Wo die Hoffnung blüht - [Roman]: Wo die Hoffnung blueht
»Fürsprecherin der Unterdrückten und Gescheiterten. Es ist bewundernswert, Mitgefühl zu haben, Fifi, doch Sie müssen das Mitgefühl mit Realismus mäßigen.«
»Ich bin sehr realistisch«, entgegnete Fifi entrüstet.
Miss Diamond schüttelte den Kopf. »Nein, das sind Sie nicht, meine Liebe. Wenn Sie es gewesen wären, hätten Sie Dan nicht die Aufgabe überlassen, Ihnen eine Wohnung in London zu suchen, und Sie wären nicht hier gelandet. Ich habe Sie lachen hören, als Sie damals eingezogen sind. Sie fanden es romantisch, an einem so schäbigen Ort zu leben. Unrealistischer kann man ja wohl nicht sein.«
Fifi reckte das Kinn vor. »Ich konnte damals nicht herkommen und nach einer Wohnung suchen, und das hier war das Einzige, was Dan finden konnte und wir uns leisten konnten. Warum hätte ich es nicht meinem Mann überlassen sollen, eine Wohnung für uns zu suchen? Wollen Sie damit andeuten, dass etwas mit ihm nicht stimmt?«
»Ganz und gar nicht. Er ist ein anständiger und sehr liebenswerter Mann«, erklärte Miss Diamond schulterzuckend. »Aber er hat nicht dieselben Möglichkeiten gehabt wie Sie, Fifi. Wenn Sie sich damals auf die Suche nach einem Quartier gemacht hätten, hätten Sie diese Wohnung abgelehnt, nicht wahr?«
»Ja, wahrscheinlich«, pflichtete Fifi ihr bei. »Doch er wünschte sich sehnlichst, dass wir wieder zusammen sein konnten, also musste ich das Beste daraus machen. Und welche Entschuldigung haben Sie dafür, dass Sie hier gelandet sind? Ich will nicht unhöflich sein, aber für mich klingen Sie wie jemand, der im Glashaus sitzt und mit Steinen wirft!«
Die ältere Frau kniff die Augen zusammen. »Ich hatte gewiss nicht so viel Glück im Leben wie Sie«, erwiderte sie schneidend. »Ich brauchte dringend ein Dach überm Kopf, und ich musste meinen einzigen warmen Mantel verkaufen, nur um die Vorauszahlung für die Miete leisten zu können. Bevor ich eine Arbeit bekam, habe ich von Brot und Margarine gelebt, und ich hatte nicht einmal einen Schilling für das Gas. Aber eine solche Not können Sie sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen.«
Die Andeutung, sie sei ein verwöhntes, reiches Mädchen, das ohne einen Gedanken an weniger vom Glück begünstigte Menschen durchs Leben segelte, schmerzte Fifi. Aber sie war schon früher auf ähnliche Vorurteile gestoßen, und sie wusste, dass es nur eine einzige Möglichkeit gab, damit umzugehen: Sie musste das Gespräch fortsetzen und hoffen, ihre Anteilnahme und ihr Einfühlungsvermögen unter Beweis stellen zu können, indem sie Interesse an ihrem Gegenüber zeigte.
»Es ist schwer zu glauben, dass Sie jemals harte Zeiten durchgemacht haben. Ich meine, Sie haben eine gute Stellung, und ihre Kleidung ist immer makellos.« Sie hielt inne, denn sie wusste nicht recht, was sie sonst noch sagen sollte. »Und Sie sind eine echte Dame.«
»Ich bin zur Dame erzogen worden, das stimmt. Genau wie Sie, Fifi. Aber ich habe den Fehler gemacht, mich in den falschen Mann zu verlieben, und das hätte mich beinahe zerstört.«
Bei dieser Bemerkung flammte sofort Fifis angeborene Neugier auf. In vier Monaten war sie keinen Schritt weitergekommen bei dem Versuch, irgendetwas über diese Frau in Erfahrung zu bringen, und obwohl das heute gar nicht ihre Absicht gewesen war, würde sie sich eine solche Gelegenheit auf keinen Fall entgehen lassen. Sie setzte sich auf die oberste Treppenstufe. »Wollen Sie mir davon erzählen?«
Miss Diamond wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. »Das ist nichts, worüber ich gern rede oder auch nur nachdenke«, erwiderte sie entschieden. »Lassen wir es dabei bewenden, dass er ein absoluter Lump war.«
»Wirklich?« Fifi spitzte fasziniert die Ohren. »Erzählen Sie mir doch von ihm, Miss Diamond. Wenn Sie es nicht tun, werde ich den ganzen Tag darüber nachgrübeln.«
Die andere Frau blickte wieder auf, und ein schwaches Lächeln spielte um ihre Lippen. »Sie können manchmal ein solches Kind sein, Fifi«, rief sie. »Sie wollen alles wissen. Über mich, über die Dinge, die auf der anderen Straßenseite vorgefallen sind. Über alles und jeden. Meine Tante sagte immer: ›Die Neugier war der Katze Tod.‹«
»Aber es ist doch nicht schlimm, wenn man sich für andere Menschen interessiert, oder? Nicht, wenn es hilft, sie zu verstehen.«
»Mag sein. Ich nehme an, wir sind tatsächlich das Endergebnis dessen, was uns widerfahren ist«, bemerkte Miss Diamond nachdenklich. »Ich war früher einmal ein warmherziger,
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