Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir hatten mal ein Kind

Wir hatten mal ein Kind

Titel: Wir hatten mal ein Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
Vom Netzwerk:
Krickelkrakel als über das Kind!
    Natürlich freute er sich über das Kind. Aber daß sie nicht sehen konnte, was vor Augen war –! Der Stein war eine Botschaft gewesen, nicht umsonst war er immer wieder über ihn gestolpert. Er hatte vielleicht seit Jahrtausenden gelegen und auf ihn gewartet!
    Nein, er legte den Stein wieder fort. Er lachte sogar mit ihr mit. Plötzlich, in einer kristallklaren Sekunde begriff er, daß es ein Gesetz geben müsse, mit Nichtauserwählten nicht von diesen Dingen zu reden. Er war berufen, und sie war nicht berufen, so war es.
    Da geht er dahin durch den Wald. Er hat im Traum eine Sandgrube gesehen, die sucht er nun. Dort wird wieder eine Botschaft für ihn liegen. Es gab schon mehrere solcher Botschaften. Immer tiefer dringt er in eine geheimnisvolle Welt ein. Im Grunde hat er eine Niederlage erlitten. Es erweist sich noch einmal, daß er auch mit dem liebsten Menschen nicht leben kann. Aber er hat doch keine Niederlage erlitten –?!
    Die Menschen sind es, die wieder einmal verloren haben. Nicht umsonst hat er ihnen von Jugend auf mißtraut.
    Da geht er dahin durch den Wald, er ist groß und stark, er hat ein festes Gesicht, gut anzuschauen, mit starken, kühnen Augen. Aber etwas in ihm ist verkorkst, er strahlt gradezu vor Stolz und Menschenverachtung. Er ist die Schlußsumme einer unendlichen Kette von Gäntschows, in ihnen, mit ihnen hat er alle erdenklichen menschlichen Schwächen und Narrheiten erlebt. Nun ist es Schluß damit. Er ist ein Gletscher, ist ein |498| ganzer Berg voller Gletscher, ein Eisberg. Er hat die herrlichste Frau von der Welt, sie erwarten ein Kind – siehe da, er ist doch nicht die Schlußsumme, es geht weiter hinter ihm – aber wie soll es eigentlich hinter ihm weitergehen?
    Dicht bei dem Haaseschen Wohnhaus geht ein Uferweg am See. Das Menschenverlorenste an Weg, das man sich erträumen kann. Christiane geht da gerne. Er könnte da jetzt mit Christiane gehen, die er ein Leben lang geliebt hat, unter den uralten, knorrigen Föhren, auf dem Weg, der so glatt ist von rotbraunen Nadeln … Nichts da, er geht nach einer Sandgrube, von der er geträumt hat.
    Nach einer Weile kommt er an der Försterei vorbei. Der Förster ist auf dem Hofe zugange. Er ruft dem Wanderer etwas zu, aber der hat jetzt keine Zeit, er winkt bloß mit der Hand eilig ab und geht weiter.
    Der Weg steigt etwas. Hier stehen Kiefern im Sand. Dann senkt sich der Weg, und er sieht die gelbweiße Wand der Sandgrube. Sofort weiß er, das ist nicht die Sandgrube, von der er geträumt hat. An dieser stehen Birken, an jener Wacholder und eine Krüppelkiefer. Er setzt sich hin. Er weiß zwar bestimmt, daß er seine Sandgrube schon finden wird, aber enttäuscht ist er doch. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, daß er morgen nach Fiddichow fahren wird. Vorhin, als Christiane den Brief von Herrn Wendland in der Hand hielt, fiel ihm ein, auf dem Bullenberge gab es auch so eine Grube. Er ist lange nicht da gewesen. Er hat keine Ahnung, wie sie heute aussieht. Aber es ist schon möglich, daß sie es ist. Alles hängt zusammen: der Brief von Stupps, sein Versprechen an Tia, der Geldmangel, die Reise.
    Er sitzt in der Sonne da und döst. Die Spannung, in der er hierher lief, hat etwas nachgelassen. Er ist ein klein wenig leer und hohl. Es wäre schon richtig, wenn er einmal nach dem Hof sähe. Mit rechten Dingen geht es nicht zu, daß er nie mehr Antwort bekommt. Als er vor einem halben Jahr mit Christiane auf Reisen ging, hat er schriftlich einen jungen Verwalter eingesetzt, ihm gewisse Vollmachten gegeben. |499| Zuerst hat der Rest des Sparkassenbuches vorgehalten, dann hat er den Auftrag gegeben, daß dies und jenes zu verkaufen sei: zwei Kühe, die fetten Schweine.
    Zweimal hat er noch Geld bekommen, seitdem nichts. Seit Wochen nicht einmal eine Antwort. Er hat kaum einen Zweifel, daß Elise dahintersteckt. Nun gut. Morgen abend wird er Bescheid wissen.
    Mittlerweile wüßte er gerne, wo er das Reisegeld herkriegen soll. Er hat nichts mehr. Er hat nicht einmal Geld für das bißchen Tabak. Christiane hat natürlich Geld, Christiane kann auch jederzeit Geld bekommen, aber das kommt nicht in Frage. Nein, das Geld käme nicht von Herrn Wendland. Christiane hatte natürlich ein Erbteil, aber doch: für Christiane hat er die Sorge übernommen.
    Er liegt da in der Sonne. Er ist ein rechtes Männermuster. Man muß schon eine Elise sein, um es nicht zu sehen. Christiane ist keine Elise.
    Jawohl, er hat

Weitere Kostenlose Bücher