Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir sind Heldinnen: Aus dem unglaublichen Leben der Alleinerziehenden (German Edition)

Wir sind Heldinnen: Aus dem unglaublichen Leben der Alleinerziehenden (German Edition)

Titel: Wir sind Heldinnen: Aus dem unglaublichen Leben der Alleinerziehenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Herbold
Vom Netzwerk:
Terminabsagen (»Ach ja, habe ich ganz vergessen, heute wäre ja dein Tag gewesen, aber jetzt sind die Kinder schon bei diesem Kindergeburtstag eingeladen«), Urlaubsüberbuchungen (»Hattest du mir nicht gesagt, dass du mit den Kindern in der zweiten Ferienhälfte wegfahren wolltest? Nein? Dann habe ich das wohl missverstanden. Das ist jetzt natürlich blöd, gerade gestern habe ich unsere Türkeireise gebucht. Ja, ja, das ist definitiv, die ist schon bezahlt. Tja, tut mir Leid, dann musst du wohl auf die Herbstferien ausweichen«), unerwartete Krankheitsschübe (»Ja, ich weiß, dass du mit den Kindern am Wochenende zu deinen Eltern fahren wolltest, aber die haben beide so schlimmen Husten, das geht unmöglich. Der Kinderarzt hat auch gesagt, sie sollen unbedingt zu Hause bleiben und sich auskurieren«).
    Über die Jahre aber, langsam und unmerklich, ließen ihre Kraft und ihre Wut nach. Abends starrte sie nicht mehr stundenlang wie ein hypnotisiertes Kaninchen aufs Telefon, sondern döste friedlich auf ihrer kleinen Ausziehcouch, während ihr irgendeine Freundin ihren Kummer mit den »total ungerechten Lehrern« ihrer wahnsinnig auffassungsschnellen Kinder ins Ohr jammerte. Nachts lag sie nicht mehr grübelnd wach, sondern erfreute sich eines gesunden Schlafes, der nicht von männlichen Furzgeräuschen gestört wurde. Und tagsüber war es sowieso wie eh und je: Sie kümmerte sich um alles und er war nicht da.
    Auch die Kinder entwickelten sich prächtig. Jedenfalls waren sie genauso pampig und unverschämt wie früher, rührten zu Hause keinen Finger, wollten dafür aber ständig irgendwas gekauft haben und beschwerten sich ansonsten über die total unangemessenen Zeitlimits, mit denen Mama ihnen regelmäßig ihre Freitagabende vermieste.
    »Nur bis 10 Uhr? Mama, das ist so ungerecht. Alle in meiner Klasse dürfen bis 12 Uhr auf der Party bleiben.«
    »Was die anderen dürfen, interessiert mich nicht.«
    »Du bist so fies. Ich hasse dich.«
    Wie gesagt, ihre Kinder waren mittlerweile wohlgeratene Teenager, die nicht den Eindruck machten, als hätte die Trennung der Eltern ihr Selbstbewusstsein geschwächt oder ihre soziale Kompetenz ruiniert.
    Und auch Mama wurde von Jahr zu Jahr ein besserer Mensch. Nach drei Jahren konnte sie sogar wieder den Verkehrsfunk hören, ohne den gewaltsamen Tod des Ex-Lebensgefährten herbeizusehnen. Der Hass hatte offenbar wie eine seelische Tiefenreinigung gewirkt. Und übrigens auch wie eine Super-Wunder-Hollywood-Eier-Ananas- Brigitte -Frühlingsdiät, die sie im Handumdrehen 5 Kilo leichter gemacht hatte. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich rundum gut. Und dünn. Und ausgeglichen. Fast immer jedenfalls. Einzige Ausnahme: wenn der so langhaarige wie wortkarge Freund ihrer Tochter mal wieder heimlich in ihrer Wohnküche geraucht und die Zigarette dann auch noch respektlos in ihrem liebsten und ältesten Basilikumtöpfchen ausgedrückt hatte. Da konnte es dann schon mal zu einer lautstarken Ermahnung seitens der schlanken Basilikumtopfbesitzerin kommen.
    »Du kannst deinem kleinen Freund sagen, wenn ich ihn hier noch einmal mit seinen verdammten Kippen erwische, dann kann er was erleben.«
    »Mama, Oli ist fast 16, der kann rauchen, wo er will.«
    »Und ich kann aus meiner Wohnung werfen, wen ich will.«
    »Das kannst du nicht machen.«
    »Du wirst schon sehen, was ich alles kann.«
    »Du bist so fies. Ich hasse dich.«
    Ja, es war wirklich alles Friede, Freude, Eierkuchen. Selbst die Nachricht, dass Klaus und Karin, wie sie die Hundefrau mittlerweile gnädig nannte, nach etlichen künstlichen Befruchtungsversuchen demnächst die Zwillinge Karl-Friedrich und Konrad-Alexander erwarteten, verkraftete sie ohne einen einzigen Magenbitter. Sie rief sogar an, gratulierte und wünschte für die Zukunft alles Gute. Und es war fast ganz ehrlich gemeint.

Antwort auf Absage No. 89
    Sehr geehrter Herr Schulze,
    es freut mich sehr, dass Sie nach vier Monaten die Zeit gefunden haben, den Eingang meiner »unaufgefordert eingesandten« Bewerbung zu bestätigen, die Sie sogar »mit Interesse« gelesen haben, obwohl Sie mir dann doch »zu Ihrem großen Bedauern« mitteilen müssen, dass Sie in Ihrem Ministerium zur Zeit »keine vakanten Stellen« haben, die meinem »Qualifikationsprofil« entsprächen.
    Danke auch für Ihre »guten Wünsche« meinen »weiteren beruflichen Lebensweg« betreffend.
    Ich weiß, dass es nicht üblich ist, ein solch persönliches Feedback durch ein erneutes

Weitere Kostenlose Bücher