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Wir sind nur Menschen

Wir sind nur Menschen

Titel: Wir sind nur Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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leichtere Romane gegeben, in denen sie aber nur herumblätterte, ohne zu lesen. Die Besuche der Ärzte lasse sie mit unbewegter Miene über sich ergehen – auf Fragen drehe sie sich auf die Seite und schließe die Augen.
    Am Abend begab sich Dr. Paul Sacher in Angelas Wohnung. Der kleine Peter schlief schon, gut betreut von dem Mädchen. Es saß jetzt am Fenster und stopfte Strümpfe. Ein Korb mit Flickwäsche stand daneben auf dem Fußboden. Die junge Frau gab bereitwillig Auskunft, sie wiederholte aber nur das, was sie schon den anderen Ärzten gesagt hatte und was sie wußte: Dr. Bender war in der letzten Zeit jeden Abend außer Haus gewesen und erst gegen Morgen gekommen. Die letzten drei Tage vor der Erkrankung war sie ganz fort – nach Köln, wie sie gesagt hatte. Sie kam dann zurück, ging ins Schlafzimmer, wo sie ohnmächtig vor dem Bett umsank. Sie, die Haushälterin, habe Dr. Bender dann zu Bett gebracht und wollte gerade die Klinik anrufen, als ihr Professor Purrs Telefongespräch zuvorkam. Weiter sagte sie aus, daß Frau Doktor, bevor sie die Nächte über fortblieb, Wochen vorher bis zum Morgengrauen gelesen habe. Lauter medizinisches Zeug, wie sie meinte, von dem sie nichts verstünde …
    Paul Sacher bat um die Genehmigung, den Schreibtisch inspizieren zu dürfen. Er fand aber wenig, ein paar Notizen aus dem Klinikbetrieb, ein Buch über Kinderlähmung und Tuberkulose, einige Zeitschriften, ein Notizbuch, dessen Seiten leer waren, und ein im Papierkorb liegender Fetzen Schreibpapier, auf dem als Anschrift – sonst nichts – zu lesen war: An das Tropeninstitut in Hamburg. Der Bogen war anscheinend danach aus der Maschine gerissen worden.
    Tropeninstitut! Dr. Sacher steckte den Papierfetzen ein. Man konnte ja dort einmal anfragen, was Dr. Bender gewollt hatte …
    »Hat man Dr. Bender in den letzten Tagen mit irgendwelchen Leuten zusammen gesehen?« fragte er die Haushälterin. Sie schüttelte den Kopf.
    »Nein, Frau Doktor war nie in Begleitung. Einmal sah ich sie beim Einkaufen mit Fritz Benischek zusammen stehen, aber –«, sie lachte, »das hat ja wohl nichts zu sagen!«
    »Fritz Benischek? Wer ist der Herr?«
    »Herr!« Die Haushälterin kicherte. »Fritz ist der Labordiener vom Universitätslaboratorium. In Erlangen kennt ihn jeder. Er ist ein wenig komisch hier oben!« Sie tippte sich an die Stirn und lachte von neuem. »Frau Doktor kennt Fritze, so nennt ihn jeder, noch von ihrer Studienzeit her.«
    Paul Sacher sah sich noch einmal in Angelas Arbeitszimmer um. Er fand nichts, was einen Anhaltspunkt geben konnte, nichts, was das Rätsel lichtete. Etwas unwillig und unzufrieden mit dieser ersten Niederlage seiner Detektivtätigkeit verabschiedete er sich und fuhr in einem Taxi zur Klinik zurück. In der Nürnberger Straße stieg er aus und trank in einem altdeutsch eingerichteten Lokal zwei Schnäpse. Dann kaufte er noch eine halbe Flasche Cognac und ging durch die Straßen bis zu den Laboratorien der Universität. Dort schellte er an der Tür, wo neben einem Klingelknopf auf einem Schild der Name ›F. Benischek‹ stand.
    Es dauerte lange, bis die Tür geöffnet wurde. Das bei Fremden stets mürrische Gesicht des langen Mannes wurde noch länger, als der Besucher bat, ihn privat sprechen zu können.
    »Ick brauch keene Versicherung«, sagte er abweisend. »Wenn Sie von 'ner Staubsaugerfirma kommen, det rejelt alles det Verwaltungsamt von der Universität!« Er nahm die Türklinke wieder in die Hand. »Un im übrijen – ick hab jetzt Dienst. Sprechzeit für Benischek erst nach achtzehn Uhr!«
    Dr. Sacher nickte. Wirklich ein Original, dachte er. Wenn er tatsächlich etwas weiß, könnte man es ihm vielleicht mit einer halben Flasche Cognac herauslocken. Leute mit einem beengten Horizont reagieren frappant auf geistige Genüsse.
    »Ich weiß, lieber Herr Benischek«, meinte er jovial. »Ich komme auch nicht von der Versicherung oder einer Staubsaugerfirma – ich bin Arzt!«
    »Ich bin nicht krank.«
    »Ich bin ein Freund von Dr. Angela Bender.«
    »Wat Se nich sagen! Davon hat se mir aba nischt erzählt.«
    Benischek sah den Fremden komisch an.
    »Mein Name ist Dr. Paul Sacher; ich komme aus Köln.«
    »Nie jehört! Wat soll's denn sin? Fräulein Doktor wohnt in der Virchowstraße.« Sein Gesicht wurde noch abweisender. Was aus Köln kam, konnte nichts Gutes sein. In Köln, das wußte Benischek, lebte einmal der Mann, der Angela verlassen hatte.
    Sein primitiver Verstand ließ ihn sofort

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