Wo die Hoffnung blüht - [Roman]: Wo die Hoffnung blueht
antwortete Fifi gelassen. »Mein Verstand ist klar genug, um zu wissen, dass man euch beide verschaukelt. Könnt ihr nicht lesen? Der Mord an Angela Muckle stand in allen Zeitungen. Ich bin eine Zeugin, weil ich sie gefunden habe. Aber Sie brauchen mir nicht blind zu vertrauen, Sie können das Ganze überprüfen.«
»Hör mal, Süße«, meinte Del herablassend und trat näher an die Gitterstäbe heran. »Halt den Mund, wenn du weißt, was gut für dich ist.«
Es ließ sich unmöglich feststellen, ob er die Wahrheit kannte oder nicht, denn sein Gesicht verriet nichts von seinen Empfindungen. Doch an seiner gorillaähnlichen Haltung erkannte Fifi, dass er sie am liebsten geschlagen hätte; seine Hände waren zu Fäusten geballt, und in diesem Moment war sie dankbar für die Gitterstäbe zwischen ihnen.
»In Ordnung, aber sagen Sie nicht, Sie wären nicht gewarnt worden«, meinte sie schulterzuckend. »Ich hoffe nur, dass man Sie gut bezahlt, denn wenn Sie uns töten, werden Sie das Land verlassen müssen. Bei uns liegen die Dinge nämlich anders als bei John Bolton. Er war ein Schurke, für den sich niemand wirklich interessierte. Sämtliche Polizisten Englands werden sich auf Ihre Spur setzen, und sobald Ihre Freunde herausfinden, dass Sie sich mit Kinderschändern zusammengetan haben, werden Sie vollkommen allein dastehen.«
Del wandte sich ab und packte Martin am Arm. »Das reicht jetzt, wir gehen«, sagte er. »Verrücktes Frauenzimmer.«
Als sie die Scheunentür erreichten, blickte Martin noch einmal über seine Schulter. Sie konnte sein Gesicht nicht deutlich genug sehen, um zu erkennen, ob ihre Worte ihn beunruhigt hatten oder nicht, aber das leichte Zögern ließ sie immerhin ein wenig hoffen.
Das Licht erlosch, die Tür schloss sich mit einem dumpfen, metallischen Geräusch, dann hörte sie das Klirren der Kette, als das Vorhängeschloss zuschnappte. Einige Sekunden lang fiel das Licht der Autoscheinwerfer durch die Ritzen in der Tür, dann war der Wagen fort.
Sobald sie wieder von Dunkelheit umfangen wurde, löste sich ihre gespielte Tapferkeit in nichts auf. Sie setzte sich und schob sich durch den Käfig, um Yvette zu finden, während ihr die Tränen unkontrolliert über die Wangen liefen.
Dan hatte sie im »Rifleman« auf Männer wie Del und Martin hingewiesen und sie im Scherz als »Londons Nebenprodukte des Krieges« bezeichnet. Sie waren während des Krieges neun oder zehn Jahre alt gewesen und häufig nicht evakuiert worden. Aufgewachsen ohne Vater und häufig großgezogen von gleichgültigen Müttern, waren sie nur selten in die Schule gegangen und hatten ihre Zeit stattdessen damit verbracht, in Banden durch London zu streifen. Diese Banden wurden zum Ersatz für eine Familie, und zusammen mit ihren Freunden plünderten sie ausgebombte Geschäfte und Häuser oder brachen in Wohnungen ein, während deren Besitzer in den Bunkern Zuflucht suchten. Der einzige Verhaltenskodex dieser Jungen lautete: »Niemals jemanden verpfeifen und immer zu seinen Freunden stehen«.
Zwei Jahre beim Militär förderten diese Neigungen noch. Ohne Ausbildung oder Qualifikationen entschieden sie sich nach ihrer Entlassung eher für die Kriminalität als für körperliche Arbeit. Wie Dan bemerkt hatte, waren die Fünfziger eine Blütezeit für Ganoven. Die Intelligenten unter ihnen erwarben Land und bauten schäbige neue Siedlungen. Andere eröffneten Clubs und Pubs oder handelten mit schwer zu ergatternden Luxuswaren. Aber auf jeden Unternehmer kamen dutzende von Fußsoldaten, die sich als Schläger und Schuldeneintreiber verdingten. Die Männer an der Spitze machten sich die Hände nicht schmutzig.
Martin und Del waren offensichtlich zwei dieser Fußsoldaten, und Fifi wagte nicht zu hoffen, dass Martin ihr helfen würde. Wenn es hart auf hart kam, folgten Männer wie er immer dem Rudel.
Als Fifis Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten, konnte sie endlich die Umrisse der am Boden liegenden Yvette ausmachen und kroch zu ihr hinüber.
»Yvette!«, rief sie und schüttelte sie, aber die einzige Reaktion von Yvette war ein leises Schnarchen. Fifi wurde klar, dass sie die andere Frau auf die Matratze schieben musste, damit sie sich die Decke teilen konnten, denn Yvettes Haut fühlte sich kalt an, und bis zum Morgen würde sie vollkommen durchgefroren sein.
Sie fand die Matratze, schleifte sie durch den Käfig und rollte Yvette darauf. Dann legte sie sich neben sie und hüllte sie beide in die Decke.
»Fifi! Sind
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