? Was hat denn Elene mit der Sache zu tun, die ist doch schon lange tot?“
Anke gab sich die zweite Kopfnuss. Der Übergang war zu abrupt gewesen. Sie musste taktischer vorgehen und schlug einen Bogen. „Kennen Sie Johannes Rosskamp?“
Lisabeth schien nun komplett irritiert. „Johannes? Sie machen Sprünge. Meine Tochter kannte den, aber der ist doch, warten Sie, ich glaube, in Neuseeland, jedenfalls schon ewig unterwegs.“
„Ihre Tochter kannte ihn?“ hakte Anke nach.
„ Das war damals eine Clique, Elene, der Herbert, der
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