Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir hatten mal ein Kind

Wir hatten mal ein Kind

Titel: Wir hatten mal ein Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
Vom Netzwerk:
Futterkiste und sieht schweigend beim Anschirren zu. Johannes schweigt auch. Anschirren kann er jedenfalls.
    So geht es schweigend aufs Feld hinaus. Zum Roggenschlag, hat der Vater nur gesagt. Der eine kann schweigen und der andere kann warten. Die Roggenstoppel ist gleich nach der Ernte geschält worden. Später ist Mist daraufgefahren.
    Was ist hier passiert? fragt der Bauer.
    |303| Mist gefahren für Kartoffeln, sagt der Sohn.
    Stell den Pflug ein, sagt der Alte, daß der Mist aber gut unterkommt.
    Der Pflug ist schon mit der letzten Dungfuhre herausgekommen. Er steht da, schief in seinem Vorderkarren hängend. Der Sohn betrachtet ihn prüfend. Natürlich hat er zehntausendmal pflügen sehen, aber als er aus der Landwirtschaft verbannt wurde, war er immerhin erst elf Jahre alt. Noch zu schwach, einen Pflug zu führen. Außerdem gab es damals auf dem Hof noch nicht diese neumodischen Sackschen Eisenpflüge.
    Na? sagt der Vater etwas spöttisch.
    Der Sohn beschließt, erst einmal etwas zu tun, und hängt die Pferde vorn an den Pflug. Das kann nie falsch sein.
    Und nun? fragt der Vater noch spöttischer.
    Der Sohn ist immerhin drei Jahre Maschinenschlosser gewesen. Er betrachtet nachdenklich den Pflug. Das hintere Pflugeisen stürzt den Boden um, das vordere nimmt den Mist fort, und das Messer, Sech heißt das, schneidet die Erde auf. Dann sind noch zwei Ketten da. Die Pflugsäule kann auch verstellt werden. Es scheint ihm alles klar.
    Ich müßte es erst einmal versuchen, Vater, wie der Pflug jetzt geht. Mit dem Einstellen werde ich schon zurechtkommen.
    Gib her, sagt der Vater plötzlich, aber nicht böse, erst einmal mußt du das Feld anpflügen, in Beete teilen. Du müßtest es dir abschreiten und ausrechnen. Ich kenne meinen Acker. Komm, Rappe, Hottewech, Brauner.
    Der Vater hat den Pflug aufgestellt, die Pferde legen sich mit gesenkten Köpfen in das Sielengeschirr, mit einem leichten Schwanken setzt sich der Pflug in Gang, der mit Mist bedeckte Boden klappt um, und die braune, fettglänzende Erde wird vom Streichbrett bloßgelegt.
    Guter Boden, brummt der Vater, hier können nächstes Jahr Kartoffeln wachsen.
    Dann sind sie am andern Ende des Feldes angelangt. Sieh |304| dich um, befiehlt der Vater. Der Sohn tut es: schnurgerade, ohne eine Schwankung ist eine Furche über den ganzen Schlag gezogen. So! sagt der Vater, so hat es auszusehen. Wenn du es erst so kannst, bist du was. Erzähle den Leuten bloß nicht, daß du von einem Bauernhof kommst, das glaubt dir doch keiner. Noch nie einen Pflug in der Hand gehabt! Zu glauben ist es nicht.
    Der Vater pflügt achtsam wieder zurück.
    Jetzt pflügst du weiter, sagt er dann, immer auf dies Beet. Das nennt man zusammenpflügen. Wenn du zwei Beete hast, kommt das Auseinanderpflügen heran, verstehst du das?
    Der Sohn sieht den Vater stumm an.
    Na ja, sagt der, ich komme dann heute abend wieder heraus. Halte den Rappen zurück und treib den Braunen an. Der möchte den Rappen immer alle Arbeit allein tun lassen. Also los! Er geht und ist schon wieder bei ihm. Das Gut liegt in Hinterpommern, ist eine Domäne. Klein-Kirschbaum heißt sie.
    Und geht endgültig. Der Sohn führt nun den Pflug. Er versteht alles, etwas wie Rührung überkommt ihn. Der Vater hat gar nicht gebrummt und getrotzt. Er hat in diesen Wochen für seinen Sohn eine Lehrstelle gesucht. Und nun, da er sie hat, überkommt ihn Angst. Er ist doch stolz auf den Sohn. Die sollen doch da nicht über ihn lachen. Was er in zwanzig Jahren nicht gelernt hat, soll er in den fünf Tagen vor seiner Abreise noch lernen. Pflügen, mit Pferden umgehen, womöglich die ganze Landwirtschaft!
    Die Pferde ziehen schön gleichmäßig. Der Braune braucht ab und zu einen Anruf, man muß nur aufpassen, daß er in seiner Furche bleibt. Das ist kein Kunststück, dieses Pflügen, die Pferde kennen ihre Arbeit. Die Pflugfurche ist vorgezogen. Als er zurückblickt, sieht alles gut und gleichmäßig aus.
    Eine Stunde später merkt er, daß die Pferde naß werden, die Furchen liegen etwas weit auseinander. Er steht und denkt nach. Der Pflug nimmt etwas zu viel, der Streifen ist zu breit, die Erde fällt auch nicht gleichmäßig, sondern da |305| ist immer ein Damm und ein Tal, aus dem der strohige Dung hervorsieht. Er probiert herum an dem Pflug, entdeckt an der Kette ein Gewinde. Gut!
    Er verstellt den Pflug, kehrt ein und pflügt wieder los. Es scheint ihm, daß es jetzt richtiger ist. Aber er muß bis zum Ende der Furche warten,

Weitere Kostenlose Bücher