Wirrnis des Herzens
Genau wie du mich angelogen hast. Er denkt nicht einmal im Traum daran, dass du unfruchtbar sein könntest.«
»Er weiß es.«
Gérard gab ihr eine Ohrfeige. »Hast du angefangen, Frauen zu schlagen, Gérard?«
»Nur ein kleiner Klapps, Helen. Fang nicht an, mich als Untier hinzustellen. Nicht einmal wenn ich wütend war, habe ich dich angerührt.«
»Nein, du hast mich nur angerührt, um mich zu schwängern. Das war alles, und vielleicht ist das ja noch viel grausamer. Ich konnte dich bezüglich meiner Unfruchtbarkeit doch gar nicht anlügen. Ich wusste es ja selbst nicht.«
Gérard wollte nichts davon hören. »Wenn du es gewusst hättest, dann hättest du mich auch angelogen, da bin ich mir sicher.«
Das war wirklich bemerkenswert, dachte Helen. »Acht Jahre lang warst du weg, eine lange Zeit. Wo warst du, Gérard? Was hast du in dieser Zeit getan? Dein Vater glaubt, du bist tot. Ich habe ihm den Brief geschickt, aber er behauptete, das sei nicht deine Handschrift. Er befahl mir, ihn nicht weiter zu belästigen. Ich habe deinen Vater noch nie gemocht. Und mir scheint, er ist noch gemeiner geworden, als er es ohnehin schon war.«
Er schwieg, und so sprach Helen weiter. »Lord Beecham und seine Freunde sind zu ihm gegangen. Dein Vater hat geschworen, du seist tot, aber die Männer haben ihm nicht geglaubt. Sie vermuteten, dass dein Vater aus irgendeinem Grund verheimlichen wollte, dass du am Leben bist. Wieso, Gérard?«
»Mein Vater ist das Untier, nicht ich. Das Schiff ist in der Tat vor acht Jahren vor der Küste Frankreichs untergegangen. Und es stimmt auch, dass ich nicht schwimmen kann. Allerdings gelang es mir, mich an einen Balken zu binden. Mehr als vier Stunden später wurde ich dann an Land gespült. Ich habe überlebt. Und ich war da, wo ich schon immer sein wollte, wo ich sicher war.«
»Was redest du da? Du warst in Frankreich. Dieses Land ist unser Feind.«
»Nicht für mich.«
»Ich verstehe«, sagte Helen. »Jeder hielt dich für einen Helden. Ein Loblied, das dein Vater auch heute noch auf dich singt. Warum bist du zum Verräter geworden, Gérard? Nein, warte, ich verstehe, ein Verräter warst du schon, bevor das Schiff unterging.«
Gérard schlug sie erneut. Diesmal sagte Helen kein Wort. Langsam und unauffällig begann sie die Knoten an ihren Handgelenken zu lockern.
Gérard begann zu lachen. »Du hast dich verändert, Helen. Als ich dich zum ersten Mal traf, warst du gerade achtzehn Jahre alt. Du warst ein so eigenartiges, bezauberndes Mädchen, so voller Energie und Enthusiasmus, aber leider nicht fähig, einem Kind das Leben zu schenken. Alles, was ich von dir wollte, war ein Nachkomme. Du hast versagt, Helen. Du hast dich viel mehr verändert als ich. Aber ich kann noch nicht so recht einschätzen, was aus dir geworden ist. Seit drei Monaten beobachte ich dich jetzt. Ich habe gesehen, wie du dein eigenes Gasthaus führst und dass du immer noch um deinen verfluchten Vater herumscharwenzelst.
Und dann hast du dir einen Liebhaber genommen, obwohl du wusstest, dass ich noch am Leben bin. Du bist mir, deinem Ehemann, untreu geworden. Du hast willentlich und bewusst Ehebruch begangen, Helen.«
Helen blickte ihm direkt in die braunen Augen, für die sie ihn damals so sehr bewundert hatte. »Du kannst unmöglich wissen, ob Lord Beecham mein Liebhaber war oder nicht. Habe ich etwa nicht allein geschlafen, als du mich aus meinem Bett entführt hast?«
»Nun, das stimmt«, sagte Gérard. »Allerdings ist Lord Beecham für seinen unbegrenzten Charme bekannt. Warum hast du allein geschlafen? Zieht er es vor, nachdem er dich genommen hat, allein zu schlafen? Viele Männer tun das. Er muss dich genommen haben. Man sagt, er könne selbst Nonnen aus ihrer Tracht locken. Du hast dich ihm doch nicht verweigert? Es würde mir wirklich schwer fallen, das zu glauben, Helen.«
»Er liebt mich.«
»Nein, das glaube ich nicht. Ein Mann wie Lord Beecham empfindet Lust, mehr nicht. Mehr gibt es auch gar nicht. Für den Moment gefällst du ihm, und dann fängt er an, sich zu langweilen, und sucht sich die Nächste. Ja, ich könnte mich in aller Öffentlichkeit von dir scheiden lassen. Ich könnte deinen Namen ruinieren und den deines werten Herrn Vaters noch dazu, und jeder in London würde mir zustimmen.«
»Warum tust du es dann nicht, Gérard? Dann könnten die Leute endlich sehen, was für ein schöner Held du bist, ein Verräter. Ja, jetzt leuchtet mir alles ein. Schon damals hast du für den
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