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Wir hatten mal ein Kind

Wir hatten mal ein Kind

Titel: Wir hatten mal ein Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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bis er zurückschaut. Aus der Ferne kann man oft besser sehen, als aus der Nähe. Jawohl, nun ist es richtig.
    Na ja, brummt der Vater, der schon mittags herauskommt, ich sehe, du hast den Pflug enger gestellt. Das hättest du gerne eine halbe Stunde früher tun können. Aber er ist nicht unzufrieden, das merkt Johannes doch.
    Und am Freitag abend, am Abend vor seiner Abreise, da ist die Mutter ganz aus dem Häuschen: sie hat gemerkt, sie hat bei ihren Einkäufen in Stralsund die Strümpfe vergessen: Warum hast du aber auch die Strümpfe noch verkauft?! Strümpfe hätten deinen Rucksack auch nicht schwerer gemacht, Hannes!
    Also, Vater und Sohn sind noch einmal hinausgegangen.
    Der Vater hat etwas gemurmelt vom Weizen, mal nachsehen, ob der schon aufläuft, aber dafür war es natürlich schon viel zu dunkel.
    Es wäre ein Wunder, sagt der Vater, wenn du es nicht lerntest. Denn du mußt es im Blut haben und du hast auch den Kopf zum Nachdenken. Der Max hat ihn nicht, der wird immer ein Flickschuster bleiben.
    Max denkt auch nach, widerspricht Johannes.
    Das erzählt er dir, sagt der Vater heftig, aber er hört nur auf das, was die Leute schnacken. Da willst du Kartoffeln hinbringen, sagen sie ihm, da sind doch erst vor zwei Jahren Kartoffeln gewesen. Warum macht ihr das, das gibt doch keinen Ertrag. Er ist dumm genug, er glaubt es ihnen. Er ist noch viel dümmer, er erzählt es mir. Es gibt schon einen Ertrag, aber das ist nicht einmal so wichtig, wichtig ist, daß wir dort endlich einmal das Unkraut wegkriegen. Und das kriegen wir nicht mit Getreide weg, das kriegen wir nur mit Hackfrucht fort.
    |306| Man müßte ihm vielleicht mehr sagen, meint der Sohn vorsichtig. Sagen, sagen, brummt der Alte. Ich sage ihm genug, viel zuviel. Aber er glaubt mir nicht. Und warum glaubt er es mir nicht? Weil er bei dem Stavenhagen, dem alten, glatten Betrüger sitzt, und da muß der alte Gäntschow natürlich alles falsch machen, damit der junge Gäntschow bald den Hof kriegt und das Mädel mit den Bälgern aus dem Haus und auf den Hof kommt.
    Der Sohn schweigt.
    Hat er dir davon erzählt, Hannes? fragt der Vater heftig.
    Ja, sagt der Sohn.
    Hat er dir von seinen Kindern erzählt? fragt der Alte.
    Ja, sagt der Sohn wieder.
    Hast du sie etwa angesehen?
    Nein, ich gehe nicht zu Stavenhagen, sagt der Sohn, und denkt flüchtig an die Zeiten vom Bullenberger, als er mit Christiane einmal dort Lebensmittel kaufte.
    Hast du etwa auch Kinder? fragt der Alte, immer noch wütend.
    Nein, nein, sagt der Sohn.
    Siehst du! sagt der Vater. Aber ich hab sie mir angesehen. Hatte was läuten gehört. Bin hingegangen, trotzdem ich sonst auch nicht zu Stavenhagen gehe. Na, zeigen Sie mir mal die Kinder, Großvater, habe ich zu Stavenhagen gesagt. Der ganze Laden stand voll. Was für Kinder? fragt der noch ganz dämlich. Wenn Sie mehr haben, habe ich gesagt, ich weiß ja nicht. Ich meine die, für die mein Max zeichnet. Die Leute zuckten und grienten. Er will mich ja aus dem Laden haben, lotst mich in seine feine Stube, tut schon wieder freundlich, ich soll einen Likör trinken, bis die Lene mit den Kindern kommt. Meinetwegen brauchen die Kinder nicht zurechtgemacht zu werden, sage ich. Ich hab elf gehabt und weiß, wie vollgemachte Windeln riechen. Und Likör ist schon viel zuviel getrunken worden in dieser Stube. Namentlich auch von Ihrer Lene. Nun, er hatte genug von mir, mußte in den Laden, und nach einer Weile kam denn auch |307| die Lene mit den Kindern. Weiß und rot, ein hübsches Mädchen auf und ab, und hübsche Kinder auch. Ich sag’s ihr, sie läuft richtig rot vor Freude an, dachte wohl schon, ich nehme sie mit Hurra gleich mit auf den Hof. Wirklich ein hübsches, starkes Kind, sage ich noch mal. Aber wieso ist es eigentlich schwarz, wo du braun bist und der Max ist blond, Lene? Sie weiß es auch nicht, sagt sie ganz verwirrt. Da muß sie mal die Leute fragen, sage ich ihr, die wissen’s. Die können’s ihr erzählen, wenn sie’s nicht mehr weiß. Das ist der schwarze Monteur von der Überlandzentrale vor drei Jahren gewesen, der hier bei der Starkstromleitung mitgearbeitet hat. Seinen ganzen Wochenlohn hat er jedesmal hier in dieser Stube vertrunken. Und wenn er zu voll war, heimzufahren, hat er gleich hier auf dem Sofa gepennt. Ob sie davon nichts mehr weiß? – Nun, nun, nun, die Lene ist schon nicht so schlecht. Sie ist weiß geworden wie ein Tuch. Sie hat mich nur angesehen. Die Lene ist schon in Ordnung, die muß es machen für

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