Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Hendrix
Vom Netzwerk:
zurückbekommen!« »Wie
bitte, so etwas verleiht man nicht. Wer so einen langen Pilgerweg ohne Leine
und Wäscheklammern geht, dem ist einfach nicht zu helfen, der soll seine Wäsche
in seinen ausgebreiteten Armen der Sonne so lange entgegen halten, bis sie
trocken ist. Womit hänge ich denn jetzt meine Wäsche auf?« Ich hatte unterwegs
in meinem Unterkunftsverzeichnis nachgesehen, welche Albergue für uns die Beste
wäre. Leider habe ich die Warnung in diesem Buch nicht so ernst genommen. In
meinem Buch stand: Traditionsherberge im ehemaligen Kloster mit 60 Betten, ein
unbedingtes Muss! Keine Küche, keine Heizung, eben eine Traditions-Herberge.
Die Matratzen durchgelegen und schmutzig, Räume muffig und kalt, Schimmel an
den Wänden. Ich denke so schlimm wird es nicht sein. Auch diese Herberge wird
man zum Heiligen Jahr bestimmt renoviert haben. Eine halbe Stunde weiter hätten
wir eine bessere Unterkunft bekommen, aber ich war fix und fertig. Die Aufnahme
im Kloster war freundlich, das war aber auch schon das einzig Positive. Im
Schlafsaal uralte Stockbetten mit total durchgelegenen Matratzen. Zum Teil
Schimmel an den Wänden. Der riesige Schlafsaal war durch die dicken Außenmauern
sehr kalt. Die uralte Dusche hatte nur kaltes Wasser, aber eine
neunhundertjährige Geschichte. Geduscht habe ich mich nur notdürftig. Rasieren
und Zähneputzen ja, aber nicht heute. Meinen Rucksack habe ich schon notdürftig
gepackt, damit ich morgen hier schnell weg bin. Meine Mitpilgerin war auch
unzufrieden, hat mich aber beim Vorpacken ausgelacht. Für sie wäre es bestimmt ein
leichtes gewesen, eine halbe Stunde weiter zu gehen. Sie lag in ihrem
Schlafsack und bibberte vor Kälte. Schnell noch meinen Schlafsack über sie
gelegt und nun kann es losgehen zur Klosterbesichtigung. 900 Jahre steckten
hier in den Mauern. Da kann man nur noch staunen. Vieles ist eingestürzt,
manche alte Gebäudeteile nicht mehr vorhanden. Ich stehe vor dem mit
wunderschönen figürlichen Reliefs verziertem, romanischem Sarkophag des Hl.
Juan de Ortega (1080-1163). Er hatte zunächst hier ein meditatives Leben in der
Einsiedelei geführt. Dann lernte er den Hl. Domingo de la Calzada kennen und
beschloss, sich für den Rest seines Lebens den Pilgern nach Santiago zu widmen.
Er baute ein erstes Pilgerhospiz neben die, in ihren romanischen Teilen
ebenfalls von ihm stammende Kirche. Er erkannte die Schwierigkeiten und die
Gefahr, die diese Berge für die Pilger brachten wo sie häufig schamlos
überfallen und beraubt wurden. Er verbesserte die Pilgerwege und baute stabile
Brücken wie die bei Ages, über die heute noch die Pilger gehen und mächtige wie
die von Nájera, über die der gesamte Verkehr der Stadt rollt. Auch wird sein
Grab häufig von Eheleuten aufgesucht, die noch auf den männlichen Spross
warten. Die Zeit für mich steht still. Ich genieße sie. Eigentlich war es meine
Aufgabe, nach einem Restaurant Ausschau zu halten. Unser Mittagessen war heute
unsere Notration gewesen. Irgendetwas muss man doch hier dem Pilger im Ort zum
Essen anbieten, wenn es kein Restaurant gibt? Ich fand eine Bar und der Wirt
versicherte mir, dass um 19:00 Uhr im Nebenraum etwas zu Essen gäbe, was es
gäbe konnte er nicht sagen. Ich sah mir den Raum an vier kleine Tische mit
Stühle, das soll aber noch ein Kampf geben bei den über hundert Pilgern im
Kloster. Noch war Zeit, ich setzte mich im Gastraum und schrieb an meinem Buch
und habe mir dabei drei Glas köstlichen Vino Tinto getrunken. Zurück im
Kloster, schlief meine Mitpilgerin den Schlaf des Gerechten. »Komm Helga
aufstehen wir haben 18:15 Uhr, in 45 Minuten gibt es in der Bar Abendessen.«
Wir hatten Glück und bekamen einen Platz. Viele Pilger kamen kurz vor sieben
und mussten warten bis das etwas frei wurde. Nun warteten alle auf das
unbekannte Abendessen. Wie waren wir überrascht, als uns mehrere Menüs
angeboten wurden. Ein sehr lustiger Mitpilger, welchen wir in den letzten Tagen
mehrmals auf unserem Weg gesehen hatten, übersetzte uns die Speisekarte. Zwei
sehr vornehme Damen setzte der Wirt an unserem Tisch. Sie passten total nicht
zu uns. Müssen wir jetzt auch auf »Vornehm« umschalten. Wir haben zum Glück
darauf verzichtet. Meine Mitpilgerin war zur Toilettegegangen und ich musste
für uns bestellen. Wenn das nur gut geht! Ich bestellte: Schweinebraten mit
gebratener Blutwurst und Salat. Als zweites Gericht ein Omelette. Nun hatte sie
die Auswahl. Oh mein Gott, hatte sie mir nicht schon

Weitere Kostenlose Bücher