Wo die Hoffnung blüht - [Roman]: Wo die Hoffnung blueht
etwas aus der Küche stehlen konnte, sie musste auch Acht geben, Molly nur ja nicht gegen sich aufzubringen.
In den ersten Jahren hatte Yvette ihr törichterweise ein wenig von dem erzählt, was ihr während des Krieges widerfahren war. Und eines war ihr vollkommen klar: Sollte sie Molly jemals in die Quere kommen, würde die andere Frau diese Dinge gegen sie benutzen, und das durfte sie einfach nicht riskieren.
Das war der Grund, warum sie es nicht wagte, zum Jugendamt zu gehen und Molly und Alfie wegen der Misshandlung ihrer Kinder anzuzeigen. Sie hatte nicht einmal den Mut aufgebracht, Dan zu warnen – dabei hatte sie Alfie sagen hören, dass er ihm seine Einmischung, was Angela betraf, heimzahlen würde.
Mit einem tiefen Seufzer streifte Yvette das Mieder des Kleides, an dem sie gerade arbeitete, über ihre Schneiderpuppe. Heute Abend war es zu heiß, um weiterzunähen; mit ihren verschwitzten Händen würde sie womöglich den Stoff beschmutzen. Sie würde einfach ihr Radio ein wenig lauter stellen und versuchen, die Geräusche von nebenan zu übertönen. Und wenn sie sich einen kleinen Brandy gönnte, war sie vielleicht eingeschlafen, bevor die Dinge drüben wirklich widerwärtig wurden.
Frank Ubley schloss sein Fenster, als die Musik aufheulte, griff nach einem Buch und ging in das Schlafzimmer im hinteren Teil des Hauses. Er brauchte Molly nur anzuschauen, um wütend zu werden, doch als er sie zu der Musik tanzen und trinken sah, während sie abwechselnd lachte und schrie, stieg echte Mordlust in ihm auf.
Das Schlafzimmer war noch genauso wie bei Junes Tod. Er hatte es nicht einmal übers Herz gebracht, ihre Kleider wegzugeben. Den Diwan hatten sie 1935 gekauft, am Tag vor der Krönung, und sie waren so glücklich gewesen, den alten Diwan loszuwerden, den sie von Junes Mutter geerbt hatten. Sie hatten sogar Scherze darüber gemacht, dass sie den ganzen Tag darauf verbringen würden.
June hatte sich bestens darauf verstanden, ihre Wohnung zu einem echten Heim zu machen. Mit einem Eimer Farbe und einigen Metern Stoff konnte sie jeden Raum, wie trostlos er auch sein mochte, in einen kleinen Palast verwandeln. Sie hatte diese Wohnung gefunden, während Frank auf seine Entlassung aus der Armee gewartet hatte. Er war für einen Tag auf Urlaub nach London gekommen, hatte nur einen einzigen Blick darauf geworfen und wäre am liebsten zur Tür hinausgerannt, geradeso, wie Fifi ihm ihre anfängliche Reaktion beschrieben hatte.
Aber June hatte darauf beharrt, es ihnen hübsch machen zu können, und als er drei Monate später endlich entlassen worden war, hatte sie ihren Plan in die Tat umgesetzt. Sie hatte alle Wände gestrichen oder tapeziert. Obwohl niemand sonst die notwendigen Materialien bekam, weder für Geld noch für gute Worte, war es ihr gelungen. Grün-weiß gestreifte Tapeten im Wohnzimmer, hellrosafarbene im Schlafzimmer, und die Küche war ganz in Gelb und Weiß gehalten. Aber sie verstand sich auch ansonsten darauf, alles behaglich und schön einzurichten. Neben seinem Sessel stand ein kleiner Tisch mit einer Lampe, davor ein Hocker für die Füße, und zehn Minuten, nachdem er nach Hause gekommen war, hatte immer das Essen auf dem Tisch gestanden.
Wenn sie nicht in jeder Hinsicht eine so perfekte Ehefrau gewesen wäre, hätte er ihr vielleicht seinen Fehltritt mit Molly eingestehen können. Aber er konnte sie nicht so verletzen; es hätte ihr das Herz gebrochen.
Wenn er an dem Wochenende, das er in Soho verbracht hatte, doch nur nicht behauptet hätte, für den Wachdienst im Lager eingeteilt zu sein! Aber all seine Kameraden hatten das Kriegsende feiern wollen, und er hatte sie begleitet. Er hatte sich nicht allzu viel dabei gedacht, mit der blonden Frau, die wie eine Hure redete, in einer abgelegenen Gasse Sex zu haben. Doch sobald er wieder nüchtern war, schämte er sich dafür. Aber die anderen Männer waren derselben Versuchung erlegen, Grund dafür war die Mischung aus Alkohol und der Freude über das Ende des Krieges gewesen.
Er war bereits seit drei Tagen wieder bei June, als er herausfand, dass die Blondine ebenfalls in der Dale Street wohnte, direkt gegenüber.
Als er auf dem Weg zum Laden die Straße hinunterging, trat die Frau aus ihrer Tür. Wider Erwarten erinnerte er sich noch an das Aussehen jener Frau. Aber was noch schlimmer war: Sie erkannte ihn ebenfalls.
Warum musste er von allen Frauen in London ausgerechnet die erwischen, die auf der anderen Straßenseite wohnte? Und
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