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Wir sind bedient

Titel: Wir sind bedient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alena Schroeder
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Bambus verträgt keinen Wind!« - »Ach, Quatsch«, sagen dann alle, »Bambus wächst doch auch sonst überall.« Ne, wächst er eben nicht. Und dann wundern sie sich, wenn der nach zwei Jahren hin ist.
    Besonders beknackt finde ich Bougainvillea! Da kommen die Kunden nach den Ferien in den Laden und sagen: »Ach, war das schön in Marokko, haben Sie nicht
eine Bougainvillea für mich?« Aber die werden bei uns nichts, die sind nicht winterhart, drinnen vertreiben sie sich und verblühen dann. Genau wie der schöne Jasmin. Der wächst eben nicht bei uns, und das hat ja auch seinen Grund, also soll man sich so was auch nicht auf den Balkon stellen.
    Ich mag wild wuchernde Balkonbepflanzungen, und ich freue mich immer, wenn ich hier im Kiez mal so was entdecke. Die einheimischen Sachen sind ja auch viel robuster. Ich finde, man soll auch ruhig ein bisschen was ausprobieren. Neulich hatte ich einen Kunden, der zieht Mammutbäume auf seinem Balkon, ohne Quatsch! Er macht da eine Art Bonsaiziehung draus, warum auch nicht? Nur Geranien nebeneinander finde ich auch langweilig. Viele wollen natürlich so richtige Geranienwasserfälle am Balkon, so wie in Bayern und Österreich. Die müssen natürlich jedes Jahr neu gepflanzt werden. Da habe ich auch schon dran gedacht: In so ein bayerisches Kaff ziehen und nur Geranien verkaufen - da kann man bestimmt auch sein Geld mit machen.
    Â 
    Die Deutschen geben für Blumen und Pflanzen im Jahr rund 8,5 Milliarden Euro aus. Das entspricht einem Pro-Kopf-Verbrauch von knapp 105 Euro. Allein für Schnittblumen berappen die Deutschen jährlich drei Milliarden Euro. +++ Der Anteil aus deutscher Produktion liegt bei nur 19 %. Deutschland ist weltweit eines der größten Schnittblumenimportländer. +++ Wichtigstes Lieferland sind die Niederlande mit einem Anteil an den Schnittblumenimporten
von fast 85 %. +++ Die heutige Berufsbezeichnung »Florist« wurde 1967 offiziell in Deutschland eingeführt. +++ Arbeiter auf Blumenplantagen in Kenia verdienen weniger als einen Euro am Tag.

»Viele sind dem Job psychisch nicht gewachsen.«
    Carola, 44 Jahre, Callcenteragentin, muss sich für die Fehler anderer anschreien lassen und kann dennoch den Ärger der Anrufer gut verstehen.
    I ch arbeite in einem Callcenter, das hauptsächlich Telekom-Kunden betreut. Und ich muss ehrlich sagen: Ich verstehe den Ärger vieler Kunden sehr gut. Ich wundere mich manchmal fast, mit welcher Ruhe die Leute schon zum vierten Mal anrufen, weil ihr DSL auch nach Wochen noch nicht funktioniert, oder weil sie immer noch falsche Rechnungen bekommen. Oder weil es die Telekom einem wahnsinnig schwer macht, einen Anschluss zu kündigen, zum Beispiel wenn jemand stirbt. Oma ist tot, also schickt man der Telekom die Sterbeurkunde, aber der Anschluss läuft noch auf den längst verstorbenen Ehemann weiter. Auf Omas Sterbeurkunde steht zwar drauf: Frau Müller, Witwe von Herrn Müller. Trotzdem müssen die Angehörigen dann auch noch die Sterbeurkunde von Opa hinterherschicken, das ist doch eine Zumutung für die Leute.
    Wer solche Erlebnisse hat, der holt sich doch nie wieder
einen Anschluss von der Telekom. Und wer als Callcenteragent da gerne mal ein Auge zudrücken würde und sich nicht an die Vorschriften hält, der riskiert seinen Job.
    Die Telekom rühmt sich gern, besonders niedrige Beschwerdezahlen zu haben. Das liegt aber nur daran, dass die nur die schriftlichen Beschwerden zählen. Und bis jemand einen Brief aufsetzt, muss ja schon eine Menge passiert sein. Die normale Reaktion ist doch: Ich rufe da an und falte den Erstbesten zusammen, den ich an der Strippe habe. Und das sind nun mal wir, die Callcenteragenten.
    Das ist es, was diesen Job so anstrengend macht. Man ist nur ein kleines Teilchen in diesem riesigen Mosaik und hat selber oft gar nicht die Möglichkeiten, einen Prozess wirklich von Anfang bis Ende durchzuführen. Ständig muss man die Fehler und Entscheidungen anderer Leute ausbügeln und sich dafür anpöbeln lassen.
    Wenn jemand zum fünften Mal anruft, weil die Rechnungen immer noch an die falsche Adresse kommen, dann weiß ich genau: Da war einfach eine andere Agentin vorher nicht in der Lage, die Rechnungsadresse zu ändern. Das ist das Einfachste von der Welt, aber viele sagen dann: »Ja, hab ich gemacht, auf Wiederhören!« Und in Wahrheit ist gar nichts passiert. Das liegt

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