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Wir sind doch Schwestern

Wir sind doch Schwestern

Titel: Wir sind doch Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gesthuysen
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erwiderte Katty und wusste, dass sie ungerecht wurde, doch ihr Ärger über den Ausgang des Abends war stärker.
    »Ich bin deine Schwester, und ich habe mein Leben lang auf dich aufgepasst. Ich fürchte, dass einer von euch dreien dieses Drama nicht überstehen wird.«
    »Jetzt übertreibst du aber. Anna Maria wird sich schon beruhigen. Wenn sie erst schwanger ist, wird alles gut.«
    »Es ist zu spät dazu. Sie ist längst voller Gift. Es wird niemals gut, es sei denn, du verschwindest hier.«
    »Heinrich wird das Problem lösen. Er kriegt das wieder hin.« Katty war erschöpft.
    »Heinrich ist kalt wie ein Stein und dieser Frau gegenüber so unsensibel wie ein Klotz. Ich werde mit ihm reden und ihn bitten, dich gehen zu lassen.«
    Das war endgültig zu viel für Katty. »Das kannst du nicht machen! Du bist meine Schwester, du hast gesagt, dass du zu mir stehst. Bitte. Ich will hier nicht weg. Eher will ich sterben.«
    »Jetzt sei nicht so pathetisch. Andere Menschen haben schon weit größere Verluste verkraften müssen. Wir werden mit Heinrich reden und uns eine Lösung überlegen. So kann es jedenfalls nicht weitergehen.«
    Es dauerte nach diesem Gespräch lange, bis Katty einschlief. Sie erwachte erst am späten Vormittag. Als sie in die Küche kam, sah sie, dass sich dort fast alle Hofangestellten versammelt hatten und entsetzte Gesichter machten. Auch Gertrud war bereits auf und stand bei den anderen. Noch ehe Katty fragen konnte, hörte sie, was los war. Das, was nachts begonnen hatte, wurde anscheinend seit dem frühen Morgen fortgesetzt. Anna Maria schrie in einem fort. Manchmal konnten sie Schimpfworte wie »Großmaul« oder »Säufer« hören.
    »Wie lange geht das schon so?«, fragte Katty.
    »Ich weiß nicht. Ich bin vor einer Stunde gekommen und seitdem streiten die beiden. Und ich glaube, dass sie auch etwas an die Wand geschmissen hat«, erwiderte eine der Angestellten.
    »Hat jemand von euch mal angeklopft oder lauscht ihr etwa nur die ganze Zeit?«, fragte Katty wütend. Sie erntete Schweigen.
    »Ich geh jetzt da rein«, sagte sie entschlossen. »Und ihr geht an die Arbeit. Wenn Herr Hegmann rauskommt, wird er euch nicht vor der Tür sehen wollen.«
    »Ob das so schlau ist, wenn ausgerechnet du reingehst?«, Heinrichs Nichte Elise Koppers schaute sie frech an.
    Katty glaubte, sie hätte sich verhört. »Was willst du damit sagen?«
    »Na, ich meine nur, Tante Anna Maria kann einem schon leidtun.«
    »Was erlaubst du dir eigentlich, du Göre. Das sag ich deinem Onkel. Und nun haut ab!«, schimpfte Katty und schaute zu ihrer Schwester. Gertrud stand ein wenig abseits. Siehst du, sogar die Angestellten reden bereits über dich, sagte ihr Blick. Dann drehte Gertrud sich um und verließ schweigend das Haus. Katty war verunsichert. Plötzlich hörte sie, wie Glas zerschellte. Ohne weiter nachzudenken, stürmte sie ins Zimmer.
    »Was ist denn hier los?«, fragte sie, und sofort ging Anna Maria auf sie los und beschimpfte sie. Heinrichs Frau sah schrecklich aus. Ihre Augen waren rot und aufgequollen, sie traten so stark aus den Höhlen hervor, dass Katty einen Moment Sorge hatte, sie könnten platzen, wenn Anna Maria nicht aufhörte zu schreien. Heinrich lag angezogen auf dem Bett. Als Kattyhereingekommen war, hatte er das Kissen vom Kopf genommen und Katty fragte sich, ob er sich damit vor Wurfgeschossen hatte schützen wollen oder lediglich versucht hatte, die Lautstärke des Geschreis ein wenig abzumildern. Er sah mitleiderregend aus und wirkte traurig. Er schien in diesem Moment vollkommen unfähig, sich gegen seine Frau zu wehren.
    »Nun beruhigt euch bitte. Draußen steht der gesamte Hausstab. Wollt ihr denn, dass eure Auseinandersetzung bis ins Dorf getragen wird?«
    Das war offenbar Anna Marias Stichwort. Sie spuckte Katty beim Sprechen ins Gesicht, so aufgeregt war sie.
    »Es weiß sowieso das ganze Dorf, was hier nachts passiert, wenn ich nicht da bin!« Und zu Heinrich gewandt rief sie: »Deine eigene Nichte, hat mich gewarnt. Ich solle nicht mehr aus dem Haus gehen. Dann würde nämlich Katty bei dir schlafen!«
    Anna Maria war nicht mehr zu stoppen. Mit Engelszungen versuchten sowohl Katty als auch Heinrich, auf sie einzureden. Vergeblich. Dann startete Anna Maria einen letzten Versuch, ihre Position an der Seite ihres Ehemanns zu behaupten:
    »Dieses schamlose Weib muss verschwinden, Heinrich, sonst gehe ich. Und dann soll die ganze Welt wissen, wie es hier zugeht.« Katty hielt den Atem an.

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