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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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seinem zweiten Leben. Die Polster waren sehr bequem, und er beobachtete das Feuer. Draußen wurde irgendwo geschossen, aber sie hatten sich schon so daran gewöhnt, daß sie es kaum noch wahrnahmen.
    Ich muß sie aus Teheran hinausbringen, dachte er, aber wie? Solange ihre Familie hier ist, wird sie nie abreisen. Bachtiar müßte sich bald entschließen, die Revolte durch das Militär niederschlagen zu lassen, sonst ist er erledigt. Doch wenn er es tut, kommt es zu einem Blutbad, denn wenn es um den Islam geht, werden die Iraner gewalttätig.
    Ja, der Islam. Ich habe dem alten Mann versprochen, daß ich mich mit dieser Religion befassen werde, daß ich sie ohne jedes Vorurteil studieren werde. Und?
    Jetzt ist nicht der richtige Augenblick, um darüber nachzudenken. Du mußt praktische Entscheidungen treffen. Scharazad befindet sich in Gefahr. Tschador oder nicht, sie wird sich letztlich für ihn einsetzen, denn sie hat das Recht – es handelt sich schließlich um ihre Heimat.
    Ja, aber sie ist meine Frau, und ich werde ihr befehlen, sich herauszuhalten. Sie könnte in das Haus ihres Vaters am Kaspischen Meer in der Nähe von Bandar-e Pahlavi ziehen. Vielleicht kann ihre Familie sie dorthin bringen – das Klima ist dort besser, es ist nicht so verdammt kalt wie hier, obwohl unsere Wohnung warm ist und wir dank des Alten und der Familie immer Heizöl und Brennholz sowie Lebensmittel im Kühlschrank haben.
    Ein leises Geräusch lenkte ihn ab. Scharazad stand im Türrahmen; sie trug den Tschador und einen leichten Schleier, den er noch nie an ihr gesehen hatte. Ihre Augen waren ihm noch nie so verführerisch erschienen. Sie trat näher und schlug den Tschador zurück. Darunter hatte sie nichts an, und er sog scharf die Luft ein.
    »Exzellenz, mein Mann, gefällt Ihnen der Tschador jetzt?«
    Er griff nach ihr, aber sie wich lachend zurück. »Angeblich tragen die Prostituierten in den Sommernächten ihren Tschador so.«
    »Scharazad.«
    »Nein.«
    Diesmal fing er sie mühelos ein. Ihr Duft, ihre schimmernde Haut, ihr weicher Körper. »Vielleicht, Herr«, meinte sie zwischen den Küssen neckend, »wird deine Sklavin den Tschador immer so tragen – auf der Straße, im Basar. Angeblich tun es viele Frauen.«
    »Nein. Die Vorstellung würde mich wahnsinnig machen.« Er wollte sie hochheben und ins Schlafzimmer tragen.
    Aber sie widersprach: »Nein, Liebster, bleiben wir hier!«
    »Aber die Dienerschaft …«, wandte er ein.
    Und sie flüsterte: »Vergiß sie, sie werden uns nicht stören, ich bitte dich, Liebster, vergiß alles und denke nur daran, daß dies dein Haus, dein Heim ist, und daß ich ewig deine Sklavin bin.«
    Sie blieben. Wie immer war ihre Leidenschaft genauso groß wie die seine, und obwohl er nicht begriff, wieso es so war, konnte er nur mit ihr die Gefilde der Seligkeit erreichen, mit dieser Nymphe des Paradieses dort verweilen und dann ungefährdet auf die Erde zurückkehren.
    Als sie später beim Essen saßen, störte die Türklingel ihren Frieden. Der Diener Hassan sah nach, kehrte dann in das Eßzimmer zurück und schloß die Tür hinter sich: »Herr, es ist Seine Exzellenz General Valik. Er bittet um Verzeihung, weil er Sie so spät noch stört, aber es sei wichtig, und er fragt, ob Sie ihm ein paar Minuten gewähren würden.«
    Lochart wollte schon abschlägig antworten, aber Scharazad berührte ihn, und er beruhigte sich. »Empfange ihn, Liebster! Ich warte im Bett auf dich. Hassan, bring einen frischen Teller und wärme den Khoresch auf. Seine Exzellenz ist bestimmt hungrig.«
    Valik entschuldigte sich überschwenglich, weil er so spät kam, lehnte zweimal das Essen ab, ließ sich aber natürlich dann doch überreden und aß heißhungrig. Lochart wartete geduldig und hielt sich an die iranische Sitte, daß die Familie zuerst kam, daß es sich gehörte, nie mit der Tür ins Haus zu fallen und nie direkt zu sein. Auf Persisch ging das viel leichter als auf Englisch.
    Sobald er aber konnte, wechselte er zum Englischen. »Ich freue mich sehr, Sie zu sehen, General. Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich habe erst vor einer halben Stunde erfahren, daß Sie wieder in Teheran sind. Dieser Khoresch ist der beste, den ich seit Jahren gegessen habe. Es tut mir so leid, daß ich Sie zu so später Stunde stören muß.«
    »Das macht überhaupt nichts.« Lochart ließ die Stille wachsen. Der Ältere aß gelassen, dann wischte er sich den Mund ab. »Ich bewundere Scharazad – sie hat ihre Köchin gut

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