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Wo der Tod begraben liegt (German Edition)

Wo der Tod begraben liegt (German Edition)

Titel: Wo der Tod begraben liegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Gohlke
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haben.“
    Erstmals drehte Ilona ihren Kopf zu ihrem Gesprächspartner, um mit einem leidenden Blick zu kokettieren. „Was hat er Ihnen denn angetan? Helfen Sie mir, meinen Mann besser zu kennen. Bitte!“
    Der Schulleiter musste schmunzeln. „Eine sehr geschickte Methode von Ihnen, mit einer moralischen Breitseite zu kommen, Frau Semmler. Eine Rhetorik, mit man sich schon in der römischen Republik zu helfen wusste.“
    „Es ist nicht verboten, einen Lateiner beeindrucken zu wollen“, schmunzelte Ilona so entspannt, wie es ihr im Augenblick möglich war. Sie platzte fast vor Neugier.
    Ilonas Äußerungen wirkten wie geplant einnehmend. Der Schulleiter verließ den Raum, um mit einem einfachen Klappstuhl und einem Ordner unter dem Arm wieder zurückzukommen. Nachdem er Ilona Wasser nachgeschenkt und sich im gebotenen Abstand gegenüber von ihr auf dem Stuhl platziert hatte, begann er zu erzählen. Der Ordner lag neben ihm auf dem Fußboden.
    Kennen gelernt hatte er Manfred bereits 1979, als der im Zuge seiner Diplomarbeit im Keller des humanistischen Gymnasiums Nachforschungen betrieb. „Ich war damals der jüngste Gymnasialdirektor Deutschlands und steckte mitten in den Vorbereitungen für einen Besuch des Kultusministers. Ich war angespannt und wollte ih ren Mann schnell loswerden und ging über sein bestimmtes Auftreten, um es freundlich zu formulieren, einfach hinweg.“
    Im Folgenden schilderte Peer Stung, wie ihn Manfred Ende der 1980er Jahre infolge seiner Bewerbung für die frei werdende Hausmeisterstelle aufsuchte. „Mit der Besetzung der Stelle hatte ich eigentlich nicht viel zu tun, aber eben auch nur eigentlich. Sehr wohl konnte ich über informelle Stränge da mitbestimmen, schließlich hat auch die Schulbehörde ein Interesse an einer belastbaren Zusammenarbeit von Schulleitung und organisatorischem Dienst. Und Herr Manfred Semmler wusste das.“
    Sodann berichtete Peer Stung von Manfreds Bitte, dass er sich für ihn einsetzen solle. Zur Eigenwerbung habe er auf seine handwerkliche Naturbegabung hingewiesen – hier zeigte Ilona mit hochgezogenen Augenbrauen ihr Erstaunen –, die Nützlichkeit seines akademischen Abschlusses für den Umgang mit den Oberschülern hervorgehoben und seine allgemeine Leidenschaft für das Gedeihen von Bildungsinstitutionen betont. „Ich sagte aber nur: ‚Tut mir leid, aber ich kann nichts für sie tun.‘ Dann drehte ich mich um und wünschte noch einen schönen guten Abend.“
    „Der sollte es dann aber nicht werden“, fügte der Schulleiter an. „Ihr Mann wollte mich daran hindern, einfach die Haustür zuzumachen und sagte: ‚Ihr Leben wird richtig blöd, wenn sie mir nicht helfen.‘ Irritiert drehte ich mich um. Auf der Stelle legte er mir dar, wie er mich zu erpressen gedenkt. Ich müsste mit geschickt arrangierten Gerüchten über pädophile Neigungen rechnen. Mein zurückgezogenes Leben als Alleinstehender würde in ein solches Bild bestens hineinpassen. Dann zeigte er mir ein Foto, das mich umhaute.“
    Peer Stung holte ein Bild aus dem Ordner und überreichte es Ilona. Die Szene war eindeutig. Peter Stung hatte einen vielleicht zwölfjährigen Jungen auf dem Schoß, der sich eng an ihn schmiegte.
    Ilona schaute abwechselnd zum Bild und zu Peer Stung, der unmittelbar wieder das Wort übernahm: „Sie wissen nicht, was Sie davon halten sollen, Frau Semmler? Ich sage es Ihnen. Das Bild war von Ihrem Mann mit erheblicher krimineller Energie arrangiert worden. 1989 war das. Er hatte herausgefunden, dass ich einmal im Monat ein Wochenende in Frankfurt bei einer Freundin verbringe. Und dass ich dann auch mal ausgehe. Und dabei geschah es, dass sich wie aus dem Nichts dieser Junge auf meinen Schoß setzte und mich umarmte. Ich konnte in dem Moment überhaupt nichts Böses denken, im Gegenteil, wie man an meinem Gesicht auf dem Foto sieht, bin ich der Sympathiebekundung des Jungen zuerst machtlos ausgeliefert. Ruckzuck muss dann, ohne dass ich es merken konnte, ein Foto geschossen worden sein. So macht man das.“
    Je länger Ilona auf das Foto schaute, desto perplexer wurde ihr Gesichtsausdruck. Irgendwann legte sie das Bild zur Seite und schaute auf den Boden. Sie schämte sich für ihren Mann.
     
    *
     
    Ilona wollte die Sache geklärt haben, auch wenn sie nicht wusste, was sie damit anzufangen gedachte. Sie hielt Peer Stung für einen integeren Mann, wollte sich bezüglich des Charakters von Peer Stung aber weder auf ihren noch auf irgendeinen einen

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