Wir in drei Worten
wiedersehen! –, andererseits deprimiert es mich, dass sein Leben so wunderbar und voll Freude ist und meines nicht.
Eine Stunde nach meiner Heimkehr, als das festgefrorene Grinsen auf meinem Gesicht verschwunden ist und ich vor dem alten Fernseher im Gästezimmer sitze, beginnen die Tränen zu fließen. Sobald der Damm gebrochen ist, strömt eine gewaltige Flut hervor. Verheiratet. Glücklich. Olivia. Und was bitte ist eigentlich ein edler Shepherd’s Pie?
Ich fühle mich, als wäre ich aus einem zehnjährigen Koma erwacht und als hätte eines meiner Lieblingslieder mich ins Leben zurückkatapultiert. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob mir die Zukunftsaussichten gefallen. Das Treffen mit Ben lässt sich sehr gut mit dem Wort bittersüß beschreiben.
Dann tauchen in den Tränen, dem Rotz und dem inneren Aufruhr zwei Fragen auf: Wie werde ich mich fühlen, wenn er nicht anruft? Und kann etwas Gutes dabei herauskommen, wenn er es tatsächlich tut?
[home]
11
I ch bitte Rhys nicht, mir für den Umzug den Wagen zu leihen, denn ich weiß, dass er das Auto braucht, um am Tag meines Auszugs so weit weg von zu Hause zu sein wie nur möglich.
Vorgestern Abend kam ich, in ein Handtuch gewickelt und mit einem weiteren um den Kopf geschlungen, aus der Dusche. Ich beeilte mich, denn es schien mir unangebracht, nach der Trennung zu viel Haut zur Schau zu stellen. Rhys stürmte die Treppe hinauf. Ich dachte, er würde sich an mir vorbeischieben oder sich über den rücksichtslosen Verbrauch von heißem Wasser beschweren, doch er blieb vor mir stehen und sah mich direkt an. Seine Augen waren unerwartet feucht.
»Bleib«, sagte er mit erstickter Stimme.
Ich dachte, ich hätte mich verhört, aber dann drang die Bedeutung zu mir durch. »Ich kann nicht«, stieß ich hervor.
Er nickte, weder zornig noch verbittert. Er sprang die Treppe wieder hinunter und ließ mich zitternd auf dem Treppenabsatz stehen.
Wie sich herausstellt, stürzen die Konsequenzen einer weitreichenden Entscheidung nicht alle auf einmal auf einen herab, so als würde man einen vollgestopften Schrank öffnen; sie überrollen dich vielmehr wellenförmig.
Als ich Caroline erzähle, dass ich mir einen Möbelwagen mieten werde, will sie wissen, was genau ich mitnehme, und beschließt, dass wir das mit mehreren Fahrten in ihrem Wagen hinkriegen. Sie kommt Samstag früh, und ich stehe schon leicht schwitzend im Flur, den ich mit all meinen tragbaren Besitztümern vollgestellt habe. Ein bisschen fühlt es sich an wie damals, als ich zum Studium aufgebrochen bin, nur war ich da voll hoffnungsfroher Erwartung, während mich jetzt Niedergeschlagenheit und Verzweiflung durchfluten.
Rhys ist auf Mindys Plan für die Möbel angesprungen. Ich konnte an seiner Miene sehen, welche Gedanken ihm durch den Kopf schossen: »Ich werde einen Teufel tun und ihr das Leben leichter machen«, gefolgt von der Vorstellung, einen dieser sperrigen, pritschenwagenartigen Einkaufswagen durch Ikea zu schieben. Schließlich erklärte er sich knurrend einverstanden. Also geht es nur um Kleidung, Bücher, DVDs, eine überraschende Menge an Toilettenartikeln aus dem Badezimmer und schließlich den »Kleinkram«, der sich nach dem wenigsten anhört, sich aber als größter Posten entpuppt. Fotoalben, Pflanzen, Accessoires, Bilder … Ich bin auf penible Weise gerecht gewesen, wenn mir etwas in die Hände fiel, das es nur in einer Ausführung im Haus gibt – Wärmflasche, Putzeimer, Cafetiere, Verlobungsring –, und überlasse das alles Rhys.
Caroline mustert das Gerümpel und schätzt, dass wir zweimal, höchstens dreimal fahren müssen. Wir beginnen, alles in den Kofferraum ihres Audis zu laden, und nachdem wir die Rücksitze umgeklappt und kräftig nachgeschoben haben, ist einiges verstaut.
»Eindeutig nur zwei Fahrten«, stellt Caroline fest, als ich die Haustür zuziehe, und spricht damit meine Gedanken aus – ohne den Teil über meine Angst, ein zweites und damit auch ein letztes Mal zurückzukommen.
Wir fahren los, und ich plaudere unbekümmert über die Wohnung, um mich von dem Chaos in meinem Inneren abzulenken. Caroline wirft mir von der Seite immer wieder besorgte Blicke zu, wenn sie sich für einen kurzen Moment nicht auf die Straße konzentrieren muss.
»Wir müssen das nicht machen, weißt du. Wenn du deine Meinung geändert hast …«, beginnt sie.
Ich beiße mir fest auf die Unterlippe und schüttle vehement den Kopf, um ihr zu bedeuten,
bitte, nicht
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