Wo die Wahrheit ruht
Mobiltelefon aus der Tasche zog. Sie hoffte, dass sie beim Polizeirevier von New Hope nicht bereits all ihre Glaubwürdigkeit verspielt hatte.
“Ich habe keinen Einbruch begangen.”
“Letzte Nacht schon. Die Beule an meinem Kopf ist der Beweis.”
“Tut mir leid, dass Sie eine Beule und eine Gehirnerschütterung abbekommen haben, aber ich bin nicht der Mann, der Ihnen diese Verletzungen zugefügt hat.”
Mit dem Finger auf der ersten Taste hielt sie inne. “Woher wissen Sie von meiner Gehirnerschütterung?”
“Mein Vater hat es mir erzählt.” Als sie ihn verständnislos anblickte, fügte er hinzu: “Ich bin Matt Baxter.”
Um ein Haar wäre ihr das Telefon aus der Hand geglitten.
Matt Baxter. Der FBI-Agent
.
“Gestatten Sie mir jetzt, die Hände wieder runterzunehmen?”, fragte er.
Sie ließ die Schaufel ins Blumenbeet fallen. “Ja. Aber sie sollten hier nicht so herumschleichen. Damit erwecken sie einen völlig falschen Eindruck.”
“Tut mir leid, dass ich Ihnen Angst eingejagt habe. Vielleicht können wir ja noch einmal von vorn anfangen?” Er schenkte ihr ein entwaffnendes Lächeln: “Hallo, ich bin Matt Baxter.”
Diesmal lächelte sie zurück und schüttelte ihm die Hand. “Grace McKenzie.”
“Ich weiß. Sie sind die neue Besitzerin der Hatfield Gallery.”
“Und Sie sind hier, um den Mord an Steven aufzuklären.”
“Das hätte ich Ihnen erklärt, wenn Sie mir die Chance dazu gegeben hätten.”
“Wonach haben Sie gesucht?”
Er lehnte sich gegen den Laternenmast. “Spuren sichern, die Stevens Mörder möglicherweise hinterlassen hat.”
“Die Polizei hat doch schon alles abgesucht und nichts gefunden.”
“Bei allem Respekt für unsere Polizeitruppe, die Beamten arbeiten nicht immer mit derselben Gründlichkeit wie jemand, der wie ich, ein brennendes Interesse daran hat, den Fall aufzuklären.”
“Heißt das, Sie haben etwas gefunden?”
“Hier draußen nicht.” Wieder schenkte er Grace sein charmantes Lächeln. Denise hatte dieses Lächeln nicht erwähnt, als sie ihn beschrieben hatte. “Ich hatte gehofft, Sie würden mir gestatten, mich drinnen einmal umzuschauen.”
Charmant
und
direkt. Eine gute Kombination. “Drinnen in der Galerie?”
“Ist das ein Problem für Sie?”
Sie überhörte die Frage. “Sarah Hatfield hat den ganzen Laden längst reinigen und desinfizieren lassen.”
“Das weiß ich.”
“Trotzdem möchten Sie sich umsehen?”
“Wenn Sie nichts dagegen haben.”
Wieso sollte sie etwas dagegen haben? Für ihren eigenen Vater hätte sie das Gleiche getan. Außerdem schien dieser Matt Baxter eigentlich ganz nett zu sein, nicht arrogant, wie erwartet, sondern im Gegenteil eher … bescheiden. Er sah noch dazu sehr gut aus – nicht, dass sie sich etwa leicht von einem attraktiven Äußeren beeindrucken ließe, aber sie war schließlich nicht aus Stein. Auch wenn Angie es nicht wahrhaben wollte, so besaß sie sehr wohl ein Auge für diese Dinge.
Schweigend gingen sie zur Vorderseite des Gebäudes. Grace schloss die Tür zur Galerie auf und trat beiseite, um ihn eintreten zu lassen. Als er an ihr vorbeiging, streifte ein Hauch seines Aftershaves ihre Nase – ein holzig-würziger Duft mit leichter Muskatnote. Lecker.
Grace hatte Fotos von Fred Baxter im Haus von Denise und Lucy gesehen. Matt sah genauso aus wie sein Vater, nur noch etwas attraktiver. Seine Augen besaßen eine dunkle, marineblaue Farbe. Mit den kurzen Bartstoppeln im Gesicht wirkte er männlich und sexy. Er trug eine schwarze Cordhose und eine schwarze Pilotenjacke aus Leder, darunter ein cremefarbenes Hemd, dessen obere Knöpfe offen standen.
“Ich habe gehört, der Einbrecher hat das Hinterzimmer auf den Kopf gestellt”, sagte er.
“Auf den Kopf gestellt ist übertrieben. Er hat ein paar Gemälde umgeworfen. Alles andere blieb unangetastet.”
“Dann müssen wir also davon ausgehen, dass er ein bestimmtes Gemälde gesucht hat?”
“Das ist auch meine Vermutung. Ich bin noch nicht dazu gekommen, eine komplette Inventurliste anzufertigen. Aber sobald ich mir einen Überblick verschafft habe, werde ich wissen, welches Gemälde fehlt. Falls überhaupt eines fehlt!”
Er deutete auf den Durchgang hinter dem Schreibtisch. “Geht es dort zum Hinterzimmer?”
“Ja.”
“Darf ich?”
“Bitte.” Sie ging voraus und knipste das Licht an.
An der Türschwelle blieb er stehen und warf erst einen raschen Blick durch den Raum, bevor er sich den Bildern näherte,
Weitere Kostenlose Bücher