Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will
Substanzabhängigkeit (zum Beispiel Alkohol und Rauschdrogen) oder Persönlichkeitsstörungen. Die Depression entsteht durch direkte Schädigung des Gehirns, durch Vergiftung mit Stoffwechselprodukten oder – leicht nachvollziehbar – als Reaktion auf eine lebensbedrohliche oder mit massiven persönlichen Einschränkungen verbundene Krankheit. Die Depression schränkt die Wahl- und Handlungsmöglichkeiten stark ein.
Auch bei körperlichen Erkrankungen kann es zur Depression kommen, die eine Selbsttötung in den Bereich des Möglichen rücken lässt. Quälende psychische oder physische Zustände, verbunden mit Hoffnungslosigkeit, lassen den Suizid mitunter als letzten Ausweg erscheinen. In extremen persönlichen Situationen werden dann natürliche Hemmschwellen in Bezug auf Suizidhandlungen überschritten. Die krankhafte Ursache des Perspektivenverlusts wird spätestens im Nachhinein deutlich, wenn die dem Selbsttötungswunsch zugrunde liegende Depression erfolgreich behandelt werden konnte. Das ist heute in den meisten Fällen möglich. In der Wissenschaft herrscht Einigkeit darüber, dass durch eine sachgemäße medizinische Behandlung nicht nur die Depression dauerhaft behoben, sondern auch die Neigung zum Suizid verringert werden kann.
Die empirische Sozialforschung befasst sich seit dem frühen 20. Jahrhundert mit der Analyse von sozialen Faktoren, die fördernd oder hemmend auf die Neigung zum Suizid einwirken können, wie etwa soziale Isolation oder längere Arbeitslosigkeit. Die Bedeutung des Suizids als Kulturphänomen hat einen erheblichen Einfluss auf seine Häufigkeit, wie wir spätestens seit der Rezeptionsgeschichte von Johann Wolfgang von Goethes (1749–1832) Briefroman Die Leiden des jungen Werthers von 1774 wissen. Durch Quellen belegt ist heute jedenfalls eine zweistellige Anzahl von Suiziden, die nachweislich in Zusammenhang mit dieser Buchpublikation standen (»Werther-Effekt«). 45 Zu den wirksamen Maßnahmen der Suizidprävention gehört eine klare Ablehnung der Selbsttötung durch die Gesellschaft, da eine neutrale oder gar wohlwollende Einstellung zum Suizid dessen Häufigkeit erhöht.
Deshalb sind die aktuellen ethischen wie rechtspolitischen Tendenzen so gefährlich, die durch eine rechtlich erleichterte Mitwirkung Dritter am Suizid die Selbsttötung fördern. Da dieser Zusammenhang offensichtlich ist, ist er auch gewollt. Erleichtert wird sowohl die Beteiligung von Sterbehilfeorganisationen am Suizid als auch die inzwischen in Deutschland diskutierte Suizidassistenz durch Ärzte. Damit folgt die Bundesrepublik einer Entwicklung vor allem der Beneluxstaaten, in denen die aktive Sterbehilfe inzwischen als übliche ärztliche Dienstleistung sowie als Anspruchsrecht gegenüber dem Gesundheitswesen behandelt und abgerechnet wird.
Die von der Niederländischen Vereinigung für ein freiwilliges Lebensende (NVVE) seit Anfang März 2012 eingesetzten mobilen Euthanasie-Teams, die Sterbewillige zu Hause aufsuchen und dort auf Verlangen töten oder beim Suizid begleiten, haben dort inzwischen erhebliche Kritik ausgelöst. Steigende Zahlen von Suizidbeihilfe sind nicht nur in den Niederlanden, sondern auch in der Schweiz zu verzeichnen. Schweizer Medienberichten zufolge ließen sich im Jahre 2011 beim Suizid allein 144 Männer und Frauen von der Suizidhilfeorganisation Dignitas in den Tod begleiten. Das entspricht einer Steigerung von 35 Prozent gegenüber dem Jahr 2010. Darunter sollen 139 Personen Ausländer gewesen sein, also mehr als 96 Prozent. Die Suizidbegleiter der Organisation Exit , die Ausländer beim Suizid nur in Ausnahmefällen begleiten sollen, haben nach diesen Angaben im Jahr 2011 die Selbstmorde von 305 Personen überwacht, was einer Steigerung von 15,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspräche.
Förderung der Suizidbeihilfe durch gelenkte Demoskopie
In Deutschland soll derweil durch gezielte demoskopische Umfragen der Boden für die Akzeptanz des assistierten Suizids bereitet werden. Will man einer am 10. September 2012 veröffentlichten Erhebung des Berliner Meinungsforschungsinstituts Forsa Glauben schenken, die von der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben zum Thema »(Ärztliche) Sterbebegleitung in Deutschland« in Auftrag gegeben wurde, so kann in der Bevölkerung, zumindest wenn man sie abstrakt befragt, von einem Wunsch nach dem Schutz des menschlichen Lebens kaum noch die Rede sein. Die stete mediale Werbung für den assistierten Suizid zeigt demnach Wirkung.
Weitere Kostenlose Bücher