Wir nennen es Politik
versprechen, müssen dannauch die Belastungen, die wir dadurch tragen müssen, vertreten. Wenn wir mit höheren Steuern für diese Leistungen zahlen, dann können wir uns überlegen, wie diese gerecht verteilt werden sollen. Wenn wir stattdessen Schulden machen, dann leiht sich der Staat das Geld von denen, die welches haben, und in der Zukunft zahlen wir es ihnen mit Zinsen zurück. Von Staatsschulden profitieren also einige Leute, während andere die Kredite abzahlen müssen, auch wenn die Leistungen vielleicht noch vor ihrer Geburt erbracht wurden. Vielleicht kommen wir durch bessere Abgaberegeln einer gerechteren und ehrlichen Politik näher. Vor allem aber ist der Zusammenhang zwischen Geldausgaben und -einnahmen auch eine praktische Form der Transparenz, durch die wir auch das Verständnis von Menschen erhöhen, was politische Forderungen betrifft.
Menschen in der Politik
Abläufe und Mechanismen in der Politik können mehr oder weniger optimal gestaltet sein. Bei all dem dürfen wir aber nicht außer Acht lassen, dass Politik immer noch von Menschen gemacht wird. Und das bleibt auf absehbare Zeit auch so. Wenn wir aber darüber sprechen, wie das politische System fairer, durchlässiger, transparenter wird, verlieren wir oft aus dem Blick, dass es Menschen sind, die das System formen und mit ihrem politischen Handeln ausfüllen. Damit wir ein System ändern können, müssen sich also auch die Menschen ändern.
Nun ist es sehr schwer, Menschen generell zu ändern. Darum ist es keine Lösung, einfach zu sagen, wie Leute sein sollen. Trotzdem gab es im Laufe der Geschichte Veränderungen des gesellschaftlichen Umgangs miteinander. Die waren zurückzuführen auf technische, ökonomische und sonstige Umstände, aber auch auf Entwicklungen des gesellschaftlichen Diskurses, auf Veränderungen der Erziehungskultur und vieles mehr. Eine der Tatsachen, über die man immer wieder stolpert, wenn man in der Psychologie lernt, wie Menschen funktionieren, ist diese: Alles interagiert mit allem. Man glaubt, dass Gesellschaft so etwas wie Ursache und Wirkung hat. In Wirklichkeit ist sie nur ein großer, unsortierter Haufen von wirren, ineinandergreifenden Wechselwirkungen. Und das ist natürlich nicht schön, denn es lässt sich schwer auf einfache Thesen und Forderungen herunterbrechen. Aber eins ist klar: Will man die Gesellschaft verändern, muss man an diversen Punkten gleichzeitig ansetzen.
Aktive Politiker
Der offene Politiker
Ich hatte ja bereits erwähnt, dass es für mich eine wichtige Rolle spielte, dass ich nach meiner Wahl in den Parteivorstand keinen politischen Twitter-Account angelegt habe. Dabei wäre es naheliegend gewesen. Ich hätte einen Account, über den ich mich weiter mit Freunden austauschen könnte, über den ich meckern könnte und Fragen stellen wie: »Soll ich jetzt weiter arbeiten oder bei dem Wetter an den See fahren?« Dann bräuchte ich politisch interessierte Follower damit nicht zu behelligen. Die hingegen könnte ich mit heißen News aus der Partei versorgen, darüber das übliche Parteisprech absondern, hier ein Seitenhieb gegen die CDU, da eine Ankündigung. Es ist völlig normal, dass Menschen – insbesondere exponierte – mehrere Accounts haben. Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass hinter meiner Entscheidung eine total kluge Überlegung stand. Ich habe zu diesem Zeitpunkt einfach ganz grob unterschätzt, was mir Monate später an Aufmerksamkeit entgegenschlagen würde. Aber es hat doch zu etwas Gutem geführt.
So wenig, wie ich meine Tweets trennte, trennte ich auch meine Persönlichkeit in einen Politiker und eine …Person. Ich war einfach ich. Mit Politik und Kunst und Psychologie und Quatsch und Sauce. Es gab damit in meinem Leben keinen sterilen politischen Raum. Und das hielt mich davon ab, in Rollenmuster zu verfallen. Und das hätte schnell passieren können. Wenn man mal eine Woche in Berlin ist und mit verschiedenen Personen aus Abgeordnetenhaus und Talkshows und mit Kamerateams zu tun hatte, gewöhnt man sich zum Beispiel sehr leicht an, etwas vorsichtiger und korrekter zu reden. Manche scheinen im politischen Alltag ihre Authentizität und Natürlichkeit, den Ausdruck ihrer individuellen Persönlichkeit zu verlieren. Ich begann, weniger Alltagsschimpfwörter zu verwenden. Natürlich wird ein Politiker nicht dadurch authentischer, dass er hin und wieder »scheiße« sagt. Aber wenn er öffentlich nie so spricht, wie Menschen eben sprechen, ist das durchaus
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