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Wo der Elch begraben liegt

Wo der Elch begraben liegt

Titel: Wo der Elch begraben liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Hjulstroem
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sehr schön. Sie kauften ein Haus am Klarfluss, und dann kamen die Enkelkinder.«
    » Und Johan?«
    » Nein«, sagte Gunnel kurz angebunden, » er ist fort. Als Edvin starb, war ich ja ganz allein auf dem Hof und hoffte natürlich, dass Erik ihn übernehmen würde. Zunächst war er nicht so begeistert, doch dann verlor er seinen Job, und es wurde wieder aktuell. Das Krankenhaus in Eksjö sollte eine neue Pflegestation bekommen, wo Maria arbeiten könnte, und da die Kinder noch nicht mit der Schule begonnen hatten, entschieden sie sich dafür. Und als sie dann auf dem Weg hierher waren, ist es passiert.«
    Gunnel stand auf, begann den Tisch abzuräumen und schaltete die schon vorbereitete Kaffeemaschine ein.
    » Erzählen Sie von diesem Tag«, sagte Frida.
    Gunnel stellte zwei Kaffeetassen und ein Tablett mit Ballerina-Keksen auf den Tisch.
    » Es war am ersten Februar, am Nachmittag, gerade als es zu dämmern begann. Der große Umzugswagen mit den ganzen Möbeln war schon hier. Die Leute hatten bereits angefangen, die Sachen ins Haus zu tragen. Erik, Marie und die Jungen sollten mit dem Wagen und einer Schubkarre nachkommen, und ich hatte versprochen, mich um das Essen zu kümmern. Ich rief Erik auf dem Handy an, um nachzufragen, wie lange sie noch brauchten. Er sagte, dass es glatt sei und sie langsam fahren müssten, aber er glaubte, dass sie in einer halben Stunde ankommen dürften, also setzte ich die Kartoffeln auf und fing mit der Sauce an.«
    Gunnel stand auf und holte den Kaffee. Schweigend goss sie ihn ein und setzte sich dann wieder.
    » Aber es kam niemand. Ich versuchte wieder anzurufen, bekam jedoch keine Antwort. Ich wartete und wartete. Die Kartoffeln waren verkocht. Die Umzugsleute wurden langsam unruhig. Sie wollten natürlich wissen, wo alles hinsollte. Meine Sauce brannte an. Dann kam Eiwor Svantesson auf den Hof gelaufen und erzählte, dass unten an der Kurve ein Unfall passiert sei. Ich rief die Polizei an, aber sie wollten mir nichts sagen. Wir warteten noch eine Weile, doch schließlich zog mich Eiwor mit sich, und wir liefen dorthin. Gerade, als wir ankamen, trugen die Rettungssanitäter einen Mann aus dem Auto in den Krankenwagen. Ich sah sofort, dass es Erik war. Mein Erik. Er war voller Blut, und sein Körper war ganz schlaff. Marie war eingeklemmt, man musste sie herausschneiden. Einer der Jungen sah aus, als ob er schliefe, doch er atmete nicht mehr. Der andere Junge lebte noch, aber Blut rann ihm aus dem Mund. Ich habe seine Hand gehalten, bis er uns verließ. Sie war immer noch warm«, sagte Gunnel, schwieg dann, und es schien, als ob die Zeit ganz und gar stillstand.
    Frida beugte sich vor und legte behutsam eine Hand auf Gunnels Arm. Sie wusste nicht, ob es richtig oder falsch war, zu viel oder zu wenig, doch sie musste einfach zeigen, dass sie da war.
    » Das war der schlimmste Tag in meinem Leben. Der allerschlimmste. Danach konnte ich nie wieder einen Krankenwagen sehen, ohne das Gefühl zu haben, in einen Abgrund zu stürzen.«
    Gunnel verfiel in ein verhaltenes, stilles Weinen, das langsam aber sicher immer lauter und lauter wurde, und schließlich weinte sie geradezu herzzerreißend, während Frida neben ihr am Tisch saß. Gunnel weinte so hemmungslos, dass sie heftig zu zittern begann. Sie stieß gegen den Tisch, und der Kaffee schwappte über. Frida, die sich angesichts dieser großen, unbekannten Gefühle klein und unzulänglich fühlte, tat das Einzige, was ihr in diesem Moment einfiel– sie hielt die alte Dame ganz fest an sich gedrückt, damit sie all die unterdrückten Tränen, die Ängste, die Wut und die Trauer endlich herauslassen konnte. Nach einer langen, langen Weile versiegten die Tränen allmählich.
    » An diesem Tag habe ich aufgehört zu atmen, und wenn man nicht atmet, kann man nicht sprechen. Es gab nichts mehr zu sagen. Nichts. Alles war ohnehin vorbei.«
    » Wollen wir ein andermal weitermachen?«
    » Nein, ich kann das hier nicht noch einmal durchleben. Es muss jetzt sein. Fragen Sie«, sagte Gunnel und schnäuzte sich.
    » Weiß man, warum sie verunglückten?«
    » Die Kurve ist völlig fehlkonstruiert. Sie liegt auf einem Hügelkamm, und genau an der höchsten Stelle ist eine Ausfahrt. Es gibt zwar eine durchgezogene Linie, aber die nützt nichts, da die Leute drauf pfeifen und sie überfahren. So ist es wohl passiert. Erik sind vermutlich genau auf der Kuppe zwei Autos begegnet, die nebeneinanderfuhren. Die Straße ist nicht so breit. Wahrscheinlich

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