Wo Dein Herz Zu Hause Ist
über eine Schüssel Salat zog.
«Es ist schließlich nicht mein Geheimnis.»
«Also
gibt
es ein Geheimnis!» Melissa nickte bedächtig wie Sherlock Holmes’ Assistent Watson.
«Dazu kann ich nichts sagen.»
«Natürlich kannst du», widersprach Susan. «Dasheißt, falls du noch jemals an einen Auftraggeber empfohlen werden willst.»
«Das ist unfair, Susan, und, nein, ich kann nicht. George weiß selber nicht, worum es geht. Am Montagabend gibt es ein Familienessen bei den Ryans, und dabei wird das große Geheimnis enthüllt.»
«Hat es etwas mit Harris Panikattacken zu tun?», fragte Melissa, der wieder ihr Gespräch mit George eingefallen war.
«Kann sein, kann aber auch nicht sein.»
Die beiden Frauen wechselten einen Blick und sahen dann wieder Aidan an. Das klang unheimlich dramatisch. Aidan liebte dramatische Szenen, und deshalb machte er es immer so spannend wie möglich. Es klingelte.
«Das ist Harri», flüsterte Susan.
«Sagt bloß nichts», ermahnte Aidan sie.
«Es gibt ja nichts zu sagen. Wir wissen schließlich überhaupt nichts», gab Melissa zurück.
«Das ist immer ein guter Grund, den Mund zu halten», bemerkte Aidan.
Es klingelte noch einmal. «Jetzt geh endlich an die Tür, Susan!»
Harri hatte geduscht und etwas Ordentliches angezogen.
Susan begrüßte sie herzlich. «Wie schön, dich zu sehen, Harri. Du hast abgenommen, du Miststück!» Sie lachte nervös.
«Danke.» Harri fühlte sich unbehaglich. Sie hatte die Einladung am liebsten absagen wollen, sich aber nicht getraut, weil sie fürchtete, ihre wohlmeinenden Freunde zu enttäuschen.
Melissa hielt ihr ein Glas Wein entgegen.
«Ich muss noch fahren.»
«Umso besser, dann bleibt mehr für mich übrig!» Melissa wirkte ein bisschen zu gut gelaunt, andererseits hatte sie ziemlich selten einen freien Abend.
Aidan hatte Harri vor dem missglückten Hochzeitsversuch zum letzten Mal gesehen. «Es tut mir wirklich leid, was passiert ist, Hars.»
«Danke. Was ist eigentlich mit George los?»
Aidan wurde ein bisschen blass, und den beiden anderen war eindeutig anzusehen, dass sie nicht wussten, was sie sagen sollten.
Sie wissen alle Bescheid! Nur ich nicht
, dachte Harri. «Also?»
«Keine Ahnung», sagte Aidan wenig überzeugend.
«Susan?»
«Woher soll ich denn wissen, was mit George ist?»
«Melissa?»
«Ich habe auch keine Ahnung», brachte sie stockend vor.
Harri nickte. «Gut. Ich hatte schon langsam geglaubt, dass ich verrückt werde. Und damit meine ich, richtig verrückt, aber das stimmt gar nicht, oder? Irgendwas läuft hier nämlich. Was ist los, Aidan?»
«Na gut. Du hast recht.» Er schien direkt erleichtert darüber, dass er die Wahrheit sagen konnte. «Eure Eltern werden euch am Montag irgendeine Mitteilung machen.»
«Was für eine Mitteilung?»
«Ich schwöre, ich habe keine Ahnung. Das wollten sie nicht sagen.»
«Du hast noch einen zweiten Versuch.»
«Es hat was mit dir zu tun.»
Harri stockte der Atem, und ihre Knie drohten nachzugeben.
Susan schob sie zu einem Stuhl. «Jetzt reg dich nicht auf, es wird schon nichts so Wichtiges sein.»
«Weiß George auch nicht, worum es geht?»
«Sie wollen es euch beiden gemeinsam sagen. Wenn er erfährt, dass ich überhaupt eine Andeutung gemacht habe, bringt er mich um. Er wollte dich nicht aufregen.»
«Ich sag ihm nichts davon, versprochen.»
Während des Essens war Harri schweigsam, und ihre Freunde ließen sie in Frieden.
Was kann es sein? Was kann es nur sein?
Aidan, Melissa und Susan hatten bald drei Flaschen Wein geleert und unterhielten sich gut. Harri überlegte, dass sie jetzt bald wieder nach Hause könnte, ohne unhöflich zu sein. Bevor sie sich verabschiedete, ging sie noch zur Toilette.
Als sie aus dem Bad kam, fiel sie fast über Beth.
«Beth! Du hast mich erschreckt!»
«Tut mir leid, Harri.»
«Schon gut, ich war auch gerade mit meinen Gedanken woanders.» Sie wollte weitergehen.
«Harri?»
«Ja?»
«Die Sache mit der Heiratskatastrophe tut mir wirklich leid für dich.»
Harri lachte leise. Beth war die Erste, die sich traute, die Sache beim Namen zu nennen. «Danke.»
«Harri?»
«Ja?»
«Könntest du kurz mit in mein Zimmer kommen? Ich möchte dich was fragen.»
«Oh. Klar.» Harri fühlte sich plötzlich ein bisschen unbehaglich.
Sie setzten sich aufs Bett. Das Zimmer war gemütlich und ordentlich. Beth hatte einen Schreibtisch, einen Computer, einen Fernseher und eine Stereoanlage, deren Lautsprecher an die Wand montiert
Weitere Kostenlose Bücher