Wo der Elch begraben liegt
Sushibar, wo sie nochmals ihre Texte durchlas. So schlecht waren die gar nicht. Die Bruseryd-Kolumne war sicherlich extrem ehrlich, aber sie spiegelte auch die Wahrheit wider. Der Text über Gunnel war vielleicht übertrieben respektvoll, doch tatsächlich auch einfühlsam. Der Artikel über Dani wirkte möglicherweise etwas ahnungslos, war aber nett und völlig in Ordnung.
Als sie die Metalltreppen zur Schule hochstieg und auf ein paar Studenten traf, die gerade erst mit dem Studium begonnen hatten, kam sie sich plötzlich ganz routiniert und weltgewandt vor. Sie erinnerte sich an die Faszination, die die Klasse gegenüber Örjan Berg empfunden hatte. Betrachteten die neuen Studenten sie jetzt auf diese Weise? Wie jemanden, der wusste, wie die Wirklichkeit da draußen aussah?
Die Tür zu Janne Ahlséns Büro stand halb offen. Die Stundenplanfrau war bei ihm und wollte etwas über die Vorlesungen der kommenden Woche wissen. Während Janne das Gespräch über umgelegte Unterrichtsstunden beendete, winkte er Frida herein. Sie setzte sich auf den Besucherstuhl. Er wirkte müde. Die schwarzen Ringe unter den Augen hatte sie vorher noch nie gesehen, und jetzt schienen sich alle Gesichtszüge abwärts zu orientieren, auch wenn er versuchte zu lächeln. Wie üblich war er mit seinem blau-weiß karierten Hemd, dem dunkelblauen Lammwollpullover und der maulwurffarbenen Hose gut angezogen, doch sein Schreibtisch war unaufgeräumt, und Janne wirkte unkonzentriert.
» Sie müssen entschuldigen«, sagte er, als die Frau gegangen war, » es war ein anstrengender Tag. Aber herzlich willkommen. Wie ist es, wieder zurück zu sein?«
» Ungewohnt«, erwiderte Frida. » Als ob es schon lange her wäre.«
» Ich habe heute Morgen mit ihrem Praxisanleiter Åke gesprochen. Wie kommen Sie mit ihm zurecht?«
» Åke?«, fragte Frida verwundert. » Was soll ich sagen? Er hat ganz klar seine Seiten, aber… ich mag ihn.«
» Aha? Was denn für Seiten?«
» Ach, ich glaube, wir kommen ganz gut miteinander klar. Er ist ein tüchtiger Journalist und ein guter Pädagoge. Er redet so, dass die Leute ihm zuhören«, sagte Frida.
» Und wie läuft es sonst so?«
» Es geht. Ich komme kaum zu anderen Dingen, da ich mich ganz allein um Bruseryd kümmern muss.«
» Es war keineswegs geplant, dass Sie das ganz alleine machen. Das ist nicht die richtige Art von Erfahrung. Die Zusammenarbeit mit anderen ist einer der wichtigsten Aspekte im Praktikum. Dazu kommen wir noch. Aber wie ich Sie verstanden habe, war es in anderer Hinsicht nicht ganz leicht…?«
Frida erzählte noch einmal die gesamte Geschichte. Sie zeigte Janne die besagte Seite, und sie diskutierten und überlegten, was sie hätte anders machen können und was schiefgelaufen war. Sie waren sich einig, dass Frida ein Paar zu große Schuhe angezogen hatte, dass es aber auch die Verantwortung der Zeitung war, die richtigen Artikel zu veröffentlichen. Dass sie versuchte, den Platz einer anderen auszufüllen, war eigentlich nur positiv, wenn auch, was ihre Popularität anbetraf, nicht ganz so geschickt. Es wurde deutlich, dass man vorher überlegen musste, welche Konsequenzen ein Text nach sich ziehen und wie er von der Öffentlichkeit aufgenommen würde. Es war gut, alles ein wenig zu ordnen. Ein Teil der Schuld schien tatsächlich von ihren Schultern abzufallen. Schließlich zog Janne eine Mappe aus dem Durcheinander des Schreibtischs hervor.
» Ich habe eine kleine Überraschung für Sie.«
» Ach ja?«, sagte Frida erstaunt.
» Ich weiß, dass Sie mit Ihrem Platz sehr unzufrieden waren. Sie haben es probiert, es war ziemlich anstrengend, aber jetzt ist es mir tatsächlich gelungen, einen anderen Platz für Sie zu finden! Sie hatten gesagt, sie wären mit jedem erdenklichen Platz in einer Pressestelle zufrieden, und jetzt gibt es eine Stelle im Büro der Kommunalverwaltung von Alingsås. Sie können also hin- und herpendeln und gleich am Montag anfangen!«
Janne lachte sie herzlich und zufrieden an, und sonnte sich in seiner Rolle als Wohltäter. Frida fuhr zusammen. Ein anderer Platz? In ihrem Innern schien es einen Kurzschluss zu geben. Was sollte sie davon halten? Alingsås? Was sollte sie in Alingsås machen?
» Freuen Sie sich nicht?«, fragte Janne leicht enttäuscht.
» Doch… klar freue ich mich«, erwiderte Frida zögernd. » Es kommt nur etwas unerwartet.«
» Ich dachte, Sie würden jubeln.«
» Doch… das tue ich ja auch, aber kann ich mir das vorher ein
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