Wir hatten mal ein Kind
Lächeln. Man könnte schon die Zukunft dahinter grinsen sehen. Dann setzt er sich hin und schreibt ihr einen neuen Brief, von seinen einsamen Stunden in der Meierei, und welch ein Trost die schöne, dunkle Meieristin Jagusch für ihn gewesen ist. Und während er davon schreibt, wird ihm erst recht klar, wie sehr dies stille Handwerken des schönen Mädchens ihm jene Stunden erleichtert hat.
Elise liest den Brief. Sie weint, dann schreibt sie ihre Antwort. Siehe, es ist jetzt vierzehn Tage vor Ostern, die Hochzeit ist nahe, und plötzlich ist sie klarsehend geworden. Es ist, als ob sie alles schon immer gewußt hätte. Sie paßten nicht zueinander, schreibt sie, sie sei auch zu töricht für ihn, was sie denn eigentlich aneinander bände? Wenn sie auch jetzt ihrer Liebe sicher sei, sie hätte ja gesehen, daß jede Liebe in der Ehe schwinde. Und seiner Liebe sei sie nun schon gar nicht sicher. Um es ganz genau zu sagen, sie habe einfach Angst vor dem, was mit ihr und aus ihr werden könne, und sie bäte ihren lieben, guten Hans, ihr nicht böse zu sein und sie freizugeben.
Dann sendet sie den Brief ab und wartet, viel weinend, auf Antwort. Sie hat ihr Schicksal entschieden, sie leidet sehr. |344| Mit niemandem spricht sie von diesem Brief, die bereiten immer weiter die Hochzeit vor, die lächeln immer, wenn sie mit der glücklichen Braut sprechen. Der neue Lehrer (diesmal ein Lehrer) kommt an und wird von ihr ins Amt eingeführt. Sie wartet mit versagendem Herzen. Er hätte längst schreiben können, aber noch ist kein Brief gekommen. Doch schreibt er nie pünktlich. Und sie malt ihn sich aus, wie er da in seinem einsamen Schadeleben um einen Entschluß kämpft, wie auch er Mühe hat, seine Liebe zu ihr auszurotten.
Und dann kommt zwei Tage vor der Hochzeit sein Brief. So und so, habe deinen Brief erhalten. Die Möbel aus Stettin sind angekommen. Die Flachköpfe haben natürlich poliert, statt anpoliert. Hast du diesen Mist angerichtet? Habe versucht, ein Maultier aus dem Stall zu reiten. Sechs Mann hielten die Bestie, die wie rasend um sich schlug und biß, während ich aufstieg. Erst ging es über die Hofpumpe weg, dann in rasender Karriere – plautz! – gegen die Stallwand. Das Maultier und ich haben eine halbe Stunde besinnungslos dagelegen. Ich komme als ein geschundener Raubritter zur Hochzeit. Was übrigens deinen Vorschlag, nicht zu heiraten, angeht, so habe ich mich in sechs kummervollen Jahren allmählich an den Gedanken gewöhnt. Ich konnte in der Eile keine andere Braut mehr auftreiben und komme also, wie ausgemacht, am Sonnabend. Herzlichst Dein Hans.
Sie saß da über diesem Brief. Die ersten heimgekehrten Stare tschilpten. Sie hörte das. Dieser Bengel, dieser verrückte Bengel! Auf einem Maultier reiten! Über die Hofpumpe gegen die Scheunenwand. Es war die höchste Zeit, daß sich jemand mal ein bißchen um ihn kümmerte. Er richtete sich ja zugrunde.
Sie ging strahlend zur Hochzeit.
Er strahlte weniger. Auf seinen Handflächen war nur noch ein bißchen Haut und seine Nase steckte in einem Verband. Seine Stirn war blutig geschunden.
Sie sehen wirklich aus, lieber Schwiegersohn, sagte Frau verwitwete Lehrer Schütt lächelnd zu ihm, als hätten Sie |345| noch schnell vor der Hochzeit einen Selbstmordversuch gemacht.
Jawohl, sagte er. Wissen Sie übrigens, daß ich in unser Gastzimmer ein Klo habe einbauen lassen?
Ein Klo, warum?
Damit wir eben ein Klo und kein Gastzimmer haben. Guten Morgen.
Jawohl. Elise war strahlend in ihrer Pracht, fast übermütig. Mit den schönsten, seligsten Glücksperlen in ihren Augen. Mit einem warmen, läutenden Ja durch die ganze Kirche. Er war brummig, grob, gereizt, wütend und menschenfresserisch. Sein Ja klang wie ein erschreckendes Hoho.
Es waren große Festivitäten vorgesehen. Die ganze Verwandtschaft der Braut war da, von seiner aber keiner. Denn er hatte seinen Leuten den Tag der Hochzeit gar nicht erst mitgeteilt. Alle Bauern aus Klein-Kirschbaum, Eltern der Schulkinder, waren geladen. Die Beamten der Domäne. Herr Domänenrat selbst, der sich für den feuchtfröhlichen Teil eine Rede einstudiert hatte, in der eine Parallele zwischen dem lecken Dach und der Braut eine große Rolle spielte.
Wie zu einem Schlachtefest, murrte Gäntschow, diese Menschen sind das Roheste von der Welt, und ich bin die Sau, die hier abgekehlt wird. Mitten in der Rede von Herrn Schulrat zerrte er die junge Frau hoch. Im Eiltempo hinter verschlossene Türen, gegen die von
Weitere Kostenlose Bücher