Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wir sind bedient

Titel: Wir sind bedient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alena Schroeder
Vom Netzwerk:
das ist dann eben wichtiger als anständige Beratung.
    Heute hat kaum noch jemand Ahnung von Blumen,
manchmal greift man sich echt an den Kopf. Steht neulich eine junge Frau vor mir mit einer verblühten, mausetoten Sonnenblume in der Hand. Sie knallt mir den Topf auf den Tisch und fragt: »Was mach ich denn damit?« Sag ich: »Machen Sie einen goldenen Henkel dran, und schmeißen Sie alles zusammen weg!« Und sie: »Ne, Sie haben mich falsch verstanden, wie bekomme ich die über den Winter? Die war doch so teuer!« Da denke ich, hat die in der fünften Klasse nicht zugehört? Sonnenblumen sind einjährig, die können gar nicht überwintern. Früher war so was doch Allgemeinwissen.
    Rosen sind auch so ein Thema. Alle wollen immer knospige Rosen. Weil sie glauben, die gehen dann ja noch auf. Manche sind aber totaler Schrott, und ich muss den Leuten immer erzählen, dass eine aufgeblühte Rose keine verblühte Rose ist. Eine gute Freilandrose erkennt man am Duft. Gewächshausrosen duften ja kaum. Der Stängel ist auch nicht so blassgrün, sondern schön dunkel, manchmal sogar dunkelrot. Und er wird auch nie so gerade gewachsen sein wie bei Gewächshausware.
    Neulich habe ich richtig schöne Zinnien reinbekommen, von meinem Bauern selbst gepflückt. Da hatte eine Frau einen Strauß gekauft, und zwei Tage später bringt sie mir den wieder: »Ja, schauen Sie sich das mal an, das sieht ja furchtbar aus, so kann ich die mir nicht mehr ins Wohnzimmer stellen.« Ich sage: »Gute Frau, das ist Mehltau, das ist ganz normal, Zinnien sind dafür prädestiniert. Halten Sie die Blumen unter fließendes Wasser, dann sind sie wieder schick.« Wollte sie aber nicht, sie
wollte ihr Geld zurück, weil ja jeder sehen könnte, dass die Blumen hin sind. Hat sie auch bekommen, ihr Geld. Zinnien sind was ganz Besonderes, und wer das nicht zu schätzen weiß, der bekommt eben auch keine. Da standen schon Kunden hinter ihr in der Schlange, die die Blumen haben wollten. Ich lass mir doch von jemandem, der keine Ahnung hat, nicht erzählen, meine Blumen wären schlecht. Auch wenn für mich jeder Euro zählt, werfe ich ganz bestimmt keine Perlen vor die Säue.
    Die Leute wissen nicht mehr, wann was blüht und wann was reif wird. Ich werde im Herbst immer nach Zweigen gefragt, dabei darf erst nach dem ersten Frost oder im zeitigen Frühjahr überhaupt geschnitten werden. Das weiß heute keiner mehr. Und die meisten fühlen sich geschulmeistert, wenn ich ihnen was erkläre, die wollen sich von der blöden kleinen Verkäuferin nichts sagen lassen.
    Klassisches Beispiel: der Ficus, der kleinblättrige Gummibaum, das Hätschelkind aller deutschen Haushalte, obwohl er dafür eigentlich gar nicht geeignet ist. Wird zwei Meter fünfzig groß und in einem Minitopf im Baumarkt verkauft. Der kann gar nicht lange durchhalten, weil er nämlich abgehackte Wurzeln hat. Aber da denken die Leute gar nicht drüber nach. Auch dass der Gummibaum nicht ohne Grund »Baum« heißt. Ein Baum ist bestrebt, eine Krone zu bilden, also schmeißt er unten die Blätter ab und schiebt oben immer kräftig nach. Eigentlich müsste er regelmäßig beschnitten werden, damit er unten nachtreibt, macht aber natürlich keiner.
Oma päppelt ihren Ficus schön, freut sich über die neuen Triebe oben und wundert sich, warum er unten Blätter verliert. So was erklärt einem im Baumarkt oder bei »Blume 2000« natürlich keiner, aber da ist es eben am billigsten.
    Das Schlimmste für einen deutschen Haushalt ist ja, wenn eine Pflanze im Herbst die Blätter verliert. »Hilfe, mein Ginkgo geht ein!« Dabei ist das völlig normal, dass der im Herbst die Blätter abwirft. Da steht halt dann von November bis März ein kahler Strunk, aber Geduld haben die Leute nicht.
    Viele von denen, die hier in der Stadt so tolle Dachterrassen haben, wollen auch immer, dass alles gleich schön aussieht und dann bitte auch von März bis November blüht. Die geben den Pflanzen nicht die Zeit, sich an eine Umgebung zu gewöhnen und zu wachsen, die wollen da gleich ausgewachsene Bäume hinhaben. Aber so ein altes Gewächs verpflanzt sich eben auch nicht so leicht und gewöhnt sich schlecht um. Pflanzen sind schließlich auch bloß Menschen.
    Was hab ich mir schon den Mund fusslig geredet: »Pflanzen Sie da oben keinen Bambus,

Weitere Kostenlose Bücher