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Wir hatten mal ein Kind

Wir hatten mal ein Kind

Titel: Wir hatten mal ein Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Mädchen angenommen, Frauen also, mit langen Haaren. Sie liefen da herum und taten gewaltig beschäftigt, und immerzu tratschten sie – aber es klappte nichts. Das Essen schmeckte schlecht und war unpünktlich, die Zimmer waren nicht aufgeräumt. Sie vergaßen alles, was man ihnen sagte, und das elendeste von allem: sobald diese Weiberröcke rauschten, hoben die Kerls die Nasen und schnüffelten.
    Er hätte irgendeine Haushälterin nehmen müssen, ein altes Reibeisen, mit Haaren auf den Zähnen – aber wozu in aller Welt! Vielleicht konnte man auch irgendwann abends, wenn man beim kleinen Teich im Grugenstuhl saß und so wohlig |551| müde war von einer guten Arbeit – man konnte dann vielleicht auch einmal an Christiane denken – aber was in aller Welt sollte
sie
in diesem Betriebe? Sie hätte noch ein Mädchen für sich gebraucht. Schöne Möbel, saubere, helle Zimmer, klares Porzellan, Silber, gute, reine, ausgewählte Speisen. Man hätte täglich den Hof für sie fegen müssen, und womöglich hätte sie Pferde zum Ausfahren gebraucht, Pferde, die auf dem Acker brandnötig waren.
    Man kann nur eines recht tun, nicht zweierlei. Frauen sind eine Ablenkung, gewiß, sie sind gut, wenn man Zeit für sie hat, irgendeine Luxussache, für nichtstuende Städter. Aber er war ein Bauer, er mußte jetzt Roggen und Weizen säen, zum Weizen mußte Stalldung da sein. Auf dem Hof aber gab es keinen. Den Leuten auf Fiddichow kaufte er nichts ab – er setzte sich auf die Bahn und fuhr nach Stralsund. Soundsoviel Waggons Schlachthofdünger, Tiefstallmist, bitte!
    Den Mädchen kündigte er am Fünfzehnten. Aus Stettin verschrieb er sich einen Schiffskoch. Dazu machte ein fünfzehnjähriger Bengel die Zimmer rein – wie das klappte! Wie das Essen schmeckte!
    Sie saßen alle zusammen in der Leutestube. Sollte er sich etwa extra servieren lassen, auf einem einsamen Thron, König auf hundertachtzig Morgen?! Es war Bauernart, mit den Leuten zu essen. Ohne Zeitversäumnis konnte die Wirtschaft durchgesprochen, Faule vor versammelter Mannschaft gehechelt werden – welch ein Schiff in voller Fahrt, was für eine Besatzung! Er war der Kapitän, Haase der Steuermann. Und da saßen sie alle um den langen, weißgescheuerten Tisch, um die Back, bis zum jüngsten Schiffsjungen Emil, der Kajüte und Mannschaftslogis in Ordnung hielt! Lange Geschichte mit Waschtischen? Wir waschen uns alle unter der Pumpe! Was essen wir morgen? Lange Disputationen – Labskaus, Erbsen mit Schweinsfüßen, Rumfutsch!
    Bei den Frauen hatte es immer geheißen: das geht nicht und das macht zuviel Arbeit. Jetzt saßen sie alle zusammen widerspruchslos nach Feierabend und schälten gemeinsam |552| die Kartoffeln für den nächsten Tag. Für die Weiber hätte mal einer so etwas von ihnen verlangen sollen! Kapitän Gäntschow saß dabei, schmökte die Pfeife und las Zeitung. Da die Frauen vom Hof waren, gab es auch keinen Streit mehr unter den Männern. War etwas los in Kirchdorf oder Rieck, so gingen sie alle gemeinsam los und hielten zusammen. Der Kapitän und der Steuermann hüteten unterdes Haus und Hof, besorgten das Vieh.
    Die Gäntschower kommen! hieß es in den Gastwirtschaften. Es hatte sich von selbst gegeben. Sie trugen auch ihre besondere Tracht. Extra machten sie sich kenntlich vor den Leuten! Das war daher gekommen, daß man sie zuerst aufgezogen hatte mit ihrem verrückten Chef und seinen Weibergeschichten, der ausgebimsten Gräfin, die auch schon wieder verflossen war. Die Leute hatten allerlei zu hören bekommen. Es hatte Schlägereien gegeben, wüstes Getümmel, nicht Freund, nicht Feind mehr zu erkennen – sie hatten mit ihrem Kapitän darüber gesprochen.
    Tüchtig, tüchtig, hatte der gesagt. Und zum nächsten Ausgang hatte jeder eine blaue Marinehose, vorne mit einem Latz zu knöpfen, was Herrliches für jüngere Mannsleute, eine rote Schärpe um den Bauch, einen Hamburger Zimmermannshut, ein Jackett aus grauem Manchester. Die reine Maskerade. Sie grinsten sich an vor den Spiegeln. Sie freuten sich direkt auf die Gesichter der Leute.
    Die bekamen sie denn ja auch richtig, tüchtig zu sehen, als sie anmarschierten im Tanzsaal. Acht Mann hoch. Der dicke Schiffskoch Ziegenspeck an der Spitze. Der spacke, blasse Emil am Schluß. Was für ein Hallo! Was für Gesichter!
    Aber bei den Gesichtern blieb es nun auch. Mit denen hatte es sein Bewenden. Denn wenn jetzt einer von den achten fragte: Willst du etwas? – so fragten es sieben hinterher. Nichts

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