Wir beide nahmen die Muschel
sehr Preisgünstig. Als wir
reingekommen waren und unsere schweren Rucksäcke absetzten merkten wir, dass
man an der Theke über uns sprach. Beim hinsetzen saß eine alte Frau am
Nebentisch und sah uns freundlich an. Mit Interesse sah sie später zu, als wir
unsere Rucksäcke wieder aufnahmen. Beim rausgehen winkte sie uns freundlich zu.
Weiter ging’s in Richtung Kathedrale. Manchmal sahen wir einen gelben Pfeil,
sehr oft mussten wir Passanten nach dem Weg fragen. Nanu, wer steht denn da vor
uns an der Ampel? Unsere beiden älteren Damen. Sie unterhielten sich mit einem
jüngeren Mann. Letzte Nacht hatten sie mit uns im gleichen Schlafsaal
geschlafen, was für eine Leistung. Seit Saint-Jean-Pied-de-Port hatten wir uns
immer wieder getroffen. Sie waren sehr erfreut uns zu sehen. Sie konnten sich
in der riesengroßen Stadt einfach nicht orientieren. Sie hatten diesen jungen
Mann nach dem Weg gefragt. An der Muschel hatte er sie als Pilger erkannt und
sie schon zwei Kilometer bis hier durch die Stadt geführt. Er verabschiedete
sich nun von ihnen. War das nicht ein lieber Kerl? Wir hätten niemals den Weg
alleine gefunden. Diese Strecke heute war für uns viel zu lang, das können wir
in unserem Alter nicht mehr. Wir gehen hier in die nächste Albergue. Wir nahmen
sie auf unserem weiteren Weg mit. Auch wir beide waren sehr ermüdet. Nur sehr
langsam kamen wir mit ihnen voran. Von weitem sahen wir einen sehr hohen
Kirchturm. Das wird die Kathedrale sei, weit gefehlt, es wäre noch gut einen
Kilometer, erfuhren wir von einem Jugendlichen. Sich nach dem Weg erkundigen
war heute ein Problem. Fast alle die wir fragten waren Touristen und kannten
sich hier auch nicht aus. Unsere Damen wollten sich von uns verabschieden, sie
wollten uns nicht zur Last fallen. Ich wusste, dass die einzige Albergue der
Stadt hinter der Kathedrale war. Wir verringerten noch mehr unser Tempo und sie
gingen weiter mit. Auf dem ganzen Weg durch die Stadt hatte ich nach einer
Touristeninformation Ausschau gehalten aber leider keine gesehen. Plötzlich
standen wir vor der Kathedrale. Welch ein imposantes Bauwerk. Das werden wir
uns morgen in aller Ruhe anschauen, das Allerwichtigste für uns waren vier
Betten in der Herberge zu bekommen. Wir fanden sie nur zweihundert Meter
oberhalb der Kathedrale. Ein fast neues Albergueshotel, unterhalten von der
Stadt Burgos. Das Haus hatte acht Etagen mit zwei Aufzügen. Auf meine Bitten an
der Rezeption bekamen wir alle vier untere Betten. Jede Etage hatte einen
Schlafraum mit 24 Betten. Hinter einer Trennwand Waschbecken und Duschen mit
Seifenspender und ausreichend Toiletten. Alles war vom Feinsten. Wir packten
nur die nötigsten Sachen aus. Eine saubere Hose und unsere Sandalen. Unsere
schmutzigen Schuhe hatten wir wie jeden Tag unten ins Regal gesetzt. Ich stieß
beim aufstehen in meinem Bett an die oberen Stahlfedern und holte mir meine
dritte blutende Schnittwunde. Zum Glück hatte ich genügend Pflaster mit.
Schnell geduscht und runter zur Rezeption. Hier konnten wir nur eine Nacht
bleiben. Wir wollten aber noch zwei Tage uns in Ruhe die Stadt und ihre Museen
anschauen. Wir bekamen einen Stadtplan und die Adresse einer privaten Albergue
eingezeichnet. Ohne meine Partnerin hätte ich diese bestimmt nicht gefunden.
Die Leiterin hat unsere Namen aufgeschrieben und wir könnten kommen. Schnell
noch etwas eingekauft, denn wir mussten unbedingt noch eine Maschine Wäsche
waschen, wir konnten uns bald nicht mehr riechen. In allen Orten stehen
Automaten für die Pilger. Dort bekommt man alles was man benötigt von Getränke
über Süßigkeiten bis Waschmittel. Wir fanden ein Fach mit Waschmittel für eine
Wäsche für 0,50 Euro. Ich erstand in einem Ein-Euro-Laden ein Rechenheft für
meine Berichte, Helga einen Massageschwamm. Zurück war eine Waschmaschine frei,
alle Wäsche rein, 3,00 Euro in den Automaten und ich hatte 52 Minuten Zeit zum
Schreiben. Alles umgepackt in den Trockner und für 2,00 Euro konnte ich nun
meinen Bericht zu Ende schreiben. Ich schrieb mir die Finger wund. Ein Auge auf
mein Schreibheft, eins auf den Trockner. Einige Frauen warteten, dass die
Maschinen endlich für sie frei würden. In einem Süßigkeitswarengeschäft hatte
ich mir eine Tüte gefüllt. Billigware aber süß. Bei jedem neuen Satz griff ich
in die Tüte und holte mir zwei Bonbons raus. Mir gegenüber saßen zwei
französische Pilgerinnen und aßen zu Abend. Jedes Mal wenn ich in meine Tüte
griff schauten sie mich
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