Wir beide nahmen die Muschel
meinte es heute gut mit uns. Jetzt
um 19:00 Uhr waren die Straßen wieder sehr belebt. Wir suchten uns ein sehr
schönes Restaurant aus und bekamen für 9,00 Euro ein Pilgermenü bestehend aus
einer schmackhaften Suppe mit Kartoffeln und weißen Bohnen. Leider gab es nur
einen Teller und nicht, wie es sonst üblich, ist einen ganzen Topf. Als
Hauptgericht einen saftigen Rinderbraten mit Pommes. Wie immer ein Körbchen
Brot, eine Flasche Wein und als Nachtisch Eis. Endlich mal keinen
Karamellpudding. Wir machten einen Ortswechsel. Der Abend war einfach zu schön,
um so früh schon im Bett zu liegen. Die gesamte Straße in der Altstadt war ab
20:00 Uhr für den Autoverkehr gesperrt. Alle Lokale hatten eine Vielzahl Tische
und Stühle nach draußen gestellt. Genau das Richtige für uns. Zuerst einmal
abchecken wo eine bekannte Pilgergruppe sitzt. Sehr schnell hatten wir eine
gefunden und man hörte sie schon von weiten lachen. Wir wurden mit großem Hallo
begrüßt. Ich bestellte mir einen leckeren halben Liter Bier, der muss nicht der
Einzige bleiben. Meine Partnerin trank Orangensaft, frisch in der Maschine
gepresst. So etwas hatte ich noch nicht gesehen. Über einer Presse ist eine
Spirale gefüllt mit Orangen. Wenn der Wirt die Maschine anstellt fällt wie bei
den Lottozahlen eine nach unten und wird ausgepresst. Dies wiederholt sich so
lange bis das Glas voll ist. Hoffentlich sind die Schalen nicht gespritzt. Eine
tolle Technik auf dem Camino. Um uns herum Pilger aus der ganzen Welt. Man hat
sich schon einmal gesehen und mit »Hola« gegrüßt, manche schon mehrere Tage. Es
gibt bei uns nichts Vergleichbares mit dem spanischen »Hola«. Viel kürzer als
das dauernde »buenos días« oder »buen camino«. Mir diesen vier Buchstaben
»Hola« erreicht man in Spanien das Herz eines jeden Menschen, egal wo er
herkommt. Ich denke diese Grußformel benutzt man hier von der Geburt bis zur
Bahre, dabei spielt die Tageszeit keine Rolle. Es passt auch noch tief in der
Nacht. Nur Helga hatte mit all den Sprachen keine Probleme. Sie machte alles
mit ihrer Herzlichkeit. »Helga, woher kam der Pilger mit dem du dich gerade
unterhalten hast?« »Aus Brasilien«. »Was sprach er denn für eine Sprache?« »Das
weiß ich nicht.« »Aber du hast dich doch mit ihm unterhalten und gelacht?« »Ja
und?« So ist sie eben. Manche Worte sind ihr in den Wochen hängen geblieben,
alles andere macht sie mit ihrer Herzlichkeit. Wie oft habe ich sie dafür
beneidet. »Heinz schlafen wir heute an der Kirchenmauer.« Oh mein Gott, es war
so richtig gemütlich und ich hatte nicht mehr auf meine Uhr geschaut. Es war
kurz vor 22:00 Uhr. Schnell gezahlt und ab in die Kiste. Der Wein und das Bier
haben mich müde gemacht. Hoffentlich haben wir eine ruhige Nacht.
Cacabelos — Trabadelo
19 km, 130 m
Anstieg, 60 m Abstieg
Samstag, den
21. Mai 2011
I ch werde
wach und schaue auf meine Uhr, es ist halb sechs und noch stockdunkel. Nicht
ein Mal in der Nacht bin ich wach geworden. Mir war es sehr kalt. Helga hatte
weit die Tür offen gelassen und die Morgenfrische hatte mich geweckt. Da
klappern doch tatsächlich vom Kirchturmdach schon die Störche. Höre ich
richtig? Auch gegenüber vom Dach des Altenheimes wird geklappert. Drei Nester
hatten wir gestern dort gesehen. In einem Nest zwei, im anderen sogar drei
Jungtiere, welche immer wieder ihre Hälse aus den Nest recken. Im dritten Nest
steht ein Storch ohne sich zu bewegen. Er hält Ausschau nach seinem Weibchen.
Er ist bestimmt aus dem fernen Afrika hier hergekommen und seine Partnerin ist
vielleicht schon in einem Suppentopf gelandet. Störche sind etwas herrliches.
Sehr oft sehen wir sie durch die Felder schreiten, auf ihrer Suche nach Mäusen
oder Fröschen. Ein Glück, das ich nicht ein verzauberten Prinz in Froschgestalt
bin. Nun habe ich heute den Tag mit einer Todsünde begonnen. Ich habe meine
Partnerin um 5:45 Uhr geweckt. Als ich das Licht anmachte ein lauter Schrei —
»Heinz!« Damit muss ich leben. Wir haben heute eine lange, steile Wegstrecke zu
bewältigen. Schnell etwas frisch gemacht und im Innenhof bei Lampenlicht
gefrühstückt, mit Kaffee aus dem Automaten und belegten Broten. Sehr ungern
sind wir losgezogen. Hier hatte einfach alles gestimmt. Ein wunderschöner Ort,
eine sehr einfache, aber für uns mit einer der schönsten Herbergen am Camino.
Wir hatten uns in den wenigen Stunden hier sehr wohl gefühlt. Aber der Weg geht
weiter, noch 200 km bis Santiago. Auf den
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