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Wir hatten mal ein Kind

Wir hatten mal ein Kind

Titel: Wir hatten mal ein Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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sagt Frau Haase. Mir kommt es doch wahr und wahrhaftig nicht auf vierundzwanzig Stunden oder auch nicht auf vierundzwanzig Tage an. Aber Sie wissen ja selbst, wie knapp die Pension für viere reicht. Und wenn mein Haase nicht bald mit einer Portion Fische kommt, so haben wir heute mittag eben nur die grünen Bohnen mit ein bißchen Speck. Und Speck ist eigentlich auch schon zu viel gesagt. Denn viel mehr als eine Schwarte ist es nicht. Und wenn die Männer es abkönnen und ich es abkann, Sie mit dem Wurm im Bauch können es nicht ab – und daran sollten Sie auch ein bißchen denken, Frau Gäntschow.
    Als wenn ich nicht den ganzen Tag daran dächte, sagte |502| Christiane, und die halbe Nacht noch dazu. Aber es soll von morgen ab auch bestimmt anders werden. Und alle Männerdummheiten will ich auch nicht mehr mitmachen. – Aber jetzt haben wir wohl genug Bohnen geschnitzelt, für mit und ohne Fisch, und so will ich denn meinen Uferweg entlangzotteln und sehen, ob ich einen von unsern Männern zu sehen bekomme. Guten Tag, Frau Haase. Es geht doch einmal nichts über ein vernünftiges Frauengespräch.
    Und damit ging Christiane los.
    Sie bekam aber keinen von den Männern zu sehen, denn die saßen zu der Stunde beisammen in der Sandgrube, und der Förster mit seinem haarigen Hund Rautendelein, der gottlob aber nur Raut gerufen wurde, saß auch noch dabei.
    Ich traue mich ja nun heute wieder einmal wahrhaftig nicht nach Haus, sagte der pensionierte Telegrafenbauoberinspektor Haase und schnüffelte kummervoll durch seine Nase. Daß ich keine Fische mit nach Haus bringe, das Lamento darüber bin ich ja nun schon gewöhnt und kann es ertragen. Aber daß ich nun auch noch die Angelrute mit dem ganzen Darrzeug verloren habe und daß ich überhaupt nicht mehr angeln gehen kann, das wird ja nun wieder solch ein Geschrei und Geballer geben, daß ich lieber sofort mit dem Tode abginge, als das Zeug zum tausendsten Male in all seinen Stadien bis zur Versöhnung anzuhören.
    Kauf dir doch neues Angelzeug, Gottlieb, schlug der Förster Hundertmark vor. Und kauf dir gleich zwei ausgewachsene doppelschlächtige Hechte dazu. Dann hast du deine Ruhe. Ich habe übrigens grade die Hechte, die du brauchst, in meinem Fischkasten.
    Kaufen – sagte der Oberinspektor Haase noch viel betrübter, ja, wenn hier unser Rittergutsbesitzer, Herr Gäntschow, ein klein wenig flüssiger wäre – ist es denn gar nicht zu machen, Herr Gäntschow? Etwa zwei bis drei Mark? Kommen Sie her, seien Sie ein Kerl.
    Gäntschow lag noch immer faul ausgestreckt und blinzelte nach den beiden durch die heiße Sonne.
    |503| Ich will morgen auf meinen Hof nach Fiddichow fahren und Geld holen, sagte er. Aber ich brauche erst einmal Reisegeld.
    Es ist gar nicht zu sagen, ein wie langes, gedrücktes Schweigen nach diesen Worten entstand. Dann aber machte der pensionierte Telegrafenbauoberinspektor einige Ansätze zum Reden, er räusperte sich, krächzte, seufzte …
    Nein, nein, Gottlieb, sagte der Förster Hundertmark hastig, mein Graf ist auch schon seit drei Monaten mit meinem Gehalt rückständig. Und wenn deine Frau keift, so heult meine ewig – und was da besser ist, das will ich nicht entscheiden. – Was tut eigentlich Ihre Frau, Herr Gäntschow?
    Aber Gäntschow antwortete nicht. Er hatte sich auf den Bauch gewälzt und biß gedankenvoll in einen Grashalm hinein.
    Und wo Ihre Frau auch noch ein Kleines erwartet! sagte Haase sehr kummervoll.
    Vom Walde her drang der Ruf eines Eichelhähers: Rätsch-Rätsch-Miäh!, als wollte er die Männer verhöhnen. Der Förster rückte hin und her, rief seinen Raut-Hund und wollte hoch.
    Bleiben Sie sitzen, Mann, rief Gäntschow. Ich habe vielleicht eine Idee.
    Der Förster brummte etwas, blieb aber sitzen.
    Wieviel Hechte haben Sie in Ihrem Fischkasten, Hundertmark? fragte Gäntschow.
    Na, Stücker zehne, zwölfe werden es sein, sagte der Förster zögernd.
    Und was kostet das Pfund?
    Fünfzig Pfennig, sagte der Förster, aber es kauft jetzt keiner welche. Die Sommergäste in Tütz stoßen sich immer an den Gräten.
    Und gibt es sonst noch Wild? fragte Gäntschow.
    Was soll es denn jetzt für Wild geben, Herr Gäntschow? fragte der Förster vorwurfsvoll. Die Böcke sind noch nicht auf. Und mit den Rebhühnern ist es auch nicht anders. Nein, |504| es ist nichts, und es wird nichts. Und wie Sie morgen nach Ihrem Fiddichow kommen, das will ich mir heute nacht einmal träumen lassen. Zwei Hechte schenke ich dir aber gerne,

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