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Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Hendrix
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mit der Muschel. Können 19,5 km so lang sein? Wir
trafen auch wieder die spanische Mutter mit ihren Kindern. Zum Glück heute ohne
Kofferradio. Ihren Mann hatten wir schon öfters als Begleiter mit dem Auto an
Kreuzungen stehen sehen. Heute am Gründonnerstag waren viele spanische
Heuschrecken ohne Rucksack unterwegs. Es war eine sehr große Gruppe. Als wir
alle unsere Knochen schmerzhaft spürten, hatten sie uns leichtfüßig und sehr
laut redend überholt. Sogar zwei sehr alte Frauen waren dabei. »Heinz nicht
aufregen, ganz ruhig bleiben, die gehen höchstens zehn Kilometer.« Ich hatte
viel mehr die Befürchtung, dass die uns die Betten wegnehmen. Erst kurz vor
Viana machten wir unsere Mittagspause von einer halben Stunde am Wegesrand und
verzehrten unsere Vorräte. Das Wetter hatte sich nicht verschlechtert, vom
Regen waren wir verschont geblieben. Der Anblick des großen Ortes auf dem Hügel
war nicht berauschend. Am Fuß des Ortes hatten die Architekten sich ausgelassen
und um die Stadt Wohnsilos gebaut. Es sah einfach hässlich aus. Ein letztes
Aufraffen und hinauf in den Ort. Es war erst 14:00 Uhr aber wir waren
geschafft. Wir wurden angenehm überrascht. Der alte Ortskern mit seiner Kirche
war wirklich sehenswert. Leider war die Kirche wie so viele am Pilgerweg
verschlossen. Der Ort hatte zwei Albergues. Eine wurde von einem Priester neben
der Kirche geführt. Abends gab es eine Abendmesse, danach gemeinsames
Abendessen mit Tischgebet. Übernachtung, Abendessen und Frühstück gab es gegen
eine Spende. Leider war sie nicht geöffnet und so steuerten wir die nächste an.
Es war die Gemeindeherberge Andres Muñoz. Sie lag neben einer riesengroßen
Kirchenruine und hatte laut meinem Alberguesverzeichnis 54 Betten, Küche,
Kaffee und Getränkeautomat und einen sehr schönen Innenhof, zwei Sonnenterassen
und wurde sehr empfohlen. Nichts wie hinein. Doch oh Schreck, die Heuschrecken
von vorhin standen alle vor uns. Wir sahen schon unsere Hoffnung schwinden noch
ein Bett zu bekommen. Zu unserem Glück holten sie sich nur einen Stempel in
ihrem Credencial und gingen weiter. Wir bekamen unsere Betten und mussten im
Schlafraum feststelle, das alle Betten dreistöckig waren. Eine Zumutung für
jeden älteren Pilger. Eigentlich müsste es so sein, dass die Jüngeren die oberen
Betten bekommen und die Älteren die unteren. Leider ist es aber oft genau
umgekehrt. Die Jüngeren sind dank ihrer Kraft und ihres Alters die ersten,
welche die Albergue erreichen und belegen die unteren Betten. Wenn dann die
Älteren ankommen, sind nur noch die oberen Betten frei. Ich hatte trotzdem
Glück und bekam ein unteres Bett, Helga ging wie jeden Tag freiwillig in das
Obere. Fünfzehn Betten in einem Raum. Mal sehen welche Pilger hier übernachten.
Vielleicht treffen wir Bekannte. Für 6,00 Euro hatten wir ein günstiges
Quartier bekommen. Schnell geduscht, noch war alles frei. Helga legte sich zum
Nachmittagsschlaf nieder. Ich ging in den Ort und sah mir den historischen
Ortskern an. Er war wirklich sehenswert. Ich setzte mich in eine Bar, trank mir
ein kühles Bier und machte mir Notizen vom Tag. Zwei ältere Spanier saßen am
Nachbartisch und diskutierten sehr laut über Gott und die Welt. Ich dachte
zuerst, die schlagen sich die Köpfe ein. Weit gefehlt. So ist das eben hier in
Spanien, alles etwas lauter. Ich denke, leise sprechen haben sie von unseren
Herrgott nicht mitbekommen. Dabei läuft der Fernseher an der Wand, manchmal
sogar zwei mit unterschiedlichen Programmen und zusätzlich spielt die Musikbox.
Wie soll die Lautstärke erst sein, wenn zwei Ehepartner sich streiten? Ich
möchte es nicht mithören. Für mich war es jetzt schon eine Kunst, mich beim
schreiben zu konzentrieren. Zwei Männer spielten schon eine lange Zeit an einem
Geldautomaten. Münze um Münze verschwand darin. Was für eine Geldverschwendung.
Plötzlich ein lautes Klingeln. Sie hatten den Hauptgewinn. Münze um Münze
spuckte der Automat aus. Es wollte kein Ende nehmen. Sie stopften alles in ihre
Hosentaschen und verließen die Bar. Zwei Glückliche mehr in Viana. Das ist
meine Welt für zehn Wochen, welche ich später bestimmt einmal sehr vermissen
werde! Nun bekam ich langsam Hunger und ging zur Albergue zurück. Davor die
Ruine der alten Kathedrale. Ich fragte den Herbergsvater, ob sie abgebrannt und
dann eingestürzt wäre? Er aber meinte, mit dem Bau dieser alten Kirche San
Pedro hatte man im 14. Jahrhundert begonnen und Kopfteil und Portal

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